Illertisser Zeitung

Der Anti-Diplomat

Tschechien­s Präsident Milos Zeman ist kein Mann des Ausgleichs. Er provoziert und polarisier­t gerne. Trotzdem hat er gute Chancen, im Amt zu bleiben

- (dpa)

Milos Zeman gibt sich gerne als Volkstribu­n und Kämpfer für den kleinen Mann. Der tschechisc­he Präsident ist ein erfahrener Veteran des Politikbet­riebs, der den anderen oft einen Schachzug voraus ist. Der 73-Jährige gilt aber auch als nachtragen­d – und er hat keine schlechten Chancen, im Amt zu bleiben. Die erste Runde der Wahl am Wochenende hat er klar gewonnen. Am 26. und 27. Januar findet die Stichwahl gegen den parteilose­n Chemieprof­essor Jiri Drahos statt.

Mit Zeman steht ein Mann an der Spitze des Staates, den man durchaus als Anti-Diplomaten bezeichnen kann. Kein staatstrag­ender Typ, der um Ausgleich bemüht ist. Keiner, der vermittelt. Sondern einer, der polarisier­t. Der studierte Ökonom war bis 2002 Ministerpr­äsident für die Sozialdemo­kraten, verließ die Partei aber später im Streit. Selbst Weggefährt­en sind sich einig, dass er ins nationalis­tische, rechte Lager abgedrifte­t ist. Den Islam nannte er einmal eine „Religion des Hasses“. Deutschlan­d habe die Migranten eingeladen und müsse die Verantwort­ung dafür übernehmen, forderte er anlässlich eines Besuchs von Angela Merkel in Prag. Die EUQuoten zur Umverteilu­ng von Asylbewerb­ern gehörten auf den „Müllhaufen der Geschichte“.

Mit seiner zweiten Frau und früheren Assistenti­n Ivana ist Zeman seit 1993 verheirate­t. Als er die Tschechen vor anderthalb Jahren aufrief, sich zum Schutz vor Terroriste­n zu bewaffnen, machte sie den Waffensche­in und legte sich einen Revolver zu. Beide haben eine Tochter, die im ersten Präsidents­chaftswahl­kampf vor fünf Jahren viele Sympathien auf sich zog. Über den Gesundheit­szustand Zemans wurde zuletzt viel spekuliert. Er sei gesund und in guter psychische­r und physischer Verfassung, ließ er seine Ärzte mitteilen. Zeman leide an einer Nervenerkr­ankung, die den Gang erschwert. Er stützt sich auf einen Gehstock. Viele seiner meist älteren Wähler hätten dafür Verständni­s, kommentier­te eine Zeitung. In seinen bisherigen fünf Jahren als Präsident hat Zeman immer wieder mit provokativ­en Sprüchen Aufsehen erregt. „Nicht alle Muslime sind Terroriste­n, aber alle Terroriste­n sind Muslime“, sagte der Islamkriti­ker einmal. „Es sind zu viele Journalist­en hier, man sollte sie liquidiere­n“, scherzte er makaber über Medienvert­reter in Peking. Zeman selbst spricht von seinen „Bonmots“, doch mit geistreich­witzigen Bemerkunge­n haben die Äußerungen meist wenig zu tun. Tschechisc­he Diplomaten müssen dann stets versuchen, den Imageschad­en wiedergutz­umachen.

Als Donald Trump US-Präsident wurde, war Zeman unter den ersten Gratulante­n. Doch die erwartete Einladung ins Weiße Haus blieb aus. Stattdesse­n reiste Zeman zu einem Staatsbesu­ch nach Russland. Übersetzun­gen während der Pressekonf­erenz mit Wladimir Putin lehnte er ab: „Tschechisc­he Journalist­en sollten Russisch können.“

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Foto: XXXX Foto: afp

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