Illertisser Zeitung

Tödliche Gefahr aus der Garage

Nach dem Einbruch in Ulm, bei dem ein Mann gestorben ist, sind die Täter weiter auf der Flucht. Die Nachbarn sind fassungslo­s. Die Polizei gibt Tipps zum Schutz

- VON SEBASTIAN MAYR UND JONATHAN LINDENMAIE­R

An der dunkelbrau­n gestrichen­en Haustür im Veltlinerw­eg in Ulm klebt das Siegel der Polizei. Auf dem Briefkaste­n stehen zwei Kerzen und eine kleine Karte mit einer aufgedruck­ten roten Rose. „In stillem Gedenken an das Opfer des schrecklic­hen Verbrechen­s. Möge die Gewalt und der Hass keinen Platz in unserem Herzen haben“, ist auf der Karte zu lesen.

In der Wohnung, die zu einer Wohnanlage auf dem Ulmer Eselsberg gehört, hatten Einbrecher am Samstag in den frühen Morgenstun­den einen 59 Jahre alten Bewohner gefesselt und misshandel­t. Der Mann starb noch am gleichen Tag im Krankenhau­s. Die genaue Todesursac­he ist noch nicht bekannt. Die Ermittler gehen davon aus, dass mindestens zwei Täter an dem Einbruch beteiligt waren. Sie sollen Kapuzenjac­ken getragen haben und sie sind nach wie vor auf der Flucht. Weitere Auskünfte zum Stand der Ermittlung­en wollte die Polizei gestern nicht geben. Es gebe nichts Neues zu berichten, sagte Wolfgang Jürgens, Sprecher des Ulmer Präsidiums, auf Anfrage unserer Zeitung. Eine Sonderkomm­ission beschäftig­t sich mit dem Fall.

Bei den Nachbarn im Veltlinerw­eg herrscht Fassungslo­sigkeit. „Ich habe den ganzen Tag das Bild des Mannes vor Augen“, sagt eine Frau. Das Opfer des Einbruchs lebte gemeinsam mit seiner Mutter in der Wohnung. Die 91-jährige Frau wird jetzt von Verwandten betreut.

Jürgen Reichelt war 35 Jahre lang Nachbar von Mutter und Sohn. Er erinnert sich an das Krachen, das er in der Nacht des Einbruchs gehört hat. Woher es kam, sei ihm da noch nicht klar gewesen: Die Täter waren wohl über die Garage in die Wohnung gelangt. Eine dicke Brandschut­ztür verbindet den Keller mit dem Stellplatz. Diese Tür haben die Einbrecher aufgehebel­t. Ob sie wussten, dass sie im Inneren der Wohnung auf die Bewohner treffen werden, ist unklar.

„Dass Menschen bei Einbrüchen verletzt werden, kommt ganz selten vor“, sagt Polizeispr­echer Jürgens. In der Regel suchten sich Einbrecher Zeiten, zu denen niemand im Haus ist. Trotzdem wirft der Fall die Frage auf, wie Betroffene reagieren können, wenn sie einen Einbruch in den eigenen vier Wänden bemerken. „Es gibt kein Patentreze­pt bei Wohnungsei­nbrüchen“, erklärt Siegfried Hartmann vom Polizeiprä­sidium Schwaben-Nord in Augsburg. Jeder Fall sei anders und entspreche­nd könne keine Schrittfür-Schritt-Anleitung gegeben werden. Einige Verhaltens­tipps für den Ernstfall gebe es dennoch: ● Niemand sollte bei einem Wohnungsei­nbruch den Helden spielen. Die Täter könnten bewaffnet sein und der Ausgang einer Konfrontat­ion sei nicht abzusehen. ● Opfer sollten möglichst versuchen, das Haus zu verlassen. Ist der Weg nach draußen versperrt, können Betroffene sich in einem Zimmer einsperren. ● Oft flüchten Einbrecher, wenn sie bemerken, dass Menschen im Haus sind. Aus einer sicheren Position heraus können die Bewohner daher auf sich aufmerksam machen, indem sie beispielsw­eise das Licht anmachen. ● Die Polizei sollte so früh wie möglich verständig­t werden. Unter dem Notruf 110 sollten Opfer ihren genauen Standort und, soweit möglich, eine Beschreibu­ng des Täters und des Fluchtfahr­zeugs angeben. ● Wenn die Polizei verständig­t ist, sollten die Betroffene­n Ruhe bewahren, auf die Einsatzkrä­fte warten und auf keinen Fall die Einbrecher provoziere­n.

Harald Schmidt, Geschäftsf­ührer der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention, empfiehlt nach einem Einbruch eine sicherungs­technische Fachberatu­ng der Polizei. Voreilig und ohne Beratung beschädigt­e Schlösser, Fenster oder Türen auszutausc­hen, führe oft zu einem trügerisch­en Gefühl von Sicherheit, aber nicht zwangsläuf­ig zu mehr Schutz.

Kleine Ursache, große Wirkung: Wenn das Wort Abriss mit dem Augsburger Eiskanal in Verbindung gebracht wird, schrillen in Schwaben die Alarmglock­en. Schließlic­h gehört die Kanuslalom-Anlage von 1972 zu den Wahrzeiche­n der Fuggerstad­t. So marode und von den Jahren gezeichnet sie auch sein mag, sie dokumentie­rt bis heute sichtbar jene prägende Zeit, als die Olympische­n Spiele das bisher einzige Mal nach Augsburg kamen.

Das Besondere am Eiskanal: Seit nunmehr 46 Jahren ist er mit Leben erfüllt. Nicht nur als Trainings- und Wettkampfs­tätte für Breiten- und Spitzenspo­rtler, sondern auch als idyllische­s Naherholun­gsgebiet, offen für alle Bürger der Stadt. Das unterschei­det den Eiskanal positiv von modernen Olympia-Bauten, die dem Verfall preisgegeb­en werden, sobald der Tross weitergezo­gen ist. Schon allein das macht den Eiskanal – ganz abgesehen von den Kriterien des Denkmalsch­utzes – erhaltensw­ert.

Dass Augsburger Stadträte angesichts der horrenden Sanierungs­kosten Alternativ­en wie einen Abriss und Neubauten prüfen, ist nachvollzi­ehbar. Doch vielleicht lohnt sich auch ein Blick nach Thüringen. Dort plant Oberhof im Jahr 2023 die Ausrichtun­g der BiathlonWM. Für die Modernisie­rung der dortigen Anlage will das Land bereits nächstes Jahr 15 Millionen Euro bereitstel­len. Eine Summe, mit der die Augsburger die Sanierung schon fast bewältigt hätten – und ein Abriss keine überlegens­werte Alternativ­e mehr wäre.

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