Im Ländle wird nachts wieder Schnaps verkauft
Sieben Jahre lang galt für Geschäfte das Verbot, nach 22 Uhr noch Alkohol abzugeben. Heute fällt es
Heute um 22.01 Uhr ist wieder erlaubt, was sieben Jahre lang verboten war: Supermärkte, Kioske und Tankstellen in Baden-Württemberg dürfen auch nachts Alkohol verkaufen. Der Stuttgarter Landtag hatte das 2010 verboten. Saufgelage sollten verhindert und die Zahl von durch Alkoholkonsum verursachten Straftaten gesenkt werden. Es galt: Ab 22 Uhr dürfen Bier, Wein und Schnaps in Läden nicht mehr verkauft werden. „Am Anfang gab es manchmal Riesenterror“, sagt Kaufmann Martin Weimper, der den Rewe-Markt in der Ulmer Wielandstraße und Supermärkte in Weißenhorn, Vöhringen und Pfaffenhofen betreibt. „Wir mussten den Leuten erst einmal erklären, dass das nicht von uns kommt, sondern ein Gesetz ist.“Für Besucher aus anderen Teilen Deutschlands sei das schwer zu verstehen gewesen.
Jetzt sind die Kommunen selbst verantwortlich. Sie können lokale Konsumverbote aussprechen. Dann ist das Trinken an bestimmten Orten verboten. Doch die Bedingungen dafür sind streng.
Auswirkungen des Verkaufsverbots hat die Polizei entlang der Donau und der Iller während der sieben Jahre kaum gespürt – wohl wegen der Landesgrenze. „Für uns bestand immer die Situation, dass Bayern die eine Regelung hatte und Baden-Württemberg die andere“, sagt Ulms Polizeisprecher Wolfgang Jürgens. Seit die Regelung eingeführt wurde, habe die Polizei keine deutlichen Veränderungen bei alkoholbedingten Straftaten bemerkt. Auch die Kollegen auf der anderen Seite der Donau haben nichts dergleichen beobachtet. „Ulm und Neu-Ulm sind ohnehin mehr oder weniger eine Stadt“, sagt Michael Wecker von der Polizei Neu-Ulm. Er vermutet, dass die Bürger schlicht beim nächstgelegenen Kiosk oder Supermarkt einkauften, ohne die Grenzen von Stadt und Land zu beachten.
Was für Ulm und Neu-Ulm gilt, dürfte auch für Illertissen und Dietenheim oder für Vöhringen und Illerrieden gelten. Auf der badenwürttembergischen Seite waren die Supermärkte länger geöffnet, auf der bayerischen Seite gab es auch nachts Alkohol an Tankstellen. In Bayern galten zeitweise seltsame Regeln: Etwa, dass Alkohol von Tankstellen nur als Reiseproviant verkauft werden durfte. Das hieß: Wer mit dem Auto kam, durfte Bier kaufen. Wer zu Fuß kam, nicht.
In Ulm gilt die Gegend um die Obere Bahnhofsstraße als Brennpunkt. Immer wieder gehen von dort bei der Stadt Beschwerden über Trinker ein. Die verstärkte Präsenz von Sicherheitsdiensten habe das Problem vorerst verringert, sagt Marlies Gildehaus, Sprecherin der Stadt. Eine lokale Verbotszone komme dort nicht infrage, die Polizei erkenne keine überproportionale Häufigkeit von alkoholbedingten Delikten. Allerdings soll es in Ulm mehr Jugendschutzkontrollen geben: Dann schickt die Stadt minderjährige Auszubildende mit einem Polizisten und einem Verwaltungsmitarbeiter auf Einkaufstour. Die Jugendlichen versuchen, Alkohol zu kaufen. Gelingt das, droht den Händlern eine Strafe.