Einem alten Rezept auf der Spur
Die Mitglieder des Frauenbundes haben eine schwäbische Spezialität gebacken. Ein Besuch in der Küche
Der durch den Eingangsbereich des Christertshofer Pfarrhofs strömende Duft erinnert an Frischgebackenes oder Frittiertes, er lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Geht man der Nase nach durch den Flur, entdeckt man in einem kleinen Raum zwei Frauen zwischen dampfenden Fritteusen. Nacheinander nehmen Elisabeth Neuhäusler und Christa Menrad die auf Nudelbrettern liegenden kleinen Teigröllchen, legen sie ins heiße Fett und backen sie zu goldgelben Kartoffelwürsten. Tellerweise wird das knusprige, noch heiße Gebäck in den Frauenbundraum getragen und den wartenden Mitgliedern serviert. Je nach Geschmack lassen sich die Frauen dazu Sauerkraut oder Bayerisch Kraut schmecken. „Mmm, lecker!“, sagen die Frauen immer wieder.
Inmitten der gemütlichen Runde sitzt die 88-jährige Rosa Schmid. Sie hat den Kartoffel-Hefe-Teig eigenhändig zubereitet und geknetet. Das Rezept stamme von ihrer Mutter, verrät sie stolz. Dieser habe sie schon als Kind beim Kochen über die Schulter geschaut und mitgeholfen. „Kartoffelwürste waren eine billige Speise, weil man die Zutaten im Haus gehabt hat und nichts einkaufen musste“, erzählt sie. Als ihre Mutter einmal nicht zur geplanten Zeit von den Feldarbeiten zurückgekommen und der zuvor geknetete Teig schon viel zu lange „gegangen“war, habe sie selbst das Schweineschmalz in der Eisengusspfanne am Herd erhitzt. So habe sie die Kartoffelwürste heraus gebacken, erinnert sich die Seniorin: „Damals war ich erst zwölf Jahre alt und mir der vom heißen Fett drohenden Gefahr noch nicht bewusst gewesen. Aber weil die Kartoffelwürste pünktlich auf dem Tisch standen, wurde ich nicht geschimpft, sondern gelobt!“Ein Rezept für die Kartoffelwürste benötigt die mehrfache Uroma nicht. Als sie nun von ihrer Tochter Elisabeth Neuhäusler gefragt wurde, habe sie sich gerne bereit erklärt, den Teig für das Frauenbund-Essen zuzubereiten. Schmid hat aus drei Kilogramm Mehl, zwei Würfeln Hefe, vier Eiern sowie mit Wasser verdünnter Milch und Salz in einer Schüssel den Hefeteig geknetet. Er wurde mit den gekochten und durch die Presse gedrückten Kartoffeln vermischt und durchgeknetet. Nachdem sich das Teigvolumen genügend ausgedehnt hatte, waren Elisabeth Neuhäusler und Christa Menrad an der Reihe. Sie formten kleine Röllchen, die auf dem Holzbrett kurze Zeit abgedeckt „gehen“durften, ehe sie im Fett gebacken wurden.
Die Idee für das besondere Essen entstand beim Christertshofer Dorffest. Wie jedes Jahr sind die vom Frauenbund angebotenen „verzogenen Küchle“weggegangen wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Die Frage von Besuchern „Gibt es auch Kartoffelwürste?“hatte die Frauen auf den Plan gebracht. „Wir haben beschlossen, diese schwäbische Spezialität für unsere Mitglieder zuzubereiten“erinnert sich Menrad. „Nachdem sich das Jahr langsam dem Ende zuneigt, wollten wir unsere Aktion unbedingt noch durchführen, bevor die Zeit des Plätzchenbackens beginnt“, sagt Neuhäusler.