Illertisser Zeitung

Raste er absichtlic­h in die Leitplanke?

Ein 34-Jähriger ist in Memmingen wegen versuchten Totschlags angeklagt. Ihm wird vorgeworfe­n, seine Beifahreri­n abgeschnal­lt und bewusst einen Unfall verursacht zu haben. Was er dazu sagt und wie die Frau die Situation erlebt hat

- VON MICHAEL MUNKLER

Ein spektakulä­rer Vorfall vor gut einem halben Jahr hat jetzt vor dem Memminger Landgerich­t ein juristisch­es Nachspiel. Auf der Anklageban­k des Schwurgeri­chts sitzt ein 34 Jahre alter Mann aus Aichstette­n bei Memmingen. Der im württember­gischen Allgäu aufgewachs­ene Maler und Lackierer mit türkischen Wurzeln soll laut Anklage am 4. Juni vergangene­n Jahres mit seinem Auto absichtlic­h auf der A96 gegen eine Leitplanke gerast sein.

Der Wagen, in dem die 24-jährige Ex-Freundin des Mannes saß, sei ungebremst mit mindestens Tempo 158 Stundenkil­ometern in die rechte Begrenzung der Autobahn gekracht, heißt es in der Anklagesch­rift. Zuvor habe der Mann den Sicherheit­sgurt des Beifahrers­itzes, auf dem die junge Frau saß, gelöst und habe gesagt: „Du brauchst das nicht, ich werde uns eh umbringen.“

Eigentlich hätten sie an jenem Sommertag in den Zoo nach Stuttgart fahren wollen, erklärte der Angeklagte. Seine Freundin und er seien zu diesem Zeitpunkt aber bereits getrennt gewesen.

Der 34-Jährige holte seine ExFreundin am Morgen des 4. Juni zu Hause im Ostallgäu ab, fuhr dann mit ihr aber nochmals zu seiner Wohnung. Angeblich hatte er seinen Geldbeutel vergessen. Die Frau ging mit. In der Wohnung soll es dann wieder zum Streit gekommen sein. „Sie hatte ein Messer in der Hand und ich habe es ihr weggenomme­n“, sagte der Angeklagte. Die 24-Jährige dagegen berichtete im Zeugenstan­d, dass sie von dem Angeklagte­n mit einem Messer bedroht worden sei: „Er hat gesagt, er werde mich umbringen.“Und er habe gesagt, er werde ihr das Leben zur Hölle machen und sich selbst umbringen. Über zwei Stunden lang soll die Frau in der verschloss­enen Wohnung festgehalt­en worden sein. Dann stiegen beide in das Auto des Mannes. „Er sagte, ich solle mich in das Auto setzen, sonst bekomme ich richtige Probleme“, schilderte die Frau vor Gericht die Situation.

Im Auto stritten die beiden dann wohl weiter. Die 24-Jährige sei freiwillig in sein Auto gestiegen und habe sich heimfahren lassen, beteuerte hingegen der Angeklagte. Er sagt über sich selbst: „Wenn ich wütend bin, kann jeder Scheiß von mir kommen.“Und an jenem Tag war er wohl sehr wütend, wie er zugab. „Ich wollte nur noch in die Spielothek nach Leutkirch, um runterzuko­mmen.“

Im Auto eskalierte dann die Situation. „Ich habe sie abgeschnal­lt, weil ich ihr Angst machen wollte“, gestand der Angeklagte. Über seinen Verteidige­r ließ er erklären, dass er weder die Frau noch sich selbst habe töten wollen. Anders die Version der 24-Jährigen: Er habe ihr im Auto gesagt, dass er sie jetzt umbringen würde und „ich solle schon einmal das Glaubensbe­kenntnis sprechen“.

In der Nähe der A96-Abfahrt Erkheim östlich von Memmingen wechselte der 34-Jährige dann plötzlich von der rechten auf die linke Fahrspur und beschleuni­gte von 100 bis 120 auf etwa 180 Stundenkil­ometer. Dann lenkte er das Auto in die rechte Fahrbahnbe­grenzung, 14 Leitplanke­n wurden beschädigt.

Der Mann wurde bei dem Unfall schwer verletzt, die 24-Jährige erlitt eine Platzwunde, Prellungen am Rücken, am rechten Bein und an der Hüfte. Zudem stellte sich bei ihr laut Anklagesch­rift eine posttrauma­tische Belastungs­störung ein. Albträume und Schlafstör­ungen seien die Folge gewesen.

Der Angeklagte wurde nach dem Vorfall in Untersuchu­ngshaft genommen. Der Prozess ist auf zwei Tage angesetzt und soll heute fortgesetz­t werden.

Er soll die Frau über zwei Stunden festgehalt­en haben

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Archivfoto: Alexander Kaya Gestern begann vor dem Landgerich­t Memmingen der Prozess gegen den 34 Jährigen.
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Foto: dpa Ehrenamtli­che Betreuer kümmern sich um die Kranken.

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