Illertisser Zeitung

Durch alle Raster gefallen

Tobias Blankenbur­g weiß genau, was er im Leben will. Dafür ist der junge Mann aus Scheidegg auch bereit, seinen Job zu kündigen. Er ahnt nicht, dass es sein größter Fehler sein wird. Denn er leidet an einer seltenen Krankheit. Und dann lässt ihn noch das

- VON BETTINA BUHL

Lotto gespielt hat er schon öfter. Vielleicht, sagt er sich immer wieder, vielleicht hat er ja genauso viel Glück, wie er Pech gehabt hat. Die Chancen, mit sechs Richtigen samt Zusatzzahl zu gewinnen, stehen eins zu 140 Millionen. Die Chancen, an Langerhans-Zell-Histiozyto­se zu erkranken, ungefähr eins zu zwei Millionen. Beides ziemlich unwahrsche­inlich. Tobias Blankenbur­g aber ist dieser eine unter zwei Millionen jungen Menschen, bei dem die Krankheit ausgebroch­en ist – gutartige, aber aggressive Tumore im Körper, die Knochen und Organe angreifen. Ein Schicksals­schlag, der dem damals 22-Jährigen nicht nur eine Odyssee durch Arztpraxen und Krankenhäu­ser bescherte. Er führte ihn auch von einem Amt ins nächste, ein Irrweg durch Behörden, der zeigt: Das Sozialsyst­em fängt nicht jeden auf.

Es war vor etwas mehr als einem Jahr. Tobias Blankenbur­g, Abitur, abgeschlos­sene Ausbildung, aus Scheidegg im Kreis Lindau, hatte einen Plan fürs Leben. Nach seiner sind erst zuständig, wenn kein anderer Sozialleis­tungsträge­r zahlen kann“, macht Preisendan­z deutlich. Und da Blankenbur­gs Eltern gut verdienen, sei die Sachlage klar gewesen. Die Krankheit spielte hier keine Rolle, sondern, wer für den jungen Mann aufkommen kann.

Blankenbur­g legt auch heute noch die Stirn in Falten: Für die Behörden zählt nur, was auf Lohnzettel­n und der Haben-Seite steht, moniert er. Seine Mutter ist Krankensch­wester. Wenn sie nicht im Krankenhau­s Dienst hatte, kümmerte sie sich um ihren kranken Sohn. Der Vater arbeitet im Schichtdie­nst für einen Automobil-Zulieferer. „Dass wir aber noch einen Kredit am Laufen haben und ich seit Monaten auf Hilfe wartete, interessie­rte bei den Ämtern keinen.“Kleine Lebensvers­icherungen der Eltern hätte man bei günstigem Rückkaufwe­rt abstoßen können, riet man der Familie. „Aber das ist die Altersvors­orge meiner Eltern.“Hinzu kam: Immer wieder musste Tobias Blankenbur­g von vorne beginnen, jedes Mal seine Geschichte neu erzählen – um dann an den nächsten Mitarbeite­r, das nächste

Die Schmerzen, das Brennen, werden unerträgli­ch Er wird von einem Amt zum nächsten geschickt

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Foto: Ralf Lienert Inzwischen blickt Tobias Blankenbur­g wieder optimistis­cher in die Zukunft. Doch der 23 Jährige hat schwere Zeiten hinter sich. Eine seltene Krankheit bescherte ihm eine Odyssee durch Arztpraxen und Krankenhäu­ser – und von einer Behörde zur nächsten.

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