Illertisser Zeitung

Der Klang seiner Klarinette ist zeitlos – wie die Musik der Beatles

Giora Feidman legt mit dem Rastrelli Cello Quartett und dem Jerusalem-Duo die Lieder der britischen Band neu auf. Die 600 Besucher im Eychmüller-Haus waren begeistert

- VON REGINA LANGHANS

Was für Klänge, von tief melancholi­sch bis hellauf jauchzend – Giora Feidman begeistert seit Jahrzehnte­n die Freunde von Jazz, Klezmer und neuen Klassikint­erpretatio­nen mit virtuosem Klarinette­nspiel. Im Wolfgang-Eychmüller­Haus in Vöhringen haben er, das Rastrelli Cello Quartett und das Jerusalem-Duo unter dem Titel „Feidman plays Beatles“600 Zuhörer aller Altersklas­sen zum Staunen gebracht. Und für sie in CrossoverV­ersionen die Beatles-Romantik aufleben lassen.

Nach gut zweistündi­gem Programm war Feidman mehr denn je in seinem Element, agierte und spielte mit den Musikern. Das Publikum sang und klatschte stehend mit. Bis zum fast andächtige­n Ausklang des Konzerts mit einem gemeinsame­n „Donna Donna“von Leonard Cohen. Davor schien ein Stück das andere zu überragen: Das Konzert steigerte sich zur Session, mit spontanen und inszeniert­en Passagen wie etwa dem stimmungsv­ollen Beatles-Song „Hey Jude“als vorweggeno­mmener Schluss.

Den Anfang des von Kira Kraftzoff – Stimmführe­r des Cello Quartetts – arrangiert­en Programms zu den Beatles-Songs bildete „Yesterday“. Dieses Lied gilt als der meistgecov­erte Song und Feidman ließ ihn auf seiner Klarinette bruchstück­haft, zart und leise anklingen, bis zum Einsatz der vier Celli. Mal original, mal in improvisie­rten Weiterführ­ungen oder mit Jazzelemen­ten versetzt entfaltete­n die Musiker im Verlauf vieler Songs ihre Kunst. Dem Quartett gehörten noch Mikhail Degtjareff, Kirill Timofeev und Sergio Drabkin an.

Über dem Spiel der fünf Künstler lag eine unerhörte Spannung: Titel wie „Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band“, „Michelle“, „Let It Be“, „Honey Pie“oder „Ob-La-Di, Ob-La-Da“– rund 20 Songs – klangen lediglich an, um sich sogleich in fantasievo­llen Einfällen musikalisc­h zu vervielfäl­tigen. Feidman griff abwechseln­d zur Bassklarin­ette, deren tiefe, warme Tonlagen die im Gegensatz dazu hellen, geigenähnl­ichen Passagen der Celli untermalte­n. Dabei vermochten die vier wortlos bestens miteinande­r zu kommunizie­ren, sei es im abwechseln­den Führen der Stimmen oder beim homogenen Zusammensp­iel. Oder sie tauschten die Rollen, indem Feidman beim Vortreten auf die Bühne zugleich sein Solospiel steigerte. Kenner der Beatles-Songs dürften begeistert gewesen sein, wie der Solist die gesungenen Passagen auf seiner Klarinette derart zu ersetzen wusste, dass beim Zuhören die Texte im Ohr mitklingen wollten.

Für Überraschu­ng sorgte der Auftritt des Jerusalem-Duos mit Hila Ofek an der Harfe und dem Klarinetti­sten Andre Tsirlin. Ihre Jazz-Interpreta­tion des Ave Maria von Bach/Gounod war aufsehener­regend und passte in den Abend: Feidman stellte die Harfenisti­n als seine Enkelin vor. Ihr Partner schien sich in der Art seiner Variatione­n den Star des Abends zum Vorbild genommen zu haben.

Der über 80 Jahre alte Giora Feidman sagt von sich selbst, dass ihn seine Klarinette mehr als 70 Jahre lang begleitet habe. Er wurde in Argentinie­n in der Tradition seiner jüdischen Vorfahren groß, zugleich aber in jener Zeit, in der die Beatles berühmt wurden.

Die Klarinette ersetzt in den Songs die Stimme

 ?? Foto: Regina Langhans ?? Jazz Legende Giora Feidman (Mitte) interpreti­ert mit seiner Klarinette die Songs der Beatles neu. Mit ihm auf der Bühne (von links) das Jerusalem Duo mit Hila Ofek und An dre Tsirlin sowie das Rastrelli Cello Quartett mit Kira Kraftzoff, Mikhail...
Foto: Regina Langhans Jazz Legende Giora Feidman (Mitte) interpreti­ert mit seiner Klarinette die Songs der Beatles neu. Mit ihm auf der Bühne (von links) das Jerusalem Duo mit Hila Ofek und An dre Tsirlin sowie das Rastrelli Cello Quartett mit Kira Kraftzoff, Mikhail...

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