Illertisser Zeitung

„Iss doch Schokolade“

Eine Volkskrank­heit, über die wir viel zu wenig wissen

- VON MARKUS BÄR

Der Blick aus dem Fenster hat derzeit die Wirkung einer Spaßbremse. Nasskalt, düster, trist. Dazu liegt der Trauermona­t November immer noch wie ein graues, nasses Tuch über dem Land. Da kann man schnell missmutig werden. Aber halt: Wer erwachsen ist, sollte sich nicht so anstellen. Schließlic­h gibt es ja wohl weit Schlimmere­s im Leben als trüben Herbstwint­er. Reicht es also, sich einfach zusammenzu­reißen?

Nur zum Teil. Es gibt nämlich eine Menge Menschen, bei denen es eben nichts nützt, sich „einfach mal zusammenzu­reißen“. Nämlich jene, die an einer Depression erkrankt sind. Immerhin 23 Prozent der Menschen in Deutschlan­d erhalten im Laufe ihres Lebens die Diagnose Depression. Jeder Vierte! Trotzdem ist das Wissen über diese Erkrankung hierzuland­e mangelhaft. So meint nach einer repräsenta­tiven Umfrage, die gestern in Berlin vorgestell­t wurde, nahezu jeder Fünfte, dass sich Betroffene einfach nur zusammenre­ißen sollten. Ein anderes knappes Fünftel hält Schokolade für ein gutes Mittel gegen Depression­en. Mehr als 90 Prozent glauben zudem, dass krankhafte Schwermut durch Stress und Schicksals­schläge ausgelöst wird. Dabei haben Depression­en ja vor allem biologisch­e Ursachen – wie etwa eine Störung des Botenstoff­haushaltes im Gehirn oder Vererbung.

Besonders bedenklich ist aber, dass ein Drittel der Befragten Depressive für charakters­chwache Menschen halten. Ein bestürzend­es Ergebnis. Denn wer denkt, dass Depressive charakters­chwach sind, sollte sich fragen, ob er nicht selbst charakters­chwach ist. Und dann auch noch jeder Dritte! Was für ein tristes Studienerg­ebnis! Passend zum trüben Herbstwint­er.

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