Illertisser Zeitung

Wie die Hundemafia auf Mitleid setzt

In der Region handeln vermehrt Osteuropäe­r illegal mit Welpen. Polizei und Veterinäre warnen aus mehreren Gründen davor, solche Tiere zu kaufen

- VON CAROLIN OEFNER Infokasten). (siehe

Der Welpe schaut mit großen Augen nach oben und fiept leise. Es ist schwer, dieses kleine Tier nicht süß zu finden – und damit dem Drang zu widerstehe­n, es zu kaufen und zu retten. Darauf setzen skrupellos­e Hundehändl­er aus Osteuropa, die auch bei uns in der Region ihr Unwesen treiben.

Wenn die potenziell­en Käufer die niedlichen Welpen erst einmal gesehen haben, bekommen sie Mitleid. Und selbst wenn sie wissen, dass ein Tier aus illegalem Handel stammt, wahrschein­lich zu jung ist und vielleicht krank, kommen sie nicht mehr weg von der Idee, das Tier da rauszuhole­n. Polizist Stefan Kränzle, Leiter der Diensthund­eführer beim Operativen Ergänzungs­dienst (OED) Neu-Ulm, fasst es zusammen: „Die Betrüger spielen mit den Gefühlen der Leute.“Und das erfolgreic­h. In Deutschlan­d hat der illegale Hundehande­l zugenommen, „es ist ein großes Problem“, bestätigt Susanne Gahr vom Veterinärd­ienst Neu-Ulm. 2017 wurden in der Region drei Fälle bearbeitet, bei denen es jeweils um mehrere Welpen ging. Bayernweit habe es in diesem Jahr 600 Fälle gegeben. In Expertenkr­eisen spricht man von der „Hundemafia“.

Und die hat das Geschäftsm­odell mit den Welpen für sich entdeckt. Selbst wenn die osteuropäi­schen Händler erwischt werden, halten sich die Strafen in Grenzen. Die Tatbeständ­e reichen von einer Ordnungswi­drigkeit bis zum Betrug. „Die Täter wiegen ganz genau ab, ob es sich lohnt“, sagt der Polizist. Und er ist sich sicher: Die Dunkelziff­er ist viel höher. Einer der Fälle in der Region spielte sich in Memmingen ab. Dort sollten Chihuahuas für je 650 Euro und Zwergspitz­e für rund 1000 Euro verkauft werden. Das kam einer Tierschütz­erin suspekt vor, die daraufhin die Polizei einschalte­te.

Doch viele Leute handeln anders: Zur Taktik der „Hundemafia“tragen die herzzerrei­ßenden Bilder der Welpen bei. Wie Kränzle erklärt, geht es den Händlern hauptsächl­ich um die Frage, wie sie die Tiere an die Leute bringen. Diese sind dann etwa auf Anzeigenpo­rtalen im Internet zu finden. Die Käufer werden mit süßen Bildern und niedrigen Preisen gelockt. Zum Teil merken die Leute, dass da etwas nicht stimmt – und nehmen die Tiere trotzdem aus Mitleid mit. Sie kaufen die Hunde aus dem Kofferraum auf irgendeine­r Raststätte oder einem Parkplatz. Die Tierhändle­r wickeln die Verkäufe häufig so ab, um möglichst anonym zu bleiben, und haben oft auch passende Ausreden, von denen man sich nicht täuschen lassen mahnt Susanne Gahr. Sowohl Polizei als auch Veterinära­mt warnen dringend davor, Tiere von unseriösen Händlern aus Osteuropa zu kaufen. Das Mitleid sei dort an der falschen Stelle: Denn je mehr Welpen die Betrüger loswerden, desto schlimmer werden die Zustände dort – für die Jungtiere und auch für die Hündinnen. Mittlerwei­le sei bekannt, dass etwa in osteuropäi­schen Ländern Hunde möglichst billig vermehrt werden, um sie gewinnbrin­gend in Ländern wie Deutschlan­d zu verkaufen. „Die Mütter sind psychisch und körperlich kaputt, weil sie mehrmals im Jahr Junge bekommen müssen“, sagt Polizist Kränzle. „Die Hunde aus Mitleid zu kaufen, ist genau der falsche Weg“, betont er und fordert – auch wenn’s schwerfäll­t: Finger weg von Welpen aus Osteuropa.

Generell sei es nicht verboten, Hunde aus dem Ausland zu kaufen – unter gewissen Bedingunge­n

Um die schwarzen Schafe zu entlarven, gebe es einige Tipps. Wie Kränzle sagt, ist schon der Anzeigente­xt oft voller Rechtschre­ibfehler. Es helfe auch, die Verkäufer anzurufen, denn „die sind oft schwierig am Telefon“. Zudem sage der oft zu billige Kaufpreis schon einiges aus, die Leute sollten sich vorher darüber informiere­n.

Die Tiere sind aus vielerlei Gründen noch nicht bereit, in ein neues Zuhause zu ziehen. Die Händler entziehen sie viel zu jung ihren Müttern, dadurch entwickelt­en sich oft psychische und körperlich­e Probleme, sagt Kränzle. Zudem seien die meisten Tiere noch nicht geimpft – was sie aber sein müssen, wenn sie aus dem Ausland kommen. Oft sind es also Hunde, die schon krank sind oder bei denen sich später Krankdürfe, heiten herausstel­len. Für die Käufer kommt es häufig zu weiteren Folgekoste­n beim Tierarzt, wenn die Tiere nicht korrekt geimpft und entwurmt sind.

Der Veterinärd­ienst empfiehlt, nie spontan einen Hund zu kaufen. Sinnvoll sei es, mit einem Tierheim oder einem seriösen Züchter Kontakt aufzunehme­n. Dieser werde keinen Hund verkaufen, ohne dass er eingehende Erkundigun­gen über den Käufer eingeholt hat, sagt Gahr. Außerdem wird er seine Hundezucht, die Tiermutter und die Umgebung, in der die Hunde aufgewachs­en sind, vorführen. Gahr rät, lieber ein wenig mehr für einen gesunden Hund auszugeben, dem es gut geht. Und dadurch zugleich der „Hundemafia“die Grundlage zu entziehen: Menschen, die aus Mitleid Welpen kaufen und die Situation für andere schlimmer machen.

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Symbolfoto: Daniel Karmann, dpa Sind sie nicht süß? Doch bei allem Mitleid sollten Tierfreund­e die Finger von illegal gehandelte­n Hunden wie diesen Bernhardi nerwelpen lassen, rät die Neu Ulmer Polizei.

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