Ein messerscharfer Typ
Daniel Diso aus Illertissen feiert sein 30. Jahr als Zauberer „Magic Leinad“. Am liebsten mag er große Illusionen. Warum er trotzdem noch gerne Kaninchen aus der Box zieht
Es ist ein Leben auf des Messers Schneide: Dutzende Male ist Sonja Diso aus Illertissen schon zerschnitten, durchbohrt und zersägt worden. Als Frau eines Zauberers müsse man das eben erdulden, sagt die 32-Jährige, die ihrem Mann Daniel alias „Magic Leinad“seit fast einer Dekade als Assistentin treu zur Seite steht. Der hat es seit 30 Jahren mit der Zauberei: Als Bub freute er sich im Alter von sieben Jahren über seinen ersten Zauberkasten, probierte aus, studierte ein, führte vor. Eine Leidenschaft war geweckt.
Seither sind viele Nummern hinzugekommen: Und manche haben es in sich. Stetig feilte Diso an seinem Können, übte auch Tänze und Akrobatik ein. Bei einer Reise nach Las Vegas konnte er die Shows von prominenten Vertretern seiner Zunft studieren. Das färbte ab: Heute zeigt Diso am liebsten aufwendige Illusionen mit großen Requisiten. Davon hat der Zauberer einige auf Lager – und auch darin: In einer Scheune im Osten der Vöhlinstadt stapelt sich allerhand Kurioses: Hier ein grüner Schrank in Sargform, dort ein mysteriöser Torbogen, dazwischen Kisten, Kästen und jede Menge Säbel, Messer und Speere. Das Arsenal lässt das Herz des Zauberers auch nach vielen Jahren noch höher schlagen – bei seinen Auftritten ist immer noch ein bisschen Aufregung dabei, sagt Daniel Diso. „Das Kribbeln gehört dazu.“
Wenn Arme aus seinem Rumpf zu ragen scheinen, flammende Spieße seine Assistentin angeblich durchbohren und Menschen wie von Zauberhand verschwinden (und wieder erscheinen) – dann fühlt sich „Magic Leinad“auf der Bühne so richtig wohl. Doch oft sieht die Magie
Auftritte bei Feiern und Messen
des 37-Jährigen ganz anders aus: Notgedrungen. Auftritte bei Geburtstagsfeiern, in Kindergärten oder auf Messen sind in der Überzahl. Dort ist meistens kein Platz für große Aufbauten. Zwei bis drei Shows absolvieren die Disos pro Woche, meistens vormittags oder abends. Denn hauptberuflich ist der Zauberer Werkzeugschleifer, er arbeitet im Schichtbetrieb. „Das trifft sich gar nicht schlecht“, sagt Sonja Diso. Die Auftritte ließen sich gut „außen herum“planen. Die Assistentin selbst kümmert sich voll und ganz um die Zaubershows, ihren Job in einem Kindertheater hat die gelernte Erzieherin dafür aufgegeben. Den Ausschlag gab eine Annonce von „Leinad“, der damals eine Assistentin suchte. Und fand. Die beiden verzauberten sich auch privat und standen seither gemeinsam auf vielen Bühnen in ganz Deutschland. „Ich will nichts anderes machen“, sagt Sonja Diso. Sie hegt die Hoffnung, dass ihr magiebewanderter Mann seine Passion irgendwann einmal ganz zum Beruf machen kann.
Wenn Zauberer nicht gerade Frauen zersägen, ziehen sie Kaninchen aus Zylindern: Was viele für ein Klischee halten, ist gar keines. Das sagt „Leinad“, der selbst gerne mit Tieren arbeitet. Die kämen gut an, vor allem bei Kindern, für die der Magier seine Vorführungen anpasst. Messer, Feuer und Guillotine bleiben dann im Lager. Dafür dürfen die Kaninchen mit. Und wie von Zauberhand erscheinen.
Wie das funktioniert ist ein Betriebsgeheimnis, so wie alle Magiertricks. Für jene gebe es einen großen Markt, sagt „Leinad“. Bis zu 1500 Euro koste die Requisite für eine größere Illusionsnummer – samt Idee. In Kollegenkreisen sei Spionage dennoch kein Thema, sagt Diso. Man mache sich kaum Konkurrenz und wisse ohnehin grundsätzlich, wie ein Trick funktioniert. Es komme eher auf die persönliche Umsetzung an. Und auch da tauschten sich die Zauberer aus. Und wenn mal ein Zuschauer hinter einen Trick kommt, sei das auch nicht so dramatisch: „Mei, das ist halt dann so“, sagt Sonja. Es gehe ja um die Show an sich. Und außerdem kämen ja immer wieder neue Showelemente hinzu. „Stehen bleiben darf man nicht“, sagt Leinad, der auch eigene Tricks entwickelt und demnächst etwas mit Fliegerei ausprobieren möchte.
Feiern werden die beiden das 30. Jubiläum nicht: Sie sind für Auftritte gebucht, so wie meistens. Da bleibe nicht viel Zeit für anderes. Aber das ist wohl gut so: Mit ihrem magischen Leben scheinen die beiden vollauf zufrieden. Auch wenn sie es mit Klingen, Bohrern und flammenden Speeren zu tun bekommen. Oder gerade deswegen. Bis auf kleinere Blessuren sei nie etwas passiert. Und die gehörten einfach dazu.
Zauberer tauschen sich aus