Alle Mann ausschwärmen !
Heute Abend und morgen machen in der Region die Nikoläuse und ihre Helfer die Runde. Jan Repa aus Illertissen ist auch dabei. Er hat nur ein Ziel – und das seit 20 Jahren
Über sich selbst sprechen Nikoläuse meistens nicht so gerne. Eigentlich sehen sie ihre Aufgabe darin, andere zu beglücken. Das ist auch bei Jan Repa aus Illertissen so – für den örtlichen Kindergarten Regenbogenland schlüpft er seit 20 Jahren in den roten Mantel. Wie es dazu kam, erzählt er auf Anfrage unserer Zeitung nun doch. Denn der 58-Jährige ist aus vollster Überzeugung Nikolaus. Es sei die Freude der Kinder, die ihn dazu antreibe: „Jedes Kindergesicht leuchtet anders, wenn die Kleinen bei mir ihre Päckchen abholen.“Doch bei seinen Besuchen im Kindergarten gab es auch schon einige Beinnahe-Katastrophen. Auch davon erzählt Repa. Mit einem Schmunzeln.
Der Illertisser ist studierter Biologe und berät den Bezirk Schwaben in Fischereifragen. Da hatte er alles andere im Kopf, als sich zum Nikolaus berufen zu fühlen. Doch als sein ältester Sohn Daniel den Kindergarten Regenbogenland besuchte, änderte sich das. Die damalige Leiterin habe ihn angesprochen, wegen seiner „hohen Statur“. Und ob er nicht den Nikolaus spielen wolle. Jan Repa misst 1,90 Meter, mit Bischofs-Mitra noch mehr. Und er sagte Ja.
Das war im Jahr 1997. Und schon bei der Premiere wurde es brenzlig – beim ersten Auftritt entging Repa gerade einmal so der Gefahr, entlarvt zu werden. Es herrschte Schmuddelwetter und er trug braune Bergstiefel, erinnert sich der Nikolaus aus Leidenschaft. Prompt meldete sich ein Kind zu Wort: „Wo sind deine roten Schuhe?“Zum Glück habe er sich mit dem schlechten Wetter herausreden können. Bei ihm zu Hause setzte sich der Schrecken fort, als Sohn Daniel geraume Zeit mit dem Betrachten besagter Stiefel verbrachte – es dann aber doch glücklicherweise dabei bewenden ließ.
Um das mit jedem Nikolausdienst einhergehende Risiko des Entdecktwerdens möglichst klein zu halten, achteten die Erzieherinnen künftig stets darauf, dass Repa seine eigenen Kinder dabei nicht allzu nahe kamen.
Der Nikolaus selbst befolgte stets strikt seine eigenen Regeln: Kontrollieren, ob die ganze Bekleidung gut sitzt, langsam auf die Kinder zugehen, mit leiser deutlicher Stimme sprechen und fragen, wer alles den Bischofsstab halten mag. So will er die Scheu nehmen. Und aus diesem verzichtet Repa auch auf einen Knecht Rupprecht als grimmigen Gesellen.
Eine weitere Beinahe-Katastrophe sei einmal eingetreten, als er sich im Türdurchgang zu wenig bückte, sodass die Mütze verloren ging. „Zum Glück blieb die Perücke an ihrem Platz und die Mitra war dank der pfeilschnell reagierenden Kindergärtnerin wieder auf dem Kopf, kaum dass sie heruntergefallen war“, erinnert sich Repa.
Der Nikolaus stattete seinen Besuch je nach Witterung in den Zim- mern der Tagesstätte, im Wald oder am Stadtweiher ab. In bester Erinnerung blieb ihm ein Treffen am Waldrand bei der Jungviehweide. Ein mit Geschenken beladener großer Hörnerschlitten wartete mit dem Nikolaus auf die Kinder. Ziemlich lang. Denn die hatten sich bei ihrer Fußwanderung in der Zeit verschätzt, sodass dem Nikolaus schier die Zehen abgefroren seien, wie er sagt.
Jan Repa, der seit 1992 in Illertissen wohnt, möchte die Erlebnisse aus seinem 20-jährigen NikolausGrund dienst keinesfalls missen. Er ist überzeugt: „Es gibt keine Zufälle, alles passiert zur rechten Zeit.“Er freue sich bereits auf die nächsten 20 Jahre im Nikolausdienst. Gründe dafür hat er einige: Sein Dienst sei nicht gedacht, um Illusionen zu wecken, – sondern, um Kindern schöne Erlebnisse zu bescheren. Noch dazu mit einem geschichtlichen, religiösen Hintergrund. Die Kleinen sollten die Chance zu einer langen und schönen Kindheit haben, findet Repa. Viel zu schnell würden sie ihrer Träume und Illusionen beraubt.
Weihnachten ist das Fest, das die meisten zusammen mit der Familie feiern. Doch nicht alle können den 24. Dezember mit ihren Lieben verbringen. Unsere Zeitung porträtiert Menschen, die an Heiligabend arbeiten – oder aus persönlichen Gründen nicht bei der Familie sind.
Edith Koch ist 89 Jahre alt. Seit drei Jahren erlebt sie Weihnachten im Seniorenheim St. Michael in Offenhausen. Früher, erzählt die verwitwete Frau, konnte sie an Heiligabend zu ihrer Tochter. Doch seit diese krank ist, bleibt Koch im Seniorenheim. „Das Personal bemüht sich redlich, Weihnachten schön zu machen“, sagt sie. „Aber es fehlen Kinder. Und für manche Bewohner ist Weihnachten ein trauriges Fest, weil sie zum Beispiel daran denken, dass Verwandte nicht aus dem Krieg zurückkamen.“Das Feiern in der Familie fehle ihr, gibt die Seniorin zu. „Aber es ist selbstverständlich, Rücksicht zu nehmen darauf, dass meine Tochter krank ist.“
Während der kleinen Bescherung im Heim lebt Edith Koch in ihren inneren Bildern: Wie sie und ihr ein Jahr jüngerer Bruder es in ihrer Ostrauer Kindheit genossen, fröhliche Eltern zu haben, und dass Weihnachten wunderschön gewesen sei – ein Abend mit Spielen und Musik. „Ich musste Klavier lernen, mein Bruder durfte sich sein Instrument wählen und spielte Geige wie unser Vater.“Eine der schönsten Erinnerungen, die am Heiligen Abend lebendig werden, ist die Fahrt mit der Straßenbahn ins Theater, die die Großmütter mit den Enkeln am Nachmittag des 24. Dezember regelmäßig machten. „Wenn wir aus dem Theater zurückkamen, war das Christkind da gewesen. Das war unheimlich schön. Daran denke ich, wenn wir am 24. Dezember im Altenheim zusammen feiern.“