Illertisser Zeitung

Raus aus dem schwarzen Loch

Das Ambulant Betreute Wohnen des Dominikus-Ringeisen-Werks hilft Menschen mit psychische­n Erkrankung­en, neuen Lebensmut zu schöpfen. Zwei Teilnehmer erzählen

- VON CLAUDIA BADER (siehe Info-Kasten).

Dirk versucht, die Gefühle in Worte zu fassen: „Es ist, als ob man unter einem schwarzen Tuch liegt. Man möchte nicht aufstehen, hat keinen Durst und keinen Hunger.“Nur ungern erinnert sich der 44-Jährige an seine depressive­n Phasen. Sie beeinträch­tigen sein Leben seit mehr als 20 Jahren. Drei stationäre Klinikaufe­nthalte liegen hinter ihm. Manchmal sei er nahe daran gewesen, sich das Leben zu nehmen, gesteht er. Seit er im Rahmen des Sozial-Raum-Projektes des Dominikus-Ringeisen-Werks im Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) in Babenhause­n lebt, sieht er wieder Lichtblick­e. „Ich fühle mich nicht alleingela­ssen und kann wieder Freude empfinden“, sagt er.

Genauso geht es Freddy. Wie Dirk will sie ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen. Die 22-Jährige ist in einem Kinderheim aufgewachs­en. In den zurücklieg­enden Jahren habe sie ebenfalls einige depressive Phasen durchlitte­n, in denen sie „ganz unten in einem schwarzen Loch“gesessen sei, erzählt die gebürtige Slowakin. Über ihre gesetzlich­e Betreuerin ist sie zum ABW gekommen. Derzeit absolviert die gelernte Floristin einen Integratio­nskurs. Nach dessen Abschluss möchte sie eventuell noch einen anderen Beruf erlernen, arbeiten und vor allem: wieder mit beiden Beinen im Leben stehen. Ihr Ziel ist es, ihre beiden kleinen Kinder, die derzeit in Pflegefami­lien untergebra­cht sind, irgendwann wieder selbst versorgen zu können.

Die dafür notwendige psychische Stabilität gewinnt sie durch die fachliche Begleitung der ABW-Mitarbeite­r. Hans Schrott, Leiter des Sozialraum­projektes in Babenhause­n, erklärt: „Wir bieten Menschen mit Behinderun­gen oder psychische­n Erkrankung­en die Möglichkei­t, zu zweit oder zu dritt selbststän­dig in Wohngemein­schaften zu leben und ganz normal am Leben teilzuhabe­n.“Saskia Kastello, Regionalle­iterin für ambulante und offene Hilfen im Landkreis Unterallgä­u ergänzt: „Mit dem Anmieten von mehreren Wohnungen im Fuggermark­t hat das Dominikus-Ringeisen-Werk im Raum der Verwaltung­sgemeinsch­aft Babenhause­n eine Lücke geschlosse­n.“Die in den Wohnungen lebenden Menschen sollen nach ihren Worten ein „selbstvers­tändlicher Teil der Ge- sellschaft“werden und sowohl in den Bereichen Wohnen, Schule und Arbeit als auch bei Freizeit und dem Erleben von Kultur eingebunde­n sein.

Seit Dirk selbststän­dig in Babenhause­n wohnt, hat er wieder Lebensmut geschöpft. Dazu tragen auch die Betreuer bei, die ihn viermal in der Woche besuchen und ihm bei der Bewältigun­g des Alltags zur Seite stehen. Sowohl bei täglichen Arbeiten im Haushalt wie Kochen und Putzen, beim Ausfüllen von Formularen oder Arztbesuch­en als auch bei Unternehmu­ngen fühlt er sich nicht mehr allein gelassen. „Wichtig für seine psychische Stabilität sind aber vor allem das Gespräch, das Zuhören und Verstehen“, sagt Schrott.

Seit Dirk in der Hausmeiste­rei der Babenhause­r Jugendbild­ungsstätte ein Praktikum absolviert hat, strebt der gelernte Trockenbau­monteur dort eine Anstellung als geringfügi­g Beschäftig­ter an. „Das wäre mein Traumjob“, schwärmt er. Da Dirk Tiere liebt, hilft er außerdem manchmal in einem Pferdestal­l mit.

Damit Dirk und Freddy sowie die anderen Menschen, die sich für das ABW entschiede­n haben, am Leben in Babenhause­n teilhaben können, haben Schrott und seine Mitarbeite­r sie zum Beispiel zum Besuch der örtlichen Kultur- und Kaufnacht sowie zu einer Aufführung der Theatergru­ppe Schmiere begleitet. Aber auch ein Ausflug ins Illertisse­r Freizeitba­d Nautilla hat den beiden großen Spaß gemacht, erzählen sie. Als nächste Aktivität wünscht sich Freddy einen Disco-Besuch.

Doch nicht nur Wohngemein­schaften widmet sich das SozialRaum-Projekt Babenhause­n: „Wir beraten und helfen auch Menschen, die in ihrer eigenen Wohnung leben und Unterstütz­ung benötigen“, sagt Schrott Die Inklusion solle gelebt werden – in allen Facetten des Lebens.

Sprechen, zuhören, verstehen – das hilft

Wer Interesse am Ambulant Betreuten Wohnen hat, kann sich bei Hans Schrott unter Telefon 08333/9234538, Handy 0174/7425693 oder per E Mail an hans.schrott@drw.de melden.

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Foto: Claudia Bader Das gemeinsame Kochen mit Hans Schrott (rechts) vermittelt Dirk und Freddy das Gefühl, nicht allein gelassen zu sein. Die junge Frau will nicht erkannt werden.
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Foto: Pöppel Ein schwerer Unfall hat sich am Samstag bei Erkheim ereignet.

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