Warum einige Eltern auf dieses Grundstück hoffen
Menschen mit Handicap sollen in Vöhringen auch im Alter möglichst eigenständig leben können. Dafür ist in der Stadt eine Wohnanlage mit 16 Plätzen geplant. Spatenstich könnte Ende des Jahres sein
Renate Ernst ist die Freude anzusehen. „Endlich rückt etwas in greifbare Nähe, auf das wir schon jahrelang hoffen und warten.“Mit „wir“meint die Vorsitzende des Arbeitskreises für Menschen mit Behinderungen diejenigen Eltern, die ein Kind haben, das in irgendeiner Form gehandicapt ist. Sie selbst ist Mutter einer behinderten Tochter. So ist die Nachricht vom betreuten Wohnen, das in Vöhringen in absehbarer Zeit möglich sein wird, eine große Erleichterung für sie und für viele andere Familien. 16 Plätze für behinderte Menschen sollen geschaffen werden. Ein Projekt, für das sich Ernst schon lange einsetzt.
Der Weg bis heute war lang und steinig. Die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung, in der behinderte Menschen mit Betreuung ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben führen können, wurde schon lange von Stadt und Bezirk befürwortet. Mit dem Dominikus-Ringeisen-Werk mit Sitz in Ursberg fand man schließlich einen erfahrenen Träger und Partner. Als Knackpunkt sollte sich dann aber die Grundstücksfrage erweisen.
Ein Areal – im Norden der Grundschule-Nord gelegen und im Besitz der Kirche – wurde zunächst ins Auge gefasst. Wie der Vöhringer Pfarrer Martin Straub vor etwas mehr als einem Jahr sagte, bestehe grundsätzlich Bereitschaft, das Areal für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen, allerdings auf Basis von Erbpacht. Das heißt: Das Grundstück würde auf 99 Jahre verpachtet. Ein Verkauf war aus stiftungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Für das Ringeisen-Werk kam allerdings nur ein Kauf des Areals in Frage.
In die Überlegungen, wie weiter vorgegangen werden konnte, mischte sich dann der Wunsch der Stadt Vöhringen nach mehr Wohnraum. Es wurde ein neues Wohngebiet zwischen Falkenstraße und Storchenweg ausgewiesen. Auf diesem Areal gab es auch Grund und Boden, der im Besitz der Stadt war. Damit zeichnete sich eine Lösung ab.
Bürgermeister Karl Janson spricht jetzt davon, dass das Vorhaben „auf der Zielgraden“sei. Will heißen: Die Verhandlungen über den Verkauf des städtischen Grundstücks an das Ringeisen-Werk sind erfolgreich abgeschlossen. Die notarielle Beurkundung steht zwar noch aus, aber der Auftrag für den notariellen Entwurf ist bereits in Auftrag geben. Wenn das Siegel mit Unterschrift unter dem Vertrag steht, heißt das grünes Licht für das Wohnbauprojekt.
Hans-Dieter Srownal, Vorstandsvorsitzender des Dominikus-Ringeisen-Werks, fasst es so in Worte: „Die Sache ist in trockenen Tüchern, es bedarf nur noch des offiziellen Bandls, das um die Tücher gewickelt wird.“Mit der Zusammenarbeit mit der Stadt Vöhringen und den Preisverhandlungen ist Srownal zufrieden: „Wir haben uns mit der Stadt über den Kaufpreis sehr gut verständigen können.“Es habe zwar alles seine Zeit gebraucht, aber jetzt sei man zuversichtlich, dass der Vertrag bald unterschriftsreif sein wird. Mit „vorsichtigem Optimismus“spricht Srownal von Anfang März. Ist der Vertrag unterschrieben, geht die Einrichtung in die Planung. Ebenso vorsichtig plant Srownal mit einem Spatenstich Ende des Jahres. Vorausplanungen habe es bereits gegeben. „Denn auch wir sind an einer schnellen Verwirklichung interessiert.“Im nahe gelegenen Caritas-Centrum Illersenio sehen Janson und Srownal einen Vorteil, um Synergie-Effekte nutzen zu können.
Sehr früh hat sich auch der Bezirk Schwaben in das Projekt eingeschaltet. Bezirksrat Herbert Pressl erklärt dazu: „Der Bedarf ist da. Das Projekt wird betroffenen Menschen die Möglichkeit geben, in ihrer angestammten Heimat und gewohntem Umfeld bleiben zu können, was kurze Wege und enger Kontakt zu den Familien bedeutet.“Pressl verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Wohnheim für behinderte Menschen in Illertissen mit 24 Plätzen. Arbeit und Beschäftigung bietet der Verein Lebenshilfe Donau-Iller in seinen Werkstätten einschließlich der Förderstätte. „Die sind schon seit 2016 durch den Bezirk Schwaben bewilligt. Damit wird Vöhringen die erste, vom Bezirk Schwaben geförderte soziale Einrichtung erhalten.“
Renate Ernst gilt als große Vorkämpferin in dieser Sache, wie vonseiten der Stadt, dem RingeisenWerk wie auch vom Bezirk anerkannt wird. Die 74-Jährige beschäftigt der Gedanke, was aus den Kindern wird, wenn ihre Eltern nicht mehr für diese sorgen können, schon seit vielen Jahren. „Es war ein langer Weg, aber jetzt ist das Ziel in Sicht.“Und sie denkt optimistisch: „Vielleicht schafft man die Fertigstellung bis 2020.“