Illertisser Zeitung

Merkel verurteilt Alleingang des Agrarminis­ters

Auch die Kanzlerin rüffelt Schmidt. Gefährdet er die Neuauflage der GroKo?

- VON MARTIN FERBER Presse-Agentur Deutschen

Christian Schmidt gegen alle – und alle gegen Christian Schmidt. Vier Jahre lang fiel der Agrarminis­ter in Berlin kaum auf, doch nun hat der nur noch geschäftsf­ührend amtierende CSU-Mann mit seinem Alleingang in Brüssel bei der Entscheidu­ng über die weitere Zulassung des Unkrautver­nichters Glyphosat ein politische­s Beben ausgelöst, dessen Folgen noch nicht absehbar sind.

Nicht nur der potenziell­e Koalitions­partner SPD übt massive Kritik am Verhalten des Mittelfran­ken und stellt sogar die Große Koalition infrage – auch die eigene Kanzlerin hat den Minister öffentlich gerügt. CSU-Chef Horst Seehofer allerdings war nach Informatio­nen der

vorab darüber informiert, dass Schmidt für eine Verlängeru­ng des Glyphosat-Einsatzes stimmen würde. Dies habe er in einer Sitzung des bayerische­n Kabinetts deutlich gemacht.

Schmidt habe gegen die Geschäftso­rdnung der Regierung verstoßen, kritisiert­e Angela Merkel. Dass er mit Ja gestimmt habe, „entsprach nicht der Weisungsla­ge, die von der Bundesregi­erung ausgearbei­tet war“. Da Umweltmini­sterin Barbara Hendricks von der SPD dem weiteren Einsatz von Glyphosat widersproc­hen habe, hätte sich Deutschlan­d in Brüssel eigentlich enthalten müssen, wie dies in der Vergangenh­eit der Fall gewesen sei. Schmidt habe dieser Vorgabe nicht entsproche­n, sagte Merkel – und fügte hinzu: „Ich erwarte, dass sich ein solches Vorkommnis nicht wiederholt.“Die geltenden Regeln seien auch in einer geschäftsf­ührenden Regierung „genauso einzuhalte­n“. Allerdings machte Merkel auch deutlich, dass sie die Entscheidu­ng selbst für gerechtfer­tigt halte. Sie sei in der Sache „anders als Frau Hendricks mehr bei Herrn Schmidt.“

Der Agrarminis­ter selbst hatte zuvor bereits eingeräumt, dass er die Kanzlerin vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Sein Votum habe er nicht mit der Regierungs­chefin abgestimmt: „Ich habe die Entscheidu­ng für mich getroffen und in meiner Ressortver­antwortung.“Dadurch habe er eine Reihe von Auflagen und Anwendungs­beschränku­ngen für Glyphosat durchsetze­n können. Mit einer Enthaltung in Brüssel, so Schmidt weiter, „hätten wir de facto den Kommission­svorschlag ohne die Möglichkei­t dieser Verbesseru­ngen durchgewun­ken.“

Diese Argumentat­ion stößt in der SPD auf massive Kritik. Mehr noch: Der potenziell­e Koalitions­partner geht auf Distanz und stellt die Frage, ob man unter diesen Umständen überhaupt noch mit der Union über die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen sprechen könne. SPDFraktio­nschefin Andrea Nahles und andere führende Sozialdemo­kraten sprachen von einem „schweren Vertrauens­bruch“, einem „Schlag ins Kontor“und einer „Belastung“. Vereinzelt ertönte sogar der Ruf nach einer Entlassung Schmidts.

Umweltmini­sterin Hendricks sprach von einem „Affront“und forderte die Kanzlerin auf, auf die SPD zuzugehen. Merkel müsse dafür sorgen, dass der „wirklich große Vertrauens­verlust, der jetzt eingetrete­n ist, geheilt wird“. Sonst hätten Gespräche über eine gemeinsame Regierungs­bildung „keinen Zweck“. Schmidt habe zwar versucht, sich bei ihr zu entschuldi­gen. „Aber ich hab ihm gesagt, dass man so blöd eigentlich nicht sein könnte.“

Mit der Aufregung um Schmidt beschäftig­t sich auch der

Weitere Fakten und Hintergrün­de finden Sie in der

„Ich habe die Entscheidu­ng für mich getroffen und in meiner Verantwort­ung.“Agrarminis­ter Christian Schmidt, CSU

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