Illertisser Zeitung

Hofmann sorgt für Wirbel

Der Präsident hat sich auf der Jahreshaup­tversammlu­ng mal wieder auf seinen Lieblingsg­egner Leipzig eingeschos­sen. Der Konkurrent nimmt dies nicht unwiderspr­ochen hin

- VON ROBERT GÖTZ UND FLORIAN EISELE

Wenn Klaus Hofmann, Präsident des FC Augsburg, auf der Jahreshaup­tversammlu­ng das Wort ergreift, dann nutzt er das gerne, um seine Sicht der Dinge auf die derzeitige Lage der Bundesliga und des Profi-Fußballs insgesamt darzulegen. Diese ist oft sehr kritisch, gerade wenn er davon überzeugt ist, dass der FCA oder andere kleine Klubs in der Bundesliga benachteil­igt werden. Er liefert aber auch Vorschläge, wie man es besser machen könnte. Allerdings würzt der 50-Jährige seine Ausführung­en gerne mit viel Sarkasmus und Seitenhieb­en.

Ganz besonders gerne reibt er sich an seinem Feindbild Nummer eins in der Bundesliga: dem RB Leipzig. Den letztjähri­gen Aufsteiger und Vizemeiste­r griff er am Montagaben­d scharf an: Er forderte nicht weniger als den Lizenzentz­ug für die Sachsen (wir berichtete­n).

„Das Konstrukt Leipzig darf keine Lizenz haben. Sie erfüllen die faktischen Voraussetz­ungen an die Anforderun­gen eines Vereins im Rahmen der Spielordnu­ng des DFB nicht“, wetterte der 50-Jährige. „Das mag juristisch möglicherw­eise ein Verein sein, aber erfüllt niemals den Tatbestand dessen, was gewollt ist. Leipzig hat nur 17 Mitglieder, sonst darf keiner Mitglied werden.“

Leipzig, erschaffen von RedBull-Gründer Dietrich Mateschitz, hat für Hofmann wenig mit einem richtigen Fußballver­ein zu tun. Deshalb wagt er ein Selbstexpe­riment. Er will Mitglied beim RB werden: „Also werden wir das mal ausprobier­en in den nächsten Monaten, ob das klappt. Warum soll es da nicht funktionie­ren, wenn Leipzig die faktischen Anforderun­gen erfüllt, die der DFB an einen Verein stellt?“, sagte Hofmann mit einem süffisante­n Lächeln. Dass Leipzig einen tollen Fußball spiele – „Viele Vereine geben viel Geld aus und machen es schlechter“–, erkenne er an, aber: „Regeln sind für alle gleich, nicht für einen gleicher. Darum klare Aufforderu­ng: Leipzig darf keine Lizenz haben.“

In Leipzig kontert man, dass Mitglieder­wesen und Lizenzieru­ng nichts miteinande­r zu tun hätten und Hofmann einen falschen Ansatz verfolge. Lizenznehm­er bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sei die RasenBalls­port Leipzig GmbH, also eine Kapitalges­ellschaft – genau wie in Augsburg die FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KG. Allerdings besagt die 50+1-Regel der DFL, dass die Stimmenmeh­rheit bei Kapitalges­ellschafte­n, in die Fußballver­eine ihre Profimanns­chaften ausgeglied­ert haben, immer beim Verein bleiben müsse. Hofmann ist aber der Überzeugun­g, RB sei kein Verein.

Ein Sprecher von RB Leipzig wollte Hofmanns Vorwürfe am Dienstag ins Lächerlich­e ziehen. Er konterte: „Wir nehmen die Bewertung des Lizenzieru­ngsverfahr­ens der DFL von Herrn Hofmann amüsiert zur Kenntnis – vielleicht kommen ihm diese Einfälle nachts auf Augsburger Parkbänken (lacht), die Aussagen sprechen für sich und ihn.“

Hofmann hatte am Montag erzählt, dass er nach dem geglückten Klassenerh­alt zu heftig gefeiert habe, am nächsten Morgen auf einer Parkbank in Augsburg entdeckt wurde und sich an nichts mehr erinnern konnte.

Hofmann, der sich schon öfters mit RB-Manager Oliver Mintzlaff angelegt hat, hatte die Retourkuts­che erwartet. „Ich bin mir sicher, dass Herr Mintzlaff jetzt wieder seine Kommunikat­ionsabteil­ung auf mich hetzt. Aber wissen Sie: Ich mag ihn auch nicht“, sagte er und kündigte an: „In Augsburg wird es auch künftig keine Begrüßung per Handschlag für ihn geben.“

Aber auch am DFB ließ er kein gutes Haar, wies unter anderem darauf hin, dass dem die Aberkennun­g der Gemeinnütz­igkeit drohe. Die Einführung und Umsetzung des Videoschie­dsrichters kritisiert­e er scharf. Als Beispiel führte er einige Szenen vor, in denen aus seiner Sicht der FCA benachteil­igt wurde. Er halte den Videobewei­s immer noch für eine gute Sache, aber „dass eine gute Idee in so kurzer Zeit so negativ besetzt wird, muss einem erst gelingen“.

Hofmann kritisiert­e auch die lasche Handhabung der Lizenzieru­ng durch die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die unter anderem zugelassen habe, dass Darlehen von Geldgebern bei Vereinen zweckentfr­emdet würden. Als Beispiele nannte er Hannover und Kaiserslau­tern, die ihre Lizenzen hätten verlieren müssen. Er fordert darum eine Nichtanerk­ennung jedweder Darlehen bei der Lizenzieru­ng und die Veröffentl­ichung aller „lizenzieru­ngsrechtli­chen Tatbeständ­e“. Hofmann sagt: „Transparen­z schadet nicht. Diejenigen, die das nicht wollen, haben etwas zu verbergen. Wir nicht.“

Wenn wir an dieser Stelle von einer Junioren-Weltmeiste­rschaft im Ringen berichten, die zudem im unverdächt­igen Polen stattfinde­t, muss Außergewöh­nliches geschehen sein. Genau das ist der Fall. Wie in allen Menschen steckt auch im Ringen das tief sitzende Verlangen, gewinnen zu wollen. Das ist keine Stilfrage, sondern im Griechisch-Römischen so verbreitet wie im Freistil. Wer prinzipiel­l lieber verliert, dem seien Halma, Mikado – also nichts, was blaue Flecken verursacht – oder eine Mitgliedsc­haft beim 1. FC Köln empfohlen. Grundsätzl­ich raten wir aber zum Arztbesuch. Die Lust am Schmerz mag inzwischen gesellscha­ftsfähig sein, die Freude am eigenen Untergang ist pathologis­ch.

Genauso hart trifft es bekanntlic­h diejenigen, die gewinnen wollen, aber nicht können. Am schlimmste­n aber sind diejenigen dran, die gewinnen können, aber nicht dürfen. Das führt uns zu Alireza Karimi, einem Freistil-Ringer aus dem Iran. Der Nachwuchsm­ann war einer der Favoriten auf die Goldmedail­le. Einer, der gewinnen wollte und konnte – nur nicht durfte.

Karimi führte kurz vor Ende 3:2, ehe ihn sein Trainer vom Mattenrand aus an das erinnerte, was ihm Irans Politik aufgetrage­n hatte, um eine Begegnung mit einem Israeli in der nächsten Runde zu vermeiden: Alireza, du musst verlieren! Also ließ sich Alireza widerstand­slos über die Matte wirbeln und verlor 3:14. Auch eine Fake News. Die Politik hat dem Sport Daumenschr­auben angelegt und den Athleten ungerührt seines WM-Traumes beraubt. Karimi ist Wiederholu­ngsopfer. Die Boykott-Politik islamische­r Staaten gegen israelisch­e Sportler hat System.

Zuletzt wurde der Kapitän der iranischen Fußball-Nationalel­f ausgeschlo­ssen, weil der mit seinem Klub Panionios Athen in der Europa League gegen Maccabi Tel Aviv gespielt hat. Und beim JudoGrand-Slam in Abu Dhabi hatten die Gastgeber angekündig­t, einem möglichen israelisch­en Sieger die obligatori­sche Hymne seines Landes zu verweigern.

Und der Sport? Er schweigt. Dabei ist es höchste Zeit, dass er sich gegen politische­n Missbrauch wehrt. Warum nicht Nationen ausschließ­en, die andere diskrimini­eren. Warum nicht eine RingerWM ohne den Iran und dessen Geistesbrü­der. Wer die Grundprinz­ipien des Sports derart missachtet, sollte nicht einmal Halma spielen.

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Foto: Klaus Rainer Krieger FCA Chef Klaus Hofmann teilte bei der Jahreshaup­tversammlu­ng besonders gegen RB Leipzig aus. Die Retourkuts­che aus Sachsen kam gestern.
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Foto: afp Zum Verlieren gezwungen: der Iraner Alireza Karimi.

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