Wie die Hundemafia auf Mitleid setzt
In der Region handeln vermehrt Osteuropäer illegal mit Welpen. Polizei und Veterinäre warnen aus mehreren Gründen davor, solche Tiere zu kaufen
Der Welpe schaut mit großen Augen nach oben und fiept leise. Es ist schwer, dieses kleine Tier nicht süß zu finden – und damit dem Drang zu widerstehen, es zu kaufen und zu retten. Darauf setzen skrupellose Hundehändler aus Osteuropa, die auch bei uns in der Region ihr Unwesen treiben.
Wenn die potenziellen Käufer die niedlichen Welpen erst einmal gesehen haben, bekommen sie Mitleid. Und selbst wenn sie wissen, dass ein Tier aus illegalem Handel stammt, wahrscheinlich zu jung ist und vielleicht krank, kommen sie nicht mehr weg von der Idee, das Tier da rauszuholen. Polizist Stefan Kränzle, Leiter der Diensthundeführer beim Operativen Ergänzungsdienst (OED) Neu-Ulm, fasst es zusammen: „Die Betrüger spielen mit den Gefühlen der Leute.“Und das erfolgreich. In Deutschland hat der illegale Hundehandel zugenommen, „es ist ein großes Problem“, bestätigt Susanne Gahr vom Veterinärdienst Neu-Ulm. 2017 wurden in der Region drei Fälle bearbeitet, bei denen es jeweils um mehrere Welpen ging. Bayernweit habe es in diesem Jahr 600 Fälle gegeben. In Expertenkreisen spricht man von der „Hundemafia“.
Und die hat das Geschäftsmodell mit den Welpen für sich entdeckt. Selbst wenn die osteuropäischen Händler erwischt werden, halten sich die Strafen in Grenzen. Die Tatbestände reichen von einer Ordnungswidrigkeit bis zum Betrug. „Die Täter wiegen ganz genau ab, ob es sich lohnt“, sagt der Polizist. Und er ist sich sicher: Die Dunkelziffer ist viel höher. Einer der Fälle in der Region spielte sich in Memmingen ab. Dort sollten Chihuahuas für je 650 Euro und Zwergspitze für rund 1000 Euro verkauft werden. Das kam einer Tierschützerin suspekt vor, die daraufhin die Polizei einschaltete.
Doch viele Leute handeln anders: Zur Taktik der „Hundemafia“tragen die herzzerreißenden Bilder der Welpen bei. Wie Kränzle erklärt, geht es den Händlern hauptsächlich um die Frage, wie sie die Tiere an die Leute bringen. Diese sind dann etwa auf Anzeigenportalen im Internet zu finden. Die Käufer werden mit süßen Bildern und niedrigen Preisen gelockt. Zum Teil merken die Leute, dass da etwas nicht stimmt – und nehmen die Tiere trotzdem aus Mitleid mit. Sie kaufen die Hunde aus dem Kofferraum auf irgendeiner Raststätte oder einem Parkplatz. Die Tierhändler wickeln die Verkäufe häufig so ab, um möglichst anonym zu bleiben, und haben oft auch passende Ausreden, von denen man sich nicht täuschen lassen mahnt Susanne Gahr. Sowohl Polizei als auch Veterinäramt warnen dringend davor, Tiere von unseriösen Händlern aus Osteuropa zu kaufen. Das Mitleid sei dort an der falschen Stelle: Denn je mehr Welpen die Betrüger loswerden, desto schlimmer werden die Zustände dort – für die Jungtiere und auch für die Hündinnen. Mittlerweile sei bekannt, dass etwa in osteuropäischen Ländern Hunde möglichst billig vermehrt werden, um sie gewinnbringend in Ländern wie Deutschland zu verkaufen. „Die Mütter sind psychisch und körperlich kaputt, weil sie mehrmals im Jahr Junge bekommen müssen“, sagt Polizist Kränzle. „Die Hunde aus Mitleid zu kaufen, ist genau der falsche Weg“, betont er und fordert – auch wenn’s schwerfällt: Finger weg von Welpen aus Osteuropa.
Generell sei es nicht verboten, Hunde aus dem Ausland zu kaufen – unter gewissen Bedingungen
Um die schwarzen Schafe zu entlarven, gebe es einige Tipps. Wie Kränzle sagt, ist schon der Anzeigentext oft voller Rechtschreibfehler. Es helfe auch, die Verkäufer anzurufen, denn „die sind oft schwierig am Telefon“. Zudem sage der oft zu billige Kaufpreis schon einiges aus, die Leute sollten sich vorher darüber informieren.
Die Tiere sind aus vielerlei Gründen noch nicht bereit, in ein neues Zuhause zu ziehen. Die Händler entziehen sie viel zu jung ihren Müttern, dadurch entwickelten sich oft psychische und körperliche Probleme, sagt Kränzle. Zudem seien die meisten Tiere noch nicht geimpft – was sie aber sein müssen, wenn sie aus dem Ausland kommen. Oft sind es also Hunde, die schon krank sind oder bei denen sich später Krankdürfe, heiten herausstellen. Für die Käufer kommt es häufig zu weiteren Folgekosten beim Tierarzt, wenn die Tiere nicht korrekt geimpft und entwurmt sind.
Der Veterinärdienst empfiehlt, nie spontan einen Hund zu kaufen. Sinnvoll sei es, mit einem Tierheim oder einem seriösen Züchter Kontakt aufzunehmen. Dieser werde keinen Hund verkaufen, ohne dass er eingehende Erkundigungen über den Käufer eingeholt hat, sagt Gahr. Außerdem wird er seine Hundezucht, die Tiermutter und die Umgebung, in der die Hunde aufgewachsen sind, vorführen. Gahr rät, lieber ein wenig mehr für einen gesunden Hund auszugeben, dem es gut geht. Und dadurch zugleich der „Hundemafia“die Grundlage zu entziehen: Menschen, die aus Mitleid Welpen kaufen und die Situation für andere schlimmer machen.