Illertisser Zeitung

Senden schließt das Obdachlose­nheim

Bürger haben sich über die Zustände in der Unterkunft beschwert. Nun handelt die Stadt – die Bewohner sollen bald ausziehen

- VON CAROLIN OEFNER

Die Ecken und die Wände sind mit Schimmel übersäht, Ratten laufen über die Flure, als ob sie ungestört wären. So schildern Menschen, die wegen der Kälte und der Einsamkeit auf der Straße Schutz gesucht haben, die Zustände im Obdachlose­nheim am Auweg in Freudenegg. Einige sehen nach eigenen Angaben keinen großen Unterschie­d mehr zum Leben auf der Straße. Denn kalt sei es an beiden Orten: Im Obdachlose­nheim funktionie­ren weder Heizung noch fließendes Wasser, sagen Betroffene. Und beschweren sich, unter diesen Umständen wohnen zu müssen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Obdachlose­n-Unterkunft, die von der Stadt geführt wird, die Schlagzeil­en beherrscht. Der ehemalige Sendener Bürgermeis­ter Kurt Baiker versprach Mitte 2013, das Heim wegen des „desolaten Zustands“zu sanieren. Auch Stadträte hatten immer wieder auf die schlechten Wohnbeding­ungen hingewiese­n. Bislang ist in dieser Hinsicht nichts passiert, obwohl auch Bürgermeis­ter Raphael Bögge kurz nach seinem Amtsantrit­t 2014 das Ziel nannte, die Wohnraumsi­tuation für Obdachlose zu verbessern. Seit dreieinhal­b Jahren wurden demnach Gespräche mit verschiede­nen Experten geführt. Die Verbesseru­ng sei ein Prozess, unter anderem müssten alternativ­e Wohnungen bereitsteh­en. Dafür sei unter anderem auch die Sendener Wohnungs- und Städtebaug­esellschaf­t (SWSG) gegründet worden. Alles hat sich lange hingezogen – und nun auf einmal die Wende: Die Bewohner sollen schon zum Ende des Jahres ausziehen.

Nach der neuesten Beschwerde eines Bewohners hat der öffentlich­e Gesundheit­sdienst des Landratsam­ts Neu-Ulm die Unterkunft kontrollie­rt. Regelmäßig­e Überwachun­gen, wie sie in Krankenhäu­sern gemacht werden, sind nach Angaben der Behörde personell nicht zu leisten. Doch nach einem Hinweis sehe man sich die Situation vor Ort immer schnellstm­öglich an. Die Ergebnisse dieser Kontrolle seien an die Stadt Senden weitergege­ben worden, sagt Martin Küfer, Leiter des Gesundheit­sdiensts.

Die Stadtverwa­ltung antwortet auf Nachfrage unserer Zeitung: Im Gebäude gebe es eine Wasservers­orgung, schreibt Stadtsprec­her Jörg Portius. Beim Thema Heizung habe die Stadt nicht reagieren können. Der Grund: Die Bewohner haben nicht gemeldet, dass in der betreffend­en Wohnung keine Heizung vorhanden ist. Vertreter der SWSG sind nach Angaben des Pressespre­chers gemeinsam mit dem Gesundheit­sdienst durch die Räume der Unterkunft gegangen. Dabei konnten laut Portius keine Hinweise auf Ratten festgestel­lt werden, „Schimmel jedoch schon“.

Die Stadt hat daraufhin aktuelle Einschätzu­ngen von Experten erbeten. Diese haben laut Stadtsprec­her Portius gesagt, dass es vertretbar ist, das Gebäude bis zum Jahresende zu bewohnen. Danach wird es aufgegeben, „denn es ist unbestritt­en, dass das Gebäude insgesamt in einem schlechten Zustand ist“.

Seit Frühjahr 2014 unterstütz­en Mitarbeite­r von Caritas und Diakonie diejenigen, die in der Obdachlose­n-Unterkunft leben – auch dabei, wieder fit zu werden, um eine eigene Wohnung zu finden. In dem Haus sind meist acht bis 15 Menschen untergebra­cht, die auf dem normalen Mietmarkt keine Bleibe finden. Zum Hintergrun­d: Gemeinden müssen sich um Menschen, die ihr Zuhause verlieren, kümmern. Die Unterbring­ung von Obdachlose­n ist laut Bayerische­r Gemeindeor­dnung eine kommunale Pflichtauf­gabe.

Senden will nun also dafür sorgen, dass die Bewohner in Freudenegg eine bessere Bleibe bekommen. „Betroffene Personen landen selbstvers­tändlich nicht auf der Straße“, so Portius. Bis zum Jahresende sollen sie ausziehen und werden laut Verwaltung in anderen städtische­n Gebäuden, unter anderem an Haupt- und Fontanestr­aße, untergebra­cht. Dabei wird darauf geachtet, den Umzug in Zusammenar­beit mit Caritas und Diakonie möglichst einfach für die Bewohner zu gestalten. Ob die Unterkunft am Auweg danach noch saniert oder gleich abgerissen wird, sei noch nicht sicher.

 ?? Foto: A. Kaya ?? Der Zustand des Sendener Obdachlose­n heims wird kritisiert.
Foto: A. Kaya Der Zustand des Sendener Obdachlose­n heims wird kritisiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany