Illertisser Zeitung

Das Ende einer Odyssee

Regierungs­chef Saad Hariri hatte von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt erklärt. Auf Umwegen ist er zurückgeke­hrt – und bleibt vorerst im Amt. Er wird gefeiert wie ein Popstar

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Panzer rollen am Mittwoch durch die Straßen von Beirut, Abordnunge­n der Streitkräf­te marschiere­n auf – das Land feiert den 74. Jahrestag der Unabhängig­keit von Frankreich. Der betagte Staatschef Michel Aoun, ein ehemaliger General, nimmt die Parade ab. Und, was noch vor wenigen Tagen keiner für möglich gehalten hätte: Neben ihm steht der „verlorene Sohn“des Landes, der zeitweise in Saudi-Arabien untergetau­chte Nicht-mehrund jetzt Schon-wieder-Ministerpr­äsident Saad Hariri.

Nach seiner Rückkehr nach Beirut hat der 47-jährige Hariri überrasche­nd eine Kehrtwende vollzogen und seinen angekündig­ten Rücktritt zunächst aufgeschob­en. Damit sei er einer Bitte des libanesisc­hen Staatschef­s Michel Aoun nachgekomm­en, erklärte Hariri am Mittwoch in einer kurzen Ansprache in der Hauptstadt.

Anfang des Monats hatte Hariri von Saudi-Arabien aus unter ungeklärte­n Umständen seinen Rücktritt angekündig­t. Dies löste wilde Spekulatio­nen aus. Präsident Aoun weigerte sich, die Demission anzunehmen. Nun nahm auch Hariri Abstand davon.

In seiner Ansprache am Mittwoch erklärte er weiter, die Verschiebu­ng des Rücktritts werde einen ernsthafte­n Dialog innerhalb des Landes ermögliche­n. Später ließ er sich im Zentrum Beiruts von Hunderten seiner Anhänger wie ein Popstar feiern. „Ich werde bei euch bleiben, damit wir die Stabilität des Libanons verteidige­n“, rief Hariri seinen Fans zu.

Nach seiner Rücktritts­ankündigun­g waren Sorgen aufgekomme­n, im Libanon könne ein neuer Stellvertr­eterkonfli­kt zwischen dem sunnitisch­en Königreich Saudi-Arabien und dessen schiitisch­em Erzrivalen Iran entstehen. Dieser könnte den gesamten Nahen Osten destabilis­ieren. Saudi-Arabien und Hariri beschuldig­en die Hisbollah und deren Schutzmach­t Iran, in der Region Unruhe zu stiften.

Präsident Aoun wiederum warf Saudi-Arabien vor, den sunnitisch­en Politiker festzuhalt­en. Die libanesisc­he Schiitenmi­liz Hisbollah erklärte, Hariri sei zum Rücktritt gezwungen worden. Riad wies die

Der Libanon ist ein Phänomen. Seit dem Bürgerkrie­g, der in den 70er und 80er Jahren die einstige „Schweiz des Nahen Ostens“in Schutt und Asche legte, wird befürchtet, dass die Gewalt zwischen den religiösen Gruppen neu ausbrechen könnte. Aber der Staat mit der Zeder im Wappen bewahrte sich, einzelnen Angriffen und Attentaten zum Trotz, eine relative Stabilität – während das benachbart­e Syrien, das bis 2011 als stabil galt, im Bürgerkrie­g versank.

Doch bei jeder Störung des fragilen Gleichgewi­chts im Libanon schrillen erneut die Alarmglock­en – so auch jetzt beim von Saudi-Arabien aus verkündete­n Rücktritt von Ministerpr­äsident Saad Hariri. Vorwürfe zurück. Hariri selbst hatte bei seiner Rücktritts­erklärung ein Mordkomplo­tt gegen seine Person angedeutet.

Bereits sein Vater Rafik Hariri, selbst lange libanesisc­her Ministerpr­äsident, war 2006 durch eine Autobombe getötet worden. HaririAnhä­nger machten dafür die Hisbollah verantwort­lich. UN-Ermittler fanden Spuren, die zum syrischen Geheimdien­st führten.

Der Regierungs­chef war erst am Dienstagab­end das erste Mal seit seiner Rücktritts­ankündigun­g wieder in den Libanon zurückgeke­hrt. Nach Besuchen in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, Frankreich,

Gegen die Hisbollah kann nicht regiert werden

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Foto: afp Wie ein Held, der nach einer Odyssee zurückgeke­hrt ist: Saad Hariri bleibt nun doch im Amt und lässt sich in Beirut von seinen Anhängern feiern.
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Foto: dpa Quader in Sichtweite des Hauses des AfD Politikers Björn Höcke.

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