Illertisser Zeitung

Was die GroKo Pläne für die Zukunft bedeuten

Die potenziell­en Koalitionä­re fassen erhebliche Investitio­nen, aber auch Entlastung­en für die Bürger ins Auge

- VON MARTIN FERBER

CDU, CSU und SPD sind sich einig: „Wir wollen sichern, was gut ist, aber gleichzeit­ig den Mut zur Erneuerung und Veränderun­g beweisen“, heißt es in der Präambel des 28-seitigen Sondierung­spapiers, auf das sich die Delegation­en der drei Parteien nach mehr als 24-stündigen Verhandlun­gen am frühen Freitagvor­mittag geeinigt haben. Das Wahlergebn­is habe gezeigt, „dass viele Menschen unzufriede­n waren“. Daraus werde man „die entspreche­nden Schlüsse“ziehen. ● Steuererhö­hungen für Bezieher großer Einkommen, wie von der SPD gefordert, wird es nicht geben. Der Spitzenste­uersatz bleibt bei 42 Prozent und bei 45 Prozent ab 250 000 Euro. Der „Soli“wird bis 2021 schrittwei­se um 10 Milliarden Euro gesenkt – allerdings kommt dies zunächst nur den Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen zugute. Den potenziell­en Koalitionä­ren hilft, dass der Bundeshaus­halt voraussich­tlich einen Überschuss von 5,3 Milliarden Euro für das Jahr 2017 aufweist. Zudem soll die Abgeltungs­steuer von 25 Prozent fallen. Zinserträg­e sollen wieder nach dem persönlich­en Steuersatz belastet werden. ● Das Kindergeld wird in zwei Schritten um 25 Euro pro Monat erhöht – ab 1. Juli 2019 gibt es zehn Euro mehr, ab 1. Januar 2021 noch einmal 15 Euro mehr. Entspreche­nd steigt der steuerlich­e Freibetrag. Für einkommens­schwache Familien wird der Kinderzusc­hlag erhöht. Um das Betreuungs­angebot für Familien mit Kindern zu verbessern, wird ein Rechtsansp­ruch auf Ganztagesb­etreuung im Grundschul­alter geschaffen. ● Das Kooperatio­nsverbot wird gelockert, mit einem nationalen Bildungsra­t, einer gemeinsame­n Einrichtun­g des Bundes und der Länder, sollen die Bildungsch­ancen von Kindern verbessert werden. Zudem will der Bund mehr Mittel bereitstel­len, um die Länder bei ihren Investitio­nen in die Schulen zu unterstütz­en, nicht nur bei der baulichen Sanierung, sondern künftig auch bei Betreuungs­angeboten und der Digitalisi­erung. ● Um Fahrverbot­e in den Innenstädt­en zu verhindern, soll der Bund mehr Geld für den Ausbau des öffentlich­en Personenna­hverkehrs sowie zur Förderung der Elektromob­ilität bereitstel­len. ● Union und SPD bekennen sich zwar zu den Klimaziele­n von Paris, räumen aber indirekt ein, dass die selbst gesteckten Ziele bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes bis 2020 nicht erreicht werden können. Die Lücke soll allerdings „so schnell wie möglich“geschlosse­n werden, unter anderem durch einen stärkeren Ausbau der erneuerbar­en Energien. Eine vorzeitige Abschaltun­g von Kohlekraft­werken ist nicht vorgesehen. Zudem hatte die Kritik an Union und SPD dazu gebracht, ihren Kompromiss zum Klimaschut­z zu überarbeit­en. Der umstritten­e Satz „Das kurzfristi­ge Ziel für 2020 wird aus heutiger Sicht nicht erreicht werden“, der in einem Arbeitspap­ier gestanden hatte, wurde gestrichen – ebenso der Satz, dass man dieses Ziel „Anfang der 2020er Jahre“erreichen wolle. Stattdesse­n heißt es nun: „Die Handlungsl­ücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 wollen wir so schnell wie möglich schließen.“Wie, soll eine Kommission bis Ende 2018 klären. ● Wie bereits im bisherigen Koalitions­vertrag vereinbart, soll es künftig ein Recht auf befristete Teilzeit und somit einen Anspruch auf eine Rückkehr auf Vollzeit geben, allerdings erst bei Unternehme­n mit mehr als 45 Mitarbeite­rn. Union und SPD bekennen sich zum Ziel der Vollbeschä­ftigung und wollen mit einem „ganzheitli­chen Ansatz“150000 Langzeitar­beitslosen Perspektiv­en eröffnen. Der Beitrag zur Arbeitslos­enversiche­rung soll um 0,3 Prozentpun­kte gesenkt werden. Die Sozialabga­ben – das war eine zentrale Forderung der Union – sollen unter 40 Prozent stabilisie­rt werden. Ein „Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz“soll den Zuzug ordnen und steuern. ● Um die Wohnungsno­t zu beheben, sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen vor allem in Ballungsrä­umen gebaut werden. Das Wohngeld wird angepasst. Um den Mietpreisa­nstieg zu dämpfen, wird die Modernisie­rungsumlag­e auf die Mieter gesenkt. ● Die Zahl der Polizisten soll um 15 000 steigen, 7500 im Bund, 7500 in den Ländern. Zudem sollen 2000 neue Stellen in der Justiz geschaffen werden. Um Zonen unterschie­dlicher Sicherheit zu verhindern, soll ein Musterpoli­zeigesetz erarbeitet werden, auch beim Umgang mit terroristi­schen Gefährdern soll es Standards und klare Zuständigk­eitsregeln geben. ● Die Ausgaben für die Bundeswehr sollen erhöht werden, allerdings findet sich das Zwei-Prozent-Ziel der Nato im Sondierung­sergebnis nicht. Die Rüstungsex­porte will die Koalition weiter begrenzen, die Bundesregi­erung wird „ab sofort“keine Ausfuhren an Länder genehmigen, die sich am Jemen-Krieg beteiligen. Das betrifft vor allem Saudi-Arabien. ● Die möglichen Koalitions­partner wollen den „flächendec­kenden Ausbau mit Gigabit-Netzen bis zum Jahr 2025 erreichen”. Gefördert werden sollen aber nur „Ausbauschr­itte, die mit Glasfasert­echnologie ausgebaut werden”. ● Die Europäisch­e Union und die Eurozone sollen umfassend reformiert werden. Um die EU finanziell zu stärken, ist Deutschlan­d bereit, mehr Geld in den EU-Haushalt zu zahlen.

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Foto: Maurizio Gambarini, dpa Frisch gedruckt: Stapelweis­e wurden gestern in Berlin Kopien des 28 seitigen Son dierungspa­piers an die Presse verteilt.
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Foto: Bernd Weissbrod, dpa Auf Krankenver­sicherte kommen Entlas tungen zu.
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