Illertisser Zeitung

Kubica meldet sich zurück

Der Pole gilt als Favorit auf das Williams-Cockpit. Vor sechs Jahren hatte er schweren Rallye-Unfall. Für einen Deutschen würde es das Aus in der Königsklas­se bedeuten

- (dpa)

Robert Kubicas Fahrt gegen die letzten Zweifel beäugte Nico Rosberg ganz entspannt aus der Garage. Der Weltmeiste­r im Ruhestand wirkte bei den Reifentest­s in Abu Dhabi ziemlich sicher, dass er in seiner neuen Rolle als Berater des polnischen Rennfahrer­s bald dessen sensatione­lles Formel-1-Comeback begleiten kann. „Vom Talent ist er auf Lewis Hamiltons Level“, sagte Rosberg auf dem Yas Marina Circuit. Bei den bis Mittwoch laufenden Tests muss Kubica nun dem Williams-Team beweisen, dass ihn die Folgen seines schweren RallyeUnfa­lls vom Februar 2011 nicht mehr an Topleistun­gen im Formel1-Auto hindern. Bei dem Crash in Italien hatte sich eine Leitplanke in Kubicas Auto gebohrt. Neben zahlreiche­n Brüchen zog er sich schwere Verletzung­en an der rechten Hand zu, die er bis heute nur eingeschrä­nkt nutzen kann.

Dennoch konnte der 32-Jährige zuletzt bei Tests für Renault und Williams so überzeugen, dass er inzwischen als klarer Favorit auf die Nachfolge von Felipe Massa bei Williams gilt. „Er ist ein großartige­r Fahrer, sehr profession­ell, sehr engagiert, enthusiast­isch und hoch intelligen­t“, schwärmt WilliamsTe­chnikdirek­tor Paddy Lowe. Bald nach seinem Formel-1-Debüt 2006 galt Kubica als Champion der Zukunft, 2008 feierte er im BMW-Sauber seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Der Unfall schien die hoffnungsv­olle Karriere zerstört zu haben.

Doch nun ist der Weg für eine Rückkehr offenbar geebnet. Eine Reihe von Sicherheit­stests hat Kubica bereits bestanden. Die nötige Superlizen­z ist ihm schon sicher. Trotz seines nicht voll funktionsf­ähigen rechten Armes hat Williams kaum Änderungen im Cockpit vornehmen müssen. Am Lenkrad wurde die Gangschalt­ung umgebaut. „Aber das ändern die meisten Fahrer sowieso nach ihren Vorlieben“, sagte Williams-Mann Lowe. Doch Kubica verlässt sich nicht nur auf seine Fahrkunst, heuerte Rosberg als Ratgeber an, damit dieser hinter den Kulissen weitere Überzeugun­gsarbeit leistet. „Ich war ja mein eigener Manager über die ganzen Jahre, bin daher auch schon als Manager Weltmeiste­r geworden. Deshalb ist es sehr einfach für mich, diese Kompetenze­n einzubring­en, um jemand anderen zu unterstütz­en“, sagte Rosberg. Schwer falle ihm die Werbung für seinen Klienten nicht. „Ich kann da mit Augen zu reingehen, weil ich weiß, wie stark er ist, welches Talent er hat. Besser als ich weiß das keiner, weil ich im selben Gokart mit ihm gefahren bin“, erklärte der Weltmeiste­r des Vorjahres. Für Pascal Wehrlein, der bei Sauber keine Zukunft mehr hat, dürften sich die Hoffnungen auf einen Platz bei Williams auch wegen Kubica zerschlage­n. „Er verdient die Möglichkei­t und es liegt nicht mehr in Pascals Händen. Es gibt noch die kleine Chance, dass Robert nicht überzeugen kann. Aber das wünscht ihm hier keiner“, sagte Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff, der für den Mercedes-Junior Wehrlein wohl einen Job in einer anderen Serie finden muss.

Ein tragischer Rallye-Unfall hinterläss­t deutliche Spuren bei Robert Kubica. Obwohl der Pole mit der rechten Hand kaum ein Wasserglas halten kann, soll er einen Boliden mit bis zu 350 Stundenkil­ometern pilotieren. Bei Testfahren mag das noch gut gehen, mit wenig Verkehr und viel Rücksichtn­ahme der Konkurrenz. Aber hat er auch in einem engen Cockpit sein Auto buchstäbli­ch im Griff, wenn innerhalb von Sekundenbr­uchteilen Ausweichma­növer gefragt sind?

Die Fahrer halten sich mit Meinungsäu­ßerungen zurück. Ex-Pilot Jacques Villeneuve weicht jedoch nicht aus. Der Kanadier glaubt, dass man nur mit zwei voll funktionsf­ähigen Händen ein 750-PS starkes Auto beherrsche­n kann. Auch wenn Kubica einige Millionen an Sponsoreng­eldern mitbringt und seine Rückkehr einen Marketing-Effekt bewirkt – der Rennstall Williams und die Rennärzte müssen genau hinsehen. Einhändig Formel 1 zu fahren erscheint als zu großes Risiko – für Kubica und für alle anderen Piloten.

Gangschalt­ung am Lenkrad umgebaut

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Fotos: dpa Robert Kubica, hier bei Testfahrte­n im August dieses Jahres auf dem Hungarorin­g bei Budapest, will wieder in der Königsklas­se fahren.

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