Hofmann sorgt für Wirbel
Der Präsident hat sich auf der Jahreshauptversammlung mal wieder auf seinen Lieblingsgegner Leipzig eingeschossen. Der Konkurrent nimmt dies nicht unwidersprochen hin
Wenn Klaus Hofmann, Präsident des FC Augsburg, auf der Jahreshauptversammlung das Wort ergreift, dann nutzt er das gerne, um seine Sicht der Dinge auf die derzeitige Lage der Bundesliga und des Profi-Fußballs insgesamt darzulegen. Diese ist oft sehr kritisch, gerade wenn er davon überzeugt ist, dass der FCA oder andere kleine Klubs in der Bundesliga benachteiligt werden. Er liefert aber auch Vorschläge, wie man es besser machen könnte. Allerdings würzt der 50-Jährige seine Ausführungen gerne mit viel Sarkasmus und Seitenhieben.
Ganz besonders gerne reibt er sich an seinem Feindbild Nummer eins in der Bundesliga: dem RB Leipzig. Den letztjährigen Aufsteiger und Vizemeister griff er am Montagabend scharf an: Er forderte nicht weniger als den Lizenzentzug für die Sachsen (wir berichteten).
„Das Konstrukt Leipzig darf keine Lizenz haben. Sie erfüllen die faktischen Voraussetzungen an die Anforderungen eines Vereins im Rahmen der Spielordnung des DFB nicht“, wetterte der 50-Jährige. „Das mag juristisch möglicherweise ein Verein sein, aber erfüllt niemals den Tatbestand dessen, was gewollt ist. Leipzig hat nur 17 Mitglieder, sonst darf keiner Mitglied werden.“
Leipzig, erschaffen von RedBull-Gründer Dietrich Mateschitz, hat für Hofmann wenig mit einem richtigen Fußballverein zu tun. Deshalb wagt er ein Selbstexperiment. Er will Mitglied beim RB werden: „Also werden wir das mal ausprobieren in den nächsten Monaten, ob das klappt. Warum soll es da nicht funktionieren, wenn Leipzig die faktischen Anforderungen erfüllt, die der DFB an einen Verein stellt?“, sagte Hofmann mit einem süffisanten Lächeln. Dass Leipzig einen tollen Fußball spiele – „Viele Vereine geben viel Geld aus und machen es schlechter“–, erkenne er an, aber: „Regeln sind für alle gleich, nicht für einen gleicher. Darum klare Aufforderung: Leipzig darf keine Lizenz haben.“
In Leipzig kontert man, dass Mitgliederwesen und Lizenzierung nichts miteinander zu tun hätten und Hofmann einen falschen Ansatz verfolge. Lizenznehmer bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sei die RasenBallsport Leipzig GmbH, also eine Kapitalgesellschaft – genau wie in Augsburg die FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KG. Allerdings besagt die 50+1-Regel der DFL, dass die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften, in die Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben, immer beim Verein bleiben müsse. Hofmann ist aber der Überzeugung, RB sei kein Verein.
Ein Sprecher von RB Leipzig wollte Hofmanns Vorwürfe am Dienstag ins Lächerliche ziehen. Er konterte: „Wir nehmen die Bewertung des Lizenzierungsverfahrens der DFL von Herrn Hofmann amüsiert zur Kenntnis – vielleicht kommen ihm diese Einfälle nachts auf Augsburger Parkbänken (lacht), die Aussagen sprechen für sich und ihn.“
Hofmann hatte am Montag erzählt, dass er nach dem geglückten Klassenerhalt zu heftig gefeiert habe, am nächsten Morgen auf einer Parkbank in Augsburg entdeckt wurde und sich an nichts mehr erinnern konnte.
Hofmann, der sich schon öfters mit RB-Manager Oliver Mintzlaff angelegt hat, hatte die Retourkutsche erwartet. „Ich bin mir sicher, dass Herr Mintzlaff jetzt wieder seine Kommunikationsabteilung auf mich hetzt. Aber wissen Sie: Ich mag ihn auch nicht“, sagte er und kündigte an: „In Augsburg wird es auch künftig keine Begrüßung per Handschlag für ihn geben.“
Aber auch am DFB ließ er kein gutes Haar, wies unter anderem darauf hin, dass dem die Aberkennung der Gemeinnützigkeit drohe. Die Einführung und Umsetzung des Videoschiedsrichters kritisierte er scharf. Als Beispiel führte er einige Szenen vor, in denen aus seiner Sicht der FCA benachteiligt wurde. Er halte den Videobeweis immer noch für eine gute Sache, aber „dass eine gute Idee in so kurzer Zeit so negativ besetzt wird, muss einem erst gelingen“.
Hofmann kritisierte auch die lasche Handhabung der Lizenzierung durch die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die unter anderem zugelassen habe, dass Darlehen von Geldgebern bei Vereinen zweckentfremdet würden. Als Beispiele nannte er Hannover und Kaiserslautern, die ihre Lizenzen hätten verlieren müssen. Er fordert darum eine Nichtanerkennung jedweder Darlehen bei der Lizenzierung und die Veröffentlichung aller „lizenzierungsrechtlichen Tatbestände“. Hofmann sagt: „Transparenz schadet nicht. Diejenigen, die das nicht wollen, haben etwas zu verbergen. Wir nicht.“
Wenn wir an dieser Stelle von einer Junioren-Weltmeisterschaft im Ringen berichten, die zudem im unverdächtigen Polen stattfindet, muss Außergewöhnliches geschehen sein. Genau das ist der Fall. Wie in allen Menschen steckt auch im Ringen das tief sitzende Verlangen, gewinnen zu wollen. Das ist keine Stilfrage, sondern im Griechisch-Römischen so verbreitet wie im Freistil. Wer prinzipiell lieber verliert, dem seien Halma, Mikado – also nichts, was blaue Flecken verursacht – oder eine Mitgliedschaft beim 1. FC Köln empfohlen. Grundsätzlich raten wir aber zum Arztbesuch. Die Lust am Schmerz mag inzwischen gesellschaftsfähig sein, die Freude am eigenen Untergang ist pathologisch.
Genauso hart trifft es bekanntlich diejenigen, die gewinnen wollen, aber nicht können. Am schlimmsten aber sind diejenigen dran, die gewinnen können, aber nicht dürfen. Das führt uns zu Alireza Karimi, einem Freistil-Ringer aus dem Iran. Der Nachwuchsmann war einer der Favoriten auf die Goldmedaille. Einer, der gewinnen wollte und konnte – nur nicht durfte.
Karimi führte kurz vor Ende 3:2, ehe ihn sein Trainer vom Mattenrand aus an das erinnerte, was ihm Irans Politik aufgetragen hatte, um eine Begegnung mit einem Israeli in der nächsten Runde zu vermeiden: Alireza, du musst verlieren! Also ließ sich Alireza widerstandslos über die Matte wirbeln und verlor 3:14. Auch eine Fake News. Die Politik hat dem Sport Daumenschrauben angelegt und den Athleten ungerührt seines WM-Traumes beraubt. Karimi ist Wiederholungsopfer. Die Boykott-Politik islamischer Staaten gegen israelische Sportler hat System.
Zuletzt wurde der Kapitän der iranischen Fußball-Nationalelf ausgeschlossen, weil der mit seinem Klub Panionios Athen in der Europa League gegen Maccabi Tel Aviv gespielt hat. Und beim JudoGrand-Slam in Abu Dhabi hatten die Gastgeber angekündigt, einem möglichen israelischen Sieger die obligatorische Hymne seines Landes zu verweigern.
Und der Sport? Er schweigt. Dabei ist es höchste Zeit, dass er sich gegen politischen Missbrauch wehrt. Warum nicht Nationen ausschließen, die andere diskriminieren. Warum nicht eine RingerWM ohne den Iran und dessen Geistesbrüder. Wer die Grundprinzipien des Sports derart missachtet, sollte nicht einmal Halma spielen.