Illertisser Zeitung

Fast drei Jahre Haft für Sextäter von Weißenhorn

Ein 20-Jähriger beging sechs Übergriffe auf Frauen. Zwei seiner Opfer leiden noch immer unter den Folgen

- VON WOLFGANG KAHLER

Mehrere Tage hielt eine Serie von Sex-Angriffen auf Frauen Ende Juni Weißenhorn in Atem. Als mutmaßlich­er Täter wurde ein 20-jähriger Iraker identifizi­ert und festgenomm­en. Der junge Mann wurde vom Memminger Jugendschö­ffengerich­t nun zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zwei seiner Opfer leiden immer noch unter den Folgen der Übergriffe.

Der Angeklagte machte einen etwas unbedarfte­n Eindruck, als er aus der Untersuchu­ngshaft mit Handfessel­n zur Verhandlun­g gebracht wurde. Nach Angaben der Staatsanwä­ltin radelte er am 28. Juni gegen 14 Uhr am Weißenhorn­er Freibad an einer 40-jährigen Mutter vorbei und fasste ihr von hinten ans Gesäß. Nur eine Stunde später schlug er bei einer 48-Jährigen so fest zu, dass diese auf ihrem Gesäß einen „schönen Abdruck“hatte, wie sie aussagte. Noch am selben Abend gegen 21.45 Uhr griff der Iraker im Stadtpark einer Frau beim Vorbeigewa­ltigung. radeln an die Brust. Die 66-Jährige sagte vor Gericht, sie sei heute immer noch beunruhigt, wenn sie durch den Park laufe.

Einen Tag später berührte der junge Mann eine 75-Jährige im Stadtzentr­um an Haaren und Brust. Bedeutend heftiger war nur eine halbe Stunde später der Angriff auf eine 73-Jährige. „Er kam mir auf dem Rad entgegen“, schilderte sie den Vorfall, als sie in Badeanzug und Kleid auf dem Weg zum Freibad war. Dann spürte sie plötzlich seine Hand an Oberschenk­el und Badehose. Mit der anderen Hand drückte er ihren Hals, „sodass ich nicht schreien konnte“, sagte die Frau. Sie habe Angst gehabt, trotzdem gelang es ihr, den „kleinen, schmächtig­en Mann“wegzuschub­sen. Bereits am nächsten Tag schlug der 20-Jährige erneut zu. In Grafertsho­fen traf er gegen 18 Uhr auf eine 57-Jährige, der er 100 Euro für Sex anbot. Als die Frau nicht darauf einging, riss er sie zu Boden, legte sich auf sie und fuhr mit einer Hand unter ihren BH. Dann zog er ihr den Schlüpfer herunter und berührte sie unsittlich. Kurz danach ließ er aber von ihr ab und flüchtete. Stockend sagte die 57-Jährige in Begleitung einer Mitarbeite­rin der Ulmer Frauennoth­ilfe aus. Als Folge des Angriffs hatte sie deutliche Hämatome an der Brust, Schürfwund­en von Fingernäge­ln am Arm und eine Verletzung am After. Der Vorfall belastet die Frau nach wie vor sehr. Nach eigenen Angaben litt sie schon zuvor unter Depression­en. Der Angeklagte gestand über einen Dolmetsche­r die sexuellen Belästigun­gen und die Ver- Er habe in diesen Tagen reichlich Alkohol getrunken, weil er mit seiner persönlich­en Situation nicht zurechtgek­ommen sei. Der Iraker war vor 2015 über die Türkei und Griechenla­nd nach Deutschlan­d gekommen und schlug sich hier mehr oder weniger durch, unter anderem mit kleineren Delikten. Während seiner sechsmonat­igen Untersuchu­ngshaft habe er sich geändert und sehe ein, dass „Frauen auch Menschen sind“, wie er auf Nachfrage seines Rechtsanwa­lts Yalcin Tekinoglu aus Heidelberg sagte. Er entschuldi­gte sich in der Verhandlun­g bei den Opfern.

Doch mit seinem Geständnis kam der 20-Jährige nicht durch. In seinem Vorstrafen­register ist bereits im November 2016 in Heidelberg ein Sexualdeli­kt vermerkt. Ein Sachverstä­ndiger hatte zudem festgestel­lt, dass der Angeklagte zur Tatzeit keinen Rausch hatte und eine vermindert­e Steuerungs­fähigkeit nicht vorliege. Bianca Ullrich von der Jugendgeri­chtshilfe bescheinig­te dem 20-Jährigen erhebliche Reiferücks­tände und hielt die Anwendung des Jugendstra­frechts für sinnvoll.

Die Staatsanwä­ltin forderte für die Taten drei Jahre Gefängnis. Das war Verteidige­r Tekinoglu zu viel. Sein Mandant sei nur wegen der sexuellen Übergriffe zu verurteile­n, eine Vergewalti­gung im strafrecht­lichen Sinne sei nicht erfolgt. Er habe vielleicht etwas anderes gewollt, aber sofort von seinem Versuch abgelassen. Tekinoglu forderte eine Haftstrafe von maximal zwei Jahren, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne, um ihm eine zweite Chance zu geben.

Im Urteil blieb das Schöffenge­richt mit zwei Jahren und zehn Monaten knapp unter dem Antrag der Staatsanwä­ltin: „Rauslassen können wir dich nicht“, sagte der Vorsitzend­e Richter Markus Veit. Der letzte Fall der Serie sei der gravierend­ste gewesen und für so ein Verbrechen betrage die Mindeststr­afe zwei Jahre. Noch ist das Urteil nicht rechtskräf­tig. Anwalt Tekinoglu kündigte gegenüber unserer Zeitung an, dass er in Berufung gehen wolle.

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Symbolfoto: Alexander Kaya

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