Die EU reformiert die Landwirtschaft
Die Agrarförderung macht den größten Anteil im EU-Haushalt aus. Doch immer wieder gingen zuletzt Bauern pleite. Deshalb will Brüssel nun etwas ändern
Vor dem Hintergrund zahlreicher Bauernpleiten in den vergangenen Jahren tastet sich die EUKommission an eine Reform der Agrarförderung heran. Die Staaten in der Union sollen bei der Verteilung der milliardenschweren Zuwendungen künftig mehr eigenen Spielraum haben, wie Agrarkommissar Phil Hogan gestern sagte. Gemeinsame Ziele der Landwirtschaftspolitik sollten weiterhin auf europäischer Ebene definiert werden, etwa zur Ressourceneffizienz und zum Umweltschutz. Die Staaten sollten jedoch mehr Entscheidungsfreiraum haben, wie und wo sie EU-Gelder einsetzen wollen.
Die Agrarförderung stellt derzeit den größten Anteil im EU-Haushalt. Rund 58 Milliarden Euro – etwa 40 Prozent des Budgets – fließen pro Jahr in die Landwirtschaft. Das Geld ist dabei in Direktzahlungen, die vor allem von der bewirtschafteten Fläche abhängen, sowie in Zuwendungen zur Entwicklung des ländlichen Raums aufgeteilt. Wegen starker Preisschwankungen in den vergangenen Jahren etwa bei Milchprodukten waren trotz der Fördergelder aber zahlreiche Landwirtschaftsbetriebe pleite gegangen.
Im März hatte die EU-Kommission eine öffentliche Ideensammlung zur künftigen Gestaltung der europäischen Agrarpolitik gestartet. Ein detaillierter Gesetzesvorschlag, basierend auf diesen Grundprinzipien, soll im Sommer 2018 folgen. Nach Vorstellung der EU-Kommission könnten die Staaten künftig nationale „Strategiepläne“vorlegen, in denen sie darlegen, wie sie die Vorgaben zur Agrarpolitik einhalten wollen – etwa zum Klimaschutz, zur Nachhaltigkeit und zum Ressourcenmanagement. Die Kommission müsste diese Pläne jeweils genehmigen. Die Staaten sollen dadurch mehr Freiheiten bekommen, auf welche Art und Weise sie die Vorga- ben umsetzen. Zudem sollen passgenauere Fördermodelle möglich werden. „Warum sollen für einen italienischen Landwirt dieselben Umweltanforderungen gelten wie für einen finnischen Landwirt, obwohl sie unter unterschiedlichen Bedingungen tätig sind?“, heißt es dazu aus der EU-Kommission.
Der Vorstoß traf auf geteiltes Echo. Die Ideen seien „eine geeignete Grundlage für die Diskussion über eine zukunftsorientierte Politik für Landwirtschaft und ländliche Räume“, meinte der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied. „Die Gemeinsamkeit der europäischen Agrarpolitik als zentrales Element der EU dürfen wir künftig nicht infrage stellen“, mahnte er jedoch.
Der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling sagte hingegen: „Sollten diese Vorschläge tatsächlich in Gesetzestexte gegossen werden, werden weitere sieben Jahre Milliarden Euro von Steuergeldern zur Förderung eines ruinösen Wettbewerbsfähigkeits-Wettlaufs aufgeboten, für den es ökologisch, ökonomisch und politisch keine Rechtfertigung mehr geben kann.“
Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller sagte, mit dem Vorschlag würden weiterhin Milliarden Euro in billige Massenproduktion fließen. „Hogan legt faule Köder aus für die EU-Regierungen, getreu dem Motto: mehr Freiheiten, weniger Kontrollen. Das käme milliardenschweren Blankoschecks an alle EU-Staaten gleich.“