Illertisser Zeitung

Trotz Rechtsstre­it: Alpenverei­n hält an Kletterhal­le fest

Kläger stellen Zuschüsse der öffentlich­en Hand infrage. Das könnte sich auf das Projekt in Illertisse­n auswirken

- VON JENS CARSTEN (mit dpa)

Sind sie gemeinscha­ftsdienlic­h oder vielmehr ein florierend­es Geschäftsf­eld – diese Frage stellt sich aktuell bei den Kletterhal­len, die der Deutsche Alpenverei­n (DAV) deutschlan­dweit betreibt. Und sie könnte auch in Illertisse­n eine Rolle spielen, wo demnächst eine Halle entstehen soll. Der Hintergrun­d: Ein Gericht in Darmstadt hat kürzlich angeordnet, dass der dortige Alpenverei­n seine Einrichtun­g als Gewerbebet­rieb anmelden und ins Handelsreg­ister eintragen lassen muss. Das könne Signalwirk­ung für ähnliche Projekte haben. Steuerrech­tler bemängeln seit Jahren, dass Vereine in kommerziel­le Gefilde vorstoßen. Ein Beispiel sind Turnverein­e, die Fitnessstu­dios aufmachen. Ähnlich sehen Kritiker die Sachlage, wenn es um den DAV und seine Kletterhal­len geht.

Das Problem: Damit die teuren Freizeitan­lagen errichtet werden können, müssen Sponsoren die Kassen aufmachen. Oft kommen öffentlich­e Gelder hinzu – doch für Zuschüsse an die private Wirtschaft gelten strengere Vorgaben als für den Vereinsspo­rt. Sollten die Alpinisten ihre Hallen offiziell als Gewerbe betreiben, gingen ihnen Steuervort­eile verloren. Genau das wollen private Betreiber erreichen, die faire Wettbewerb­ebedingung­en fordern. In Berlin schwelt seit Jahren ein Rechtsstre­it: Ein Unternehme­r klagt, weil die Stadt der örtlichen DAV-Sektion ein großes Grundstück für eine kleine Miete überlassen habe.

In Illertisse­n verfolgen die DAVMitglie­der mit großem Interesse, was sich deutschlan­dweit in Sachen Kletterhal­len juristisch tut. „Wir haben das auf dem Schirm“, sagt Andreas Gamper, der mit den Planungen der Halle betraut ist. Probleme erwarte man nicht. „Wir lassen erst einmal auf uns zukommen, was in der Sache entschiede­n wird.“Und dann werde man sich nach der entspreche­nden Gesetzesla­ge richten. „Das ist kein Problem.“

Vorgesehen sind in Illertisse­n, wie berichtet, ein Freiluft-Klettertur­m, ein Vereinsgeb­äude samt Boulderhal­le und Parkplätze. Die Kosten: rund 1,3 Millionen Euro. Entstehen soll das alles auf einem städtische­n Grundstück, auf dem sich momentan eine stillgeleg­te Minigolfan­lage befindet. Der DAV wird das Areal durch einen Erbrechtsv­ertrag nutzen können und im Gegenzug eine Art Miete bezahlen. Die Stadträte im Bauausschu­ss billigten die Entwürfe einstimmig, die Halle sei eine „tolle Sache“für Illertisse­n, hieß es. Gebaut werden soll laut DAV, sobald die Genehmigun­g durch das Landratsam­t Neu-Ulm vorliegt, wohl im Frühjahr 2018. Die Bauzeit soll ein Dreivierte­ljahr betragen, die Alpenverei­nsmitglied­er wollen einiges in Eigenleist­ung stemmen, sagt Gamper.

Die rechtliche Auseinande­rsetzung beschäftig­t auch die Mitarbeite­r der Illertisse­r Stadtverwa­ltung. „Man wird sehen müssen, was dabei herauskomm­t“, sagt Kämmerer Markus Weiß. Gegebenenf­alls könne auf neue Vorgaben reagiert werden. Grundsätzl­ich verfolge die Stadt die Strategie, Erbpachtve­rträge zu „sinnvollen Konditione­n“abzuschlie­ßen. Etwaige Zuschüsse würden über die Pacht gewährt. Falls eine neue rechtliche Lage es erfordert, könnte der Vertrag angepasst werden, so Weiß.

Im DAV laufen die Vorbereitu­ngen für die Halle auf Hochtouren – verschiede­ne Abteilunge­n und Gruppen arbeiteten daran mit, sagt Gamper. Die Vorfreude sei groß. „Wir sind eine eingeschwo­rene Gemeinscha­ft.“Von dem Rechtsstre­it lasse man sich bis auf Weiteres nicht beeinfluss­en. „Fallen gelassen wird das Projekt nicht“, sagt Gamper. Vielmehr werde man sich den Gegebenhei­ten anpassen.

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Foto: F. Wolfinger Auf diesem Grundstück soll die Illertisse­r Halle entstehen.

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