Ehrmann produziert bald zwischen Palmen
Das Unternehmen aus Oberschönegg hat Anteile einer Molkerei in Brasilien gekauft. Wie es dazu kam
Die Firma Ehrmann wird sich vergrößern. Das Unternehmen aus Oberschönegg hat Anteile an einer brasilianischen Molkerei erworben. Das teilte das Unternehmen kürzlich mit. Der südamerikanische Staat ist damit nach den USA und Russland das dritte Land, in dem Ehrmann ausländische Produktionsstandorte betreibt.
Ehrmann habe sich bereits seit Jahren mit Brasilien beschäftigt, sagt Jürgen Taubert, der bei Ehrmann zur Geschäftsleitung gehört und für Vertrieb und Marketing zuständig ist. „Brasilien ist eines der größten Milchländer weltweit.“Mit mehr als 208 Millionen Einwohnern sei es auch ein großer Absatzmarkt. Dabei sei etwa der Pro-Kopf-Verbrauch an Joghurt, verglichen mit dem in Deutschland, bisher eher gering. In Brasilien liege dieser bei etwa sechs Kilogramm pro Jahr, in Deutschland würden rund 16 Kilogramm verspeist. Vorstandsmitglied Taubert geht aber davon aus, dass diese Zahl in Brasilien weiter wachsen wird. Das südamerikanische Land sei auch deshalb ein sinnvoller Investitionsstandort, weil der Markt in dem Schwellenland stärker wächst als beispielsweise in Deutschland. Auch sei er in Brasilien noch nicht so stark konsolidiert, erklärt Taubert. Das bedeutet, sowohl auf Produzenten- als auch auf Abnehmerseite gibt es noch viele kleine und mittelgroße Unternehmen, mit denen Ehrmann zusammenarbeiten könnte. „In Deutschland haben wir praktisch nur noch vier bis fünf Kunden“, sagt Taubert. Das seien ebenjene Unternehmensgruppen, zum Beispiel die Edeka-, Rewe- oder Metro-Gruppe, denen verschiedene Supermarktketten in Deutschland gehören.
In Brasilien wird Ehrmann zukünftig mit der Molkerei Trevo Lacteos zusammenarbeiten. Die Aktiengesellschaft hat ihren Sitz in Sete Lagoas, rund 400 Kilometer nördlich von Rio de Janeiro. Mithilfe lokaler Spezialisten, die sich in der brasilianischen Milchbranche gut auskennen, habe Ehrmann nach einem passenden Geschäftspartner gesucht, sagt Taubert. In Trevo habe man diesen gefunden. Mit 275 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 180 Millionen Brasilianischen Real, umgerechnet rund 50 Millionen Euro, bezeichnet Taubert das Unternehmen als eine Molkerei mittlerer Größe. Im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais zählt Trevo damit aber zu den größten milchverarbeitenden Betrieben, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Beson- in den Bereichen Joghurt und Milchgetränke ist die brasilianische Aktiengesellschaft laut Pressemitteilung gut aufgestellt. Gerade die Milchgetränke seien bei den Brasilianern besonders beliebt, sagt Taubert. Stark nachgefragt würden dort auch Produkte speziell für Kinder und Fruchtjoghurt. Trevo ist, ebenso wie Ehrmann, ein Familienunternehmen.
Der Vorstandsvorsitzende Christian Ehrmann beschreibt in einer Pressemitteilung die aktuelle Firmenstrategie Ehrmanns: Die Marktposition in Deutschland soll gestärkt werden, gleichzeitig soll das Unternehmen international wachsen. Konkrete Pläne für weitere Joint Ventures, Geschäftsübernahmen oder Ähnliches in Brasilien gebe es laut Geschäftsleitungsmitglied Taubert derzeit nicht. „Wir konzentrieren uns zunächst auf Trevo.“Mitarbeiter aus dem Allgäu will Ehrmann nicht nach Südamerika schicken. Wie auch die anderen ausländischen Produktionsstandorte in den USA und Russland sei diese Molkerei bereits ein gut funktionieders rendes Unternehmen. Das Tagesgeschäft bleibt daher weiterhin in der Hand des bisherigen ManagementTeams, also bei der Gründerfamilie des Unternehmens.
Auch in Oberschönegg selbst wird es bei Ehrmann bald eine Änderung geben. Markus Fehr übernimmt zum 1. März den Posten als Leiter des Bereichs Produktion und Technik von Heiko Modell und steigt damit in die Geschäftsleitung ein. Modell verlässt das Unternehmen nach 15 Jahren. Fehr arbeitete zuvor für die Hochland-Gruppe.