Trotz Rechtsstreit: Alpenverein hält an Kletterhalle fest
Kläger stellen Zuschüsse der öffentlichen Hand infrage. Das könnte sich auf das Projekt in Illertissen auswirken
Sind sie gemeinschaftsdienlich oder vielmehr ein florierendes Geschäftsfeld – diese Frage stellt sich aktuell bei den Kletterhallen, die der Deutsche Alpenverein (DAV) deutschlandweit betreibt. Und sie könnte auch in Illertissen eine Rolle spielen, wo demnächst eine Halle entstehen soll. Der Hintergrund: Ein Gericht in Darmstadt hat kürzlich angeordnet, dass der dortige Alpenverein seine Einrichtung als Gewerbebetrieb anmelden und ins Handelsregister eintragen lassen muss. Das könne Signalwirkung für ähnliche Projekte haben. Steuerrechtler bemängeln seit Jahren, dass Vereine in kommerzielle Gefilde vorstoßen. Ein Beispiel sind Turnvereine, die Fitnessstudios aufmachen. Ähnlich sehen Kritiker die Sachlage, wenn es um den DAV und seine Kletterhallen geht.
Das Problem: Damit die teuren Freizeitanlagen errichtet werden können, müssen Sponsoren die Kassen aufmachen. Oft kommen öffentliche Gelder hinzu – doch für Zuschüsse an die private Wirtschaft gelten strengere Vorgaben als für den Vereinssport. Sollten die Alpinisten ihre Hallen offiziell als Gewerbe betreiben, gingen ihnen Steuervorteile verloren. Genau das wollen private Betreiber erreichen, die faire Wettbewerbebedingungen fordern. In Berlin schwelt seit Jahren ein Rechtsstreit: Ein Unternehmer klagt, weil die Stadt der örtlichen DAV-Sektion ein großes Grundstück für eine kleine Miete überlassen habe.
In Illertissen verfolgen die DAVMitglieder mit großem Interesse, was sich deutschlandweit in Sachen Kletterhallen juristisch tut. „Wir haben das auf dem Schirm“, sagt Andreas Gamper, der mit den Planungen der Halle betraut ist. Probleme erwarte man nicht. „Wir lassen erst einmal auf uns zukommen, was in der Sache entschieden wird.“Und dann werde man sich nach der entsprechenden Gesetzeslage richten. „Das ist kein Problem.“
Vorgesehen sind in Illertissen, wie berichtet, ein Freiluft-Kletterturm, ein Vereinsgebäude samt Boulderhalle und Parkplätze. Die Kosten: rund 1,3 Millionen Euro. Entstehen soll das alles auf einem städtischen Grundstück, auf dem sich momentan eine stillgelegte Minigolfanlage befindet. Der DAV wird das Areal durch einen Erbrechtsvertrag nutzen können und im Gegenzug eine Art Miete bezahlen. Die Stadträte im Bauausschuss billigten die Entwürfe einstimmig, die Halle sei eine „tolle Sache“für Illertissen, hieß es. Gebaut werden soll laut DAV, sobald die Genehmigung durch das Landratsamt Neu-Ulm vorliegt, wohl im Frühjahr 2018. Die Bauzeit soll ein Dreivierteljahr betragen, die Alpenvereinsmitglieder wollen einiges in Eigenleistung stemmen, sagt Gamper.
Die rechtliche Auseinandersetzung beschäftigt auch die Mitarbeiter der Illertisser Stadtverwaltung. „Man wird sehen müssen, was dabei herauskommt“, sagt Kämmerer Markus Weiß. Gegebenenfalls könne auf neue Vorgaben reagiert werden. Grundsätzlich verfolge die Stadt die Strategie, Erbpachtverträge zu „sinnvollen Konditionen“abzuschließen. Etwaige Zuschüsse würden über die Pacht gewährt. Falls eine neue rechtliche Lage es erfordert, könnte der Vertrag angepasst werden, so Weiß.
Im DAV laufen die Vorbereitungen für die Halle auf Hochtouren – verschiedene Abteilungen und Gruppen arbeiteten daran mit, sagt Gamper. Die Vorfreude sei groß. „Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft.“Von dem Rechtsstreit lasse man sich bis auf Weiteres nicht beeinflussen. „Fallen gelassen wird das Projekt nicht“, sagt Gamper. Vielmehr werde man sich den Gegebenheiten anpassen.