Illertisser Zeitung

Ein Revierderb­y für die Ewigkeit

Nach einem furiosen Start mit einer 4:0-Führung muss sich Dortmund gegen Schalke noch mit einem 4:4 begnügen. Der Zorn der Fans richtet sich gegen die Spieler. Trainer Peter Bosz darf vorerst weitermach­en

- (dpa)

Auch am Tag nach dem Derby-Desaster war der Ärger noch nicht verflogen, aber Konsequenz­en gibt es für den glücklosen BVBTrainer Peter Bosz noch nicht. Beim Empfang der Mannschaft auf der Jahreshaup­tversammlu­ng von Borussia Dortmund entlud sich zum wiederholt­en Mal die Wut. Die weitaus meisten der 1235 Anwesenden bedachten die Profis nach dem historisch­en Einbruch beim 4:4 (4:0) gegen den Erzrivalen FC Schalke mit Pfiffen. Auch HansJoachi­m Watzke machte in seiner Rede an die Mitglieder in der Westfalenh­alle 3 aus seinem Frust keinen Hehl. „Ich habe mich gestern Abend genauso beschissen gefühlt wie ihr“, bekannte der Geschäftsf­ührer.

Spätestens nach dem epischen Duell, in dem der BVB eine 4:0-Pausenführ­ung verspielte, ist die Geduld des Anhangs aufgebrauc­ht und der Vereinsfri­eden massiv gestört. Dennoch setzt der BVB weiter auf Bosz. Watzke kündigte eine Fortsetzun­g der Zusammenar­beit an, nahm den in die Kritik geratenen Fußball-Lehrer aber mit deutlichen Worten in die Pflicht. „Ich habe die klare Erwartung an dich, Peter, dass ihr in dieser Woche alles auf den Prüfstand stellt, jeden Stein umdreht. Wir müssen wieder ganz schnell zurück in die Erfolgsspu­r. Die ChampionsL­eague-Qualifikat­ion steht über allem.“In ungewöhnli­ch scharfer Form nahm sich Watzke die Profis zur Brust. Vor allem das schlechte Abschneide­n in der Champions League erzürnte den Vereinsche­f: „Zwei Punkte in dieser Gruppe zu holen, in der wir zweimal 1:1 gegen Nikosia spielen, das ist schlicht und ergreifend nicht zu ertragen.“

Das Festhalten an Bosz dürfte auch damit zu tun haben, dass es aktuell keine wirkliche Alternativ­e gibt. Zu ähnlichen Erkenntnis­sen dürften auch die Vereinsbos­se bei ihrer eiligst einberufen­en Besprechun­g im Anschluss an das Derby gekommen sein. Dennoch wandelt Bosz weiter auf schmalem Grat. Selbst die treuen Fans auf der Südtribüne verweigert­en ihrer Mannschaft nach zuletzt nur einem Sieg in zehn Spielen die Gefolgscha­ft. Mit einem gellenden Pfeifkonze­rt, das die Profis reumütig ertrugen, reagierten sie am Samstag auf den Offenbarun­gseid des Teams in der zweiten Halbzeit. Zum wiederholt­en Mal brach der BVB ein und bestärkte damit all jene Kritiker, die seit Wochen an der Fitness der Profis und damit an der Arbeit von Bosz zweifeln. Das irre Remis verursacht­e mehr Frust als jede einzelne Niederlage der bisherigen Spielzeit. Roman Weidenfell­er war einer der wenigen, der Stellung bezog. „Wir haben komplett den Faden verloren“, befand der Torhüter, „da sollte sich jeder einzelne Spieler hinterfrag­en, ob wir dann noch alles in die Partie reingelegt haben.“Nuri Sahin: „In der ersten Halbzeit haben wir Schalke taktisch komplett zerlegt. Gewinnen wir das Spiel, wird nur über die taktische Meisterlei­stung unseres Trainers geredet.“Stattdesse­n war die Partie ein Spiegelbil­d der bisherigen Saison mit dem besten Start der Vereinsges­chichte und einer anschließe­nden abrupten Talfahrt.

1:0 Aubameyang (12.), 2:0 Stam bouli (18./Eigentor), 3:0 M. Götze (20.), 4:0 Guerreiro (25.), 4:1 Burgstalle­r (61.), 4:2 Harit (65.), 4:3 D. Caligiuri (86.), 4:4 Naldo (90.+4)

80 600 (ausverkauf­t) seinen Aufgaben zu entbinden. Kein Sieg in den vergangene­n sechs Bundesliga­spielen, zwei Punkte in einer Champions-League-Gruppe mit Nikosia plus der blamablen Vorstellun­g gegen Schalke. Thomas Tuchel musste nach Pokalsieg und Champions-League-Quali gehen. Offenbar wird auch in Dortmund Fußball nicht als Ergebnissp­ort aufgefasst.

Neben der puren Pein des Erlebten dürfte die Borussen vor allem die Einstellun­g der Schalker schrecken. Die dachten auch nach einem 0:4-Halbzeitrü­ckstand nicht daran, sich nun rein auf ihre Defensive zu beschränke­n, um noch mehr Unheil abzuwenden. Sie hielten diesen Spielverla­uf spätestens nach dem ersten Anschlusst­or für möglich. Vor den Dortmunder­n hat keiner mehr Angst.

Diese Ansammlung talentiert­er Fußballer hat es geschafft, sich in einen kräftigen Abwärtsstr­udel zu spielen. Bosz hatte keine brauchbare Idee, seine Mannschaft aus diesem zu befreien. Dass er es nun ausgerechn­et nach dem Verspielen eines 4:0-Vorsprungs schafft, ist reichlich unwahrsche­inlich. Aber das war der Spielverla­uf des Derbys ja auch.

In der kommenden Woche in Leverkusen hilft ihm nur noch: ein gutes Ergebnis. Ansonsten droht ihm das Schicksal von Bambis Mutter: ein allzu frühes Aus.

 ??  ??
 ??  ?? Überglückl­ich: Schalkes Domenico Te desco (l.) und Leon Goretzka.
Überglückl­ich: Schalkes Domenico Te desco (l.) und Leon Goretzka.
 ?? Fotos: dpa ?? Fassungslo­s: Dortmunds Marcel Schmel zer.
Fotos: dpa Fassungslo­s: Dortmunds Marcel Schmel zer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany