Was Beschäftigte von Digitalisierung halten
Über ein Drittel fürchtet Jobvernichtung. Viele sehen auch positive Aspekte
Viele Arbeitnehmer in Deutschland sind auf das Thema Digitalisierung nicht gut zu sprechen. Wie der gestern vorgelegte BKK-Gesundheitsreport zeigt, fürchten 38 Prozent der Befragten, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze wegfallen – nur knapp halb so viele Beschäftigte sehen die Digitalisierung eher als Jobmotor. Allerdings zeigt die Umfrage der Krankenkasse auch, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer in der Frage unentschieden ist: 45 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich der Wegfall und der Zuwachs von Arbeitsplätzen durch die technische Entwicklung die Waage halten wird.
Während das Zukunftsprognosen sind, spüren viele Arbeitnehmer die Folgen der Digitalisierung für ihren Arbeitsalltag schon jetzt: Mehr als zwei Fünftel der Befragten gaben an, dass sie Aufgaben schneller sowie mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigten. Mehr als jeder Fünfte sagte, dass er sich dadurch überlastet oder ausgebrannt fühle. Und die Studie zeigt auch, dass 29 Prozent der Beschäftigten Arbeit in ihrer Freizeit erledigen. Zehn Prozent der Befragten gaben aber auch an, dass sie sich dank der Digitalisierung weniger belastet fühlten. Und auch in diesem Fall ist die Mehrheit unentschieden. Der Großteil der Teilnehmer sagte, dass sie sich weder mehr noch weniger gesundheitlich beeinträchtigt fühlten.
Weil die Befragung auch zeigte, dass sich nach wie vor mehr Menschen wegen psychischer Leiden krankmelden, zog die BKK den Schluss, dass dies im Zusammenhang mit der Verdichtung der Arbeit und der rasanten Digitalisierung der Arbeitswelt stehe. Sie stellte aber auch fest, dass die Digitalisierung einen positiven Effekt hat: Körperliche Belastungen würden reduziert.
Die Arbeitgeber sind dagegen euphorisiert, wenn es um das Thema Digitalisierung geht. Wie aus einer Studie des Branchenverbands Bitkom hervorgeht, sieht die große Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland die Digitalisierung als Chance an. „Chancen muss man nicht nur erkennen, man muss sie auch ergreifen,“sagte dazu Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom, und mahnte Tempo an. In der Politik sei dazu in den vergangenen Monaten nahezu nichts passiert. „Das Schlagwort Digitalisierung hat man in der letzten Zeit zwar häufig gehört, aber konkrete Lösungen liegen nicht auf dem Tisch.“Die Digitalisierung warte nicht auf Deutschland. Der Bitkom fordert deshalb eine klare Digitalstrategie, Investitionsbereitschaft sowie eine aktive Rolle der Politik. „Dabei geht es darum, eine Vision für Deutschland zu entwickeln, bevor man in die kleinteilige Ausgestaltung geht“, sagte Berg.
Doch die Unternehmen sehen auch bei sich Nachholbedarf. Die Bitkom-Studie ergab, dass 60 Prozent der Firmen sich als digitale Nachzügler sehen. Und 57 Prozent erleben, dass Wettbewerber aus der Internet- und IT-Branche auf ihren Markt drängen. Ein Viertel der Unternehmer befürchtet außerdem, dass durch die Digitalisierung ihre eigene Existenz gefährdet ist.