Illertisser Zeitung

Fahrt ins Chaos

Die Deutsche Bahn bekommt die Probleme im Zugverkehr nur allmählich in den Griff. Was dahinterst­eckt und warum es offenbar auch im Konzern kräftig rumort

- Hessische Rundfunk (dpa, AZ)

Die Bahn hat nach dem Fahrplanwe­chsel am Wochenende weiter mit Problemen zu kämpfen. Auf der neuen und milliarden­teuren Hochgeschw­indigkeits­strecke zwischen Berlin und München fiel am Dienstagmo­rgen erneut ein ICE aus. Grund war eine technische Störung am Zug, wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn sagte. Der ICE habe schon aus Hamburg nicht losfahren können.

Der Ärger für Bahnreisen­de dürfte wohl noch mehrere Tage so weitergehe­n. Wie die Bahn gestern Nachmittag verkündete, habe sich der Verkehr auf den Schienen „spürbar stabilisie­rt“. Dies gelte insbesonde­re auch für die neue Schnellfah­rstrecke, auf der bis zum Nachmittag sämtliche „Sprinter“ohne größere Verspätung­en gefahren seien. Man arbeite „mit Hochdruck“daran, die Situation für die eigenen Kunden schnell zu verbessern. Allein 16 ICEs seien am Wochenende durch Folgen des Wintereinb­ruchs beschädigt worden. Deren Reparatur komme „gut voran“. Und auch die „Beseitigun­g einzelner ETCS-Störungen“mache Fortschrit­te. Das digitale Signalsyst­em Bahn (European Train Control System), das auf der neuen Strecke erstmals in Deutschlan­d eingesetzt wird, scheint eine der größten Ursachen für die Probleme der Bahn zu sein – auch weil der genaue Fehler wohl noch nicht ausgemacht ist. Der Zugherstel­ler Alstom, der die Hochgeschw­indigkeits­züge mit dem ETCS ausgerüste­t hatte, soll eine „Task Force“gebildet haben, um die ICEs zu überprüfen.

Trotz aller Fortschrit­te stehen noch immer zahlreiche Züge nicht zur Verfügung. Ein Engpass, der sich wohl auch noch etwas hinziehen wird. Man erwarte „eine weitere Stabilisie­rung der Fahrzeugve­rfügbarkei­t bis zum Wochenende“, heißt es in der Mitteilung des Konzerns.

Der berichtete derweil unter Berufung auf ungenannte Bahn-Mitarbeite­r, dass seit der Umstellung auf den neuen Fahrplan am Sonntag täglich zwischen 20 und 40 Verbindung­en im Fernverkeh­r ausgefalle­n seien. Laut dem Bericht war der Fahrplanwe­chsel mit zu geringen Reserven geplant worden, es fehlten mindestens zehn ICE-Züge, um einen reibungslo­sen Betrieb zu gewährleis­ten. Diese Vorwürfe wies die Bahn gestern zurück. Allein für den Verkehr auf den neuen ETCS-Strecken hätten 110 ICE-Züge bereitgest­anden, die mit der neuen Technologi­e ausgerüste­t waren. Wesentlich­er Grund für die kurzfristi­gen Ausfälle seien die schnee- und eisbedingt­en Schäden an der Flotte gewesen.

Im Internet machen seit dem Woder chenende Bahnreisen­de ihrem Ärger Luft, der Staatskonz­ern wird angesichts der Ausfälle mit Spott überschütt­et. Und auch bahnintern rumort es offenbar kräftig. Medien zitierten einen nicht namentlich genannten Bahn-Aufsichtsr­at mit dem Satz, dass der Start der neuen Schnelltra­sse nicht peinlicher hätte sein können. Immerhin hat sie zehn Milliarden Euro gekosten und es hat 26 Jahre gedauert, bis das Prestigepr­ojekt fertig war.

Und als wären die Pannen rund um die neue Strecke zwischen München und Berlin nicht schon genug, ereignete sich an anderer Stelle noch ein weiterer Patzer. In Neu-Ulm mussten am Dienstagmo­rgen 50 Pendler zusehen, wie der ICE, auf den sie warteten, einfach an ihnen vorbeifuhr. „Der Lokführer hat den Halt übersehen“, erklärte ein Bahnsprech­er. Das Ganze hat einen Hintergrun­d: Bislang hielten ICEs nicht in Neu-Ulm. Das änderte sich jedoch am Sonntag mit dem neuen Fahrplan der Deutschen Bahn. Doch am Dienstagmo­rgen schlug offenbar die Macht der Gewohnheit zu und der Lokführer ließ Neu-Ulm links liegen.

System macht Probleme

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Foto: Emmanuele Contini, imago Da war die Welt der Deutschen Bahn noch in Ordnung: Am Freitagabe­nd fuhr der Sonderzug, der die neue Hochgeschw­indigkeits­strecke zwischen München und Berlin eröff nete, pünktlich im Berliner Hauptbahnh­of ein. Danach begannen die Probleme.

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