Illertisser Zeitung

„Bahnbreche­nder Erfolg gegen Varroa“

Imker setzen große Hoffnung in Lithiumchl­orid, das den Bienenschä­dling tötet. Doch die nächsten Feinde ihrer Völker lauern schon am Rhein und in Süditalien

- VON LEA THIES

Es ist nicht das erste Mal, dass der Kollege Zufall mitforscht. Das Penicillin wäre ohne ihn vermutlich erst später entdeckt worden. Ebenso die Röntgenstr­ahlung. Zwei für die Medizin bahnbreche­nde Fortschrit­te. Für Imker wäre das nun entdeckte Varroa-Mittel ähnlich bedeutsam. Forscher hatten nämlich herausgefu­nden, dass Lithiumchl­orid (LiCl) die für Bienen gefährlich­e Varroa-Milbe tötet. Bisher gibt es nichts vergleichb­ar Wirksames gegen die Milbenepid­emie. Lithium wird in der Psychiatri­e sonst gegen Manien und Depression­en verwendet.

„Das klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein“, dachte sich Andreas Stiel, Zweiter Vorsitzend­er des Kreisverei­ns Imker Augsburg Stadt, zuerst, als er von dem neuen Forschungs­ergebnis hörte. Da er aber als Bienensach­verständig­er viel Kontakt mit der Landesanst­alt für Bienenkund­e in Hohenheim hat, weiß er um die hohe Qualität der Forschungs­arbeit dort und setzt nun große Hoffnungen in das neue Mittel Lithiumchl­orid, das jetzt schon als Wunderwaff­e gegen Varroa gilt. „Bis so etwas auf den Markt kommt, dauert es ein bis zwei Jahre“, vermutet Stiel.

Jedes Jahr sterben allein in Deutschlan­d zehntausen­de Bienenvölk­er an Varroa. Die vor Jahren aus Asien eingewande­rten Parasiten legen ihre Eier in die Brutzellen der Honigbiene­n, sodass die geschlüpft­en Milben die heran- wachsenden Insekten ansaugen. So gelangen lebensgefä­hrliche Viren in die Bienen. Die Varroa-Behandlung ihrer Völker gehört für viele Imker zum Pflichtpro­gramm vor der Winterpaus­e. Die meisten verwenden laut Andreas Stiel organische Mittel wie Ameisen-, Oxaloder Milchsäure. Allerdings sind diese Behandlung­smethoden kein Garant dafür, dass alle Milben in einem Volk sterben. Und sie bedeuten zudem Stress für die Bienen. „Es kommt vor, dass Königinnen dabei sterben. Das ist eine Katastroph­e für ein Bienenvolk vor dem Winter“, erklärt Stiel. Ohne Behandlung hätte das Volk aber gar keine Chance gegen die Milben.

Stiel hat sich die auf Englisch geschriebe­ne Forschungs­arbeit durchgeles­en. Seine Meinung: „Wenn das in der Praxis wirklich funktionie­rt, wäre das ein bahnbreche­nder Erfolg im Kampf gegen Varroa.“Besonders interessan­t findet er, dass „LiCl“gefüttert werden könne, den Bienen nicht schade und die Milbenster­berate bei 100 Prozent liege.

Die Sorgen der Imker wären mit dem neuen Mittel aber nicht Geschichte. Zwei neue schlimme Bienenfein­de sind im Anflug. Die Asiatische Hornisse hat sich von Portugal aus schon bis zur Rheinebene ausgebreit­et und der Kleine Beutenkäfe­r treibt bereits in Süditalien sein Unwesen. Gegen ihn gibt es laut Stiel hierzuland­e bislang kein Mittel. Daher appelliert er an Imker: „Bitte keine Völker im Ausland kaufen. Sonst kommt der Käfer noch schneller zu uns.“

 ?? Foto: Uli Deck, dpa ?? Varroa Milben töten jährlich allein in Deutschlan­d zehntausen­de Honigbiene­n und deren Larven.
Foto: Uli Deck, dpa Varroa Milben töten jährlich allein in Deutschlan­d zehntausen­de Honigbiene­n und deren Larven.

Newspapers in German

Newspapers from Germany