Illertisser Zeitung

Wo Tiefenbach­er Abschied nehmen

Die neue Aussegnung­shalle ist offiziell eröffnet worden. Warum der Bau notwendig war

- VON JENS CARSTEN

Mit der neuen Aussegnung­shalle ist für die Tiefenbach­er ein lange ersehnter Wunsch in Erfüllung gegangen: Denn nun sind auf dem neuen Friedhof würdige Trauerfeie­rn möglich, hieß es am Freitag bei einer Feier zur offizielle­n Eröffnung des Gebäudes. Zuvor hatten die Angehörige­n in einem halb offenen – und deshalb an einen Carport erinnernde­n – Gebäude Abschied nehmen müssen, ungeschütz­t vor Wind und Wetter. Diese Zeiten sind vorbei: Die innerhalb von einem Jahr entstanden­e Aussegnung­shalle bietet Platz für Dutzende Personen und damit ausreichen­d Raum für gut besuchte Zeremonien. Am Freitag war das rund 420000 Euro teure Gebäude das erste Mal voll besetzt – der Andrang war so groß, dass einige Besucher stehen mussten.

Das Provisoriu­m, also das alte Gebäude, sei für alle Beteiligte­n „eher strapazier­end“gewesen, sagte Gerhard Leopold, der Vorsitzend­e des Tiefenbach­er Vereinsrin­gs. Er erinnerte an Trauerfeie­rn, die im Regen abgehalten werden mussten. Der neue Standort sei viel besser, die Halle füge sich optisch gut in die Umgebung ein. Lob gab es von Leopold für die Gedenktafe­l an der Südseite des Gebäudes: Auf ihr finden sich die Namen der ehemaligen Tiefenbach­er Bürgermeis­ter bis zum Jahr 1978, als die selbststän­dige Gemeinde zu Illertisse­n kam.

Der Tod gehöre zum Leben dazu – dieser Satz komme einem leicht über Lippen, stellte der katholisch­e Pfarrer Andreas Specker fest. Wenn es aber konkret um das Ende geht, werde es schwierig, so der Geistliche. Die Bauten der neuen Aussegnung­shallen in Tiefenbach und Illertisse­n – die der Vöhlinstad­t wird wohl erst im Herbst fertig sein – deuteten auf einen Bewusstsei­nswandel hin, sagte Specker. Abschied zu nehmen, gehöre zur hiesigen Kultur dazu: Der Tod verschwind­e eben nicht dauerhaft dadurch, dass man ihn in Räume verbanne, mahnte Specker. Vielmehr sei er durch die Auferstehu­ng vom Leben überwunden worden. Diesen Gedanken griff sein evangelisc­her Kollege Hans-Joachim Scharrer auf: Bei „aller Freude über das neue Haus“stellte er eine Aussage des Theologen Dietrich Bonhoeffer ins Zentrum seiner Ausführung – demnach sei alles auf Erden nur vorläufig und das Endgültige finde sich erst im Himmel. In diesem Sinne sei die Aussegnung­shalle „nicht das Letzte, aber das Vorletzte“, so Scharrer. Er freue sich, draußen am Gebäude das Kreuz zu sehen. Im Inneren vermisse er das christlich­e Symbol jedoch. Unter dem Kreuz wähle der Redner seine Worte mit Bedacht, sagte Scharrer. Die Geistliche­n segneten die Halle.

Bürgermeis­ter Jürgen Eisen würdigte das Engagement der Tiefenbach­er, die sich für das Gebäude starkgemac­ht hätten. Man habe zwar durchaus aufs Geld geschaut und „nichts vergoldet“. Allerdings sei ein angemessen­es Gebäude entstanden, das Geld gut investiert. „Das sind wir den Toten schuldig“, sagte Eisen. Wenngleich es natürlich sei, die Gedanken an den Tod aus dem Alltag zu verdrängen. „Ansonsten könnte man das Leben wohl nicht leben“, so Eisen. Allerdings sei es wichtig, zu wissen, dass einem der Tod jederzeit begegnen könne.

Mit vielstimmi­g vorgetrage­nen Liedern gestaltete die Singgemein­schaft den eindrucksv­ollen Musikteil des Festakts.

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Fotos: Florian Holley Ein würdiger Ort, um Abschied zu nehmen: Am Freitag ist die neue Aussegnung­shalle auf dem Tiefenbach­er Friedhof offiziell in Betrieb genommen worden. Der Bau hatte ein Jahr gedauert und etwa 420000 Euro gekostet.
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Volles Haus: Die Pfarrer Andreas Specker (links) und Hans Joachim Scharrer segne ten das Gebäude.
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