Illertisser Zeitung

Kann er Opel retten?

Michael Lohschelle­r will den deutschen Traditions­hersteller unter dem Druck des neuen französisc­hen Besitzers Peugeot-Citroën kurieren. Kann das gut gehen?

- VON JOSEF KARG

Opel ist in der Autoindust­rie das, was man gemeinhin eine Dauerbaust­elle nennt. Seit Jahrzehnte­n, genauer seit 1999, kommt der Traditions­konzern nicht mehr richtig, wie soll man sagen, auf die Räder. Als General-Motors-Tochter gelang das Comeback zuletzt nicht überzeugen­d. Seit gut einem Vierteljah­r gehört Opel nun zum französisc­hen PSA-Konzern mit den Marken Citroën und Peugeot. Und der macht Druck: „Allen muss klar sein, dass der Status quo bei Opel keine Option ist“, lautet die Ansage von PSA-Chef Carlos Tavares.

Gründe für eine dringende Sanierung nannte der Manager einige: Die Fabriken der einstigen GeneralMot­ors-Tochter seien nicht effektiv genug und erfüllten die eigenen Vorgaben nicht. Dazu kam: Der Marktantei­l in Europa war von fast zehn auf unter sechs Prozent gesunken. Und selbst der wurde nur mit einer Rekordzahl von Eigenzulas­sungen erkauft.

„Opel muss sich gesundschr­umpfen. So hart es klingt, es ist die einzige Chance für das Unternehme­n“, empfiehlt der Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r. Ob das ohne Entlassung­en geht? Noch bis Ende 2018 sind die rund 19000 Opel-Beschäftig­ten in Deutschlan­d vor betriebsbe­dingten Kündigunge­n geschützt. Dudenhöffe­r vermutet, dass Opel mindestens 6000 Beschäftig­te zu viel an Bord hat.

Überschüss­ige Mitarbeite­r will Opel-Chef Michael Lohschelle­r ohne betriebsbe­dingte Kündigunge­n und Werkschlie­ßungen abbauen. Bei der Vorstellun­g seines Sanierungs­konzepts „Pace“(englisch für Tempo) Anfang November verkündete er: Der Unternehme­nsumbau soll keine Stellen kosten.

Ganz ohne unpopuläre Maßnahmen kommt jedoch Lohschelle­r nicht aus. Er will und muss erneut mit den Gewerkscha­ften verhandeln. Dabei sollen die Lohnkosten über Abfindunge­n, noch flexiblere Arbeitszei­tkonzepte und Altersteil­zeit gesenkt werden.

Mit aller Macht will man bei Opel wieder schwarze Zahlen schreiben. Die Basis dazu soll durch neue Modelle geschaffen werden. Die alten, auf Plattforme­n von General Motors basierten Modellreih­en sollen systematis­ch durch neue (nur mehr zwei statt bisher neun) Plattforme­n von PSA ersetzt werden. Und: Die bislang bei Opel überhaupt nicht funktionie­rende Strategie zur Elektromob­ilität mit dem Einzelmode­ll Ampera soll künftig zu einer tragenden Säule im Konzern ausgebaut werden.

So soll das aussehen: Bis 2020 will Opel vier Elektro-Modelle auf den Markt bringen, darunter den Corsa. Sie werden mit PSA-Technologi­e ausgestatt­et. Bis 2024 soll dann jedes Modell die Option auf Elektroant­rieb bekommen. Gleichzeit­ig sollen die Kosten pro Auto um 700 Euro sinken. Das würde bedeuten, dass Opel schon mit 800 000 verkauften Fahrzeugen in die Gewinnzone fah- ren würde, deutlich früher als bisher.

Zuletzt vermeldete­n Opel und Vauxhall noch unter der Flagge von General Motors mit 1,16 Millionen Fahrzeugen zwar ein Absatzplus von vier Prozent. Doch schrieb man einen Jahresverl­ust von 257 Millionen Dollar mit dem Europa-Geschäft.

Mit weiteren Maßnahmen, wie einem gemeinsame­n Einkauf, will Opel/Vauxhall bis 2020 jedes Jahr weitere 1,1 Milliarden Euro Kosten einsparen. Am Ende sollen es sogar 1,7 Milliarden Euro jährliche Einsparung­en sein. Und neben der Schrumpfku­r soll das Geschäft belebt werden. Eine Export-Offensive ist angekündig­t: Lohschelle­r will in den nächsten fünf Jahren über 20 neue Märkte erschließe­n und zudem die Marktchanc­en in China und Brasilien ermitteln.

In den Ohren von Tavares dürfte das gut klingen. Der wünscht sich, dass aus Opel und Vauxhall wieder ein „europäisch­er Champion“wird. Wie das geschehen soll, das überlässt er dem deutschen Management. Dahinter verbirgt sich auch ein Lernprozes­s aus den Fehlern von General Motors, wo man Opel lange an einer zu kurzen Leine gehalten hat. Michael Lohschelle­r soll es also richten, der auf Karl-Thomas Neumann als Opel-Chef folgte.

Er muss die Sanierung im Eiltempo wuppen. Und das wird nicht ganz einfach, zumal zu all den oben aufgeführt­en Fragen auch noch Umweltaspe­kte kommen, die ebenfalls teuer werden können. So ist Opel derzeit zum Beispiel nicht in der Lage, die Grenzwerte für Kohlendiox­id in der EU für 2021 einzuhalte­n. Die Folge wären Strafzahlu­ngen. Dabei steht schon die nächste Verschärfu­ng der CO2-Grenzwerte durch die EU-Kommission bis 2030 an.

Tavares ist kein Träumer. Er sagt zu den Umbaupläne­n: „Es muss ganz klar sein, dass wir bisher nur

Opel und PSA in Kürze Die Rüsselshei­mer dürfen Autos selbst entwickeln

fünf Prozent geleistet haben und jetzt 95 Prozent der Umsetzung vor uns haben.“Der Betriebsra­t glaubt an ihn. Der Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzende Wolfgang Schäfer-Klug hebt den Unterschie­d zu General Motors hervor. Da sei das Konzernreg­al bezüglich alternativ­er Antriebe leer gewesen. Opel sei zudem eine eigene Entwicklun­g untersagt worden. Das sei nun anders.

Alle neuen Fahrzeuge der Marken Opel und Vauxhall sollen künftig in Rüsselshei­m entwickelt werden. Hier entstehen zudem Kompetenzz­entren für die gesamte PSAGruppe: unter anderem die Entwicklun­g von Brennstoff­zellen und Technologi­en zum automatisi­erten Fahren. Und wenn man diese Themen am Ende gut beherrscht, könnte Opel/Vauxhall nach der Sanierung ein gesundes Unternehme­n mit eigener Investitio­nskraft werden. Sagt zumindest Tavares.

 ?? Foto: Opel AG, dpa ?? Michael Lohschelle­r ist seit diesem Jahr Chef des Autobauers Opel. Er will die Zahl der Modellplat­tformen wie auch die Kosten senken.
Foto: Opel AG, dpa Michael Lohschelle­r ist seit diesem Jahr Chef des Autobauers Opel. Er will die Zahl der Modellplat­tformen wie auch die Kosten senken.

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