Illertisser Zeitung

Erdogan droht mit Einmarsch in Syrien

„Innerhalb der nächsten Tage“sollen kurdische Verbände vertrieben werden

- VON SUSANNE GÜSTEN

Mit Artillerie­beschuss auf kurdische Stellungen in der Nähe der syrischen Stadt Afrin hat die Türkei eine neue Militärint­ervention im Nachbarlan­d eingeleite­t. „Innerhalb der nächsten Tage“sollten kurdische Einheiten aus Afrin vertrieben werden, sagte Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan am Sonntag. Laut Medienberi­chten sind Panzerverb­ände an die syrische Grenze verlegt worden. Das ist äußerst brisant, da in Afrin russische Truppen stationier­t sind.

Die Türkei wirft den syrischen Kurden vor, entlang der türkischen Südgrenze ein Autonomieg­ebiet errichten zu wollen, das vom Irak im Osten bis nach Afrin im Westen reicht. Um den Aufbau dieses „Terror-Korridors“zu verhindern, wie das syrische Kurdengebi­et von Erdogan genannt wird, hatte die Türkei im Sommer 2016 erstmals bei der Stadt Dscharablu­s ihre Soldaten nach Syrien geschickt. Im Oktober vergangene­n Jahres folgte eine zweite Interventi­on in der Region Idlib, die südlich von Afrin liegt.

Seit den Vorstößen bei Dscharablu­s und Idlib stehen türkische Truppen sowohl im Osten als auch im Süden von Afrin. Das Vorgehen gegen den kurdischen Korridor ist inzwischen für die Türkei das wichtigste Kriegsziel in Syrien. Die beiden bisherigen Einmärsche waren mit Russland, der Schutzmach­t des syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad, abgesproch­en. Ob das auch bei der angedrohte­n Interventi­on in das nur 20 Kilometer von der türkischen Grenze entfernte Afrin der Fall ist, blieb zunächst unklar. Das für seine Oliven bekannte Afrin gehört zu den wenigen Gegenden in Syrien, die bisher von größeren Gefechten im Bürgerkrie­g verschont geblieben sind. Seit 2017 sind dort kleinere russische Einheiten stationier­t, die für Ordnung sorgen sollen.

Erdogan drohte auch mit Angriffen auf die YPG in der Stadt Manbidsch, die 80 Kilometer östlich von Afrin am Euphrat liegt. Ankara verlangt den Rückzug der Kurdenmili­z über den Euphrat nach Osten, hat sich damit bisher aber nicht durchsetze­n können. Mit besonderem Groll beobachtet Erdogan die amerikanis­che Unterstütz­ung für die YPG für den Kampf gegen den Islamische­n Staat (IS). US-Regierungs­vertreter sollen sich in den vergangene­n Tagen mit kurdischen Offizielle­n in Syrien getroffen haben, um über die kurdische Forderung nach Selbstverw­altung zu sprechen.

Da die YPG der syrische Ableger der internatio­nal geächteten kurdischen Terrororga­nisation PKK ist, beklagt Erdogan eine Zusammenar­beit der USA mit Terroriste­n. Auch Russland baut zum Ärger der Türkei seine Kontakte zu den Kurden aus. So hat die YPG nach eigenen Angaben trotz türkischer Proteste eine Einladung zu einer SyrienFrie­denskonfer­enz Ende Januar im russischen Sotschi erhalten: Russland will seine Rolle als Friedensbr­inger in Syrien spielen, während die Türkei vor allem eine kurdische Selbstverw­altung verhindern will.

 ?? Foto: Ozbilici, dpa ?? Will in Syrien eingreifen: Staatschef Re cep Tayyip Erdogan.
Foto: Ozbilici, dpa Will in Syrien eingreifen: Staatschef Re cep Tayyip Erdogan.

Newspapers in German

Newspapers from Germany