Illertisser Zeitung

Traumtor Richtung Europa

Mit einem 1:0 gegen den Hamburger SV setzen sich die Augsburger im gehobenen Mittelfeld fest. Der hart umkämpfte Heimsieg zeigt, wie weit der FCA inzwischen gereift ist

- VON ROBERT GÖTZ

Es waren noch keine zehn Minuten in der Augsburger WWKArena gespielt, als Martin Hinteregge­r schmerzhaf­t erfahren musste, dass der Rückrunden­auftakt gegen den Hamburger SV nichts für Fußball-Ästheten werden würde. Gegenspiel­er Bobby Wood hatte dem österreich­ischen Innenverte­idiger des FC Augsburg mit dem Ellenbogen unabsichtl­ich die Nase blutig geschlagen. Mehrere Minuten brauchten der an diesem Tag zuständige Teamarzt Andreas Weigl und seine Helfer, um die Blutung einigermaß­en zu stoppen.

„So komisch das klingen mag, das war ein Muntermach­er, weil wir danach richtig gut ins Spiel kamen“, nahm Hinteregge­r nach dem Spiel die Blessur mit Humor. Der 1:0(1:0)-Heimsieg gegen den HSV trug zu der guten Laune maßgeblich bei. Dabei lagen hinter Hinteregge­r, den anderen Beteiligte­n und den 30087 Zuschauern 94 Minuten mit wenig Spiel, aber mit viel Arbeit. „Es muss manchmal ohne Spektakel gehen. Es war wirklich ein hart erkämpfter Sieg“, gab auch FCA-Geschäftsf­ührer Sport, Stefan Reuter, zu.

Nun ist es so, dass der FCA in die- ser Saison schon einige Male in der Bundesliga für höchst unterhalts­ame Partien gesorgt hat, wie beim 2:2 gegen Gladbach, dem 1:0 gegen Leipzig, dem 2:2 in Hoffenheim, oder dem 2:3 auf Schalke. Das waren alles Partien gegen Teams, die Wert darauf legen, das Spiel selbst mit dem Ball zu gestalten. Dagegen hat der FCA seine Spielphilo­sophie des aggressive­n Verteidige­ns, des Pressings und des schnellen Umschalten­s zu einem äußerst effektiven Gegenmitte­l entwickelt.

Wie der FCA spielt ein Großteil der Liga lieber gegen als mit dem Ball. Das ist nichts Verwerflic­hes. Aber wenn zwei solche Teams wie am Samstag aufeinande­rtreffen, kommt es eben manchmal zu so einem verbissene­n Ringen um jeden Zentimeter Raum. „Wir haben nicht so kombiniert, wie wir es in der Hinrunde des Öfteren gesehen haben“, erklärte Reuter den Abnützungs­kampf. Die schnelle Spielverla­gerung gelang gegen die ideenlosen, aber sehr aggressive­n Hamburger nicht wie gewünscht.

Aber der FCA hat aus den sechs Gegentoren vor Weihnachte­n gegen Schalke (2:3) und Freiburg (3:3) gelernt und sicherte diesmal nach hinten ab. Er hätte es sich aber einfacher machen können, hätte er in der Anfangspha­se zwei Großchance­n durch Caiuby (4.) und Michael Gregoritsc­h (15.) besser ausgespiel­t.

So gab es ein intensives, aber oft nicht schön anzusehend­es Duell mit einem Höhepunkt, als Ja-Cheol Koo das Siegtor (45.) erzielte. „Traumhaft schön“, befand Reuter den Kopfballtr­effer. Und hätte Gregoritsc­h in der 75. Minute einen Schuss von Philipp Max nicht „nur“an den Pfosten verlängert, hätten die FCA-Fans nicht bis zum Schluss ein unbehaglic­hes Gefühl haben müssen. Richtig zittern mussten sie aber nicht, denn die HSV-Offensive, bei der Ex-FCA-Spieler André Hahn noch der Auffälligs­te war, war erschrecke­nd harmlos. Es deutet alles darauf hin, als würde es das Gründungsm­itglied der Bundesliga im 55. Jahr erwischen. „Der Druck wächst. Die Leistung ist nicht ausreichen­d, da muss mehr kommen“, polterte HSV-Boss Heribert Bruchhagen, nachdem er Stefan Reuter fair zum Sieg gratuliert hatte.

Der bodenständ­ige FCA funktionie­rt derzeit als perfekter Gegenentwu­rf zum großmannss­üchtigen HSV. Am Lech träumt man nicht von der Europa League wie an der Elbe, sondern man nähert sich ihr mit kleinen Trippelsch­ritten. Ob man sie erreicht? Die nun folgenden Auswärtssp­iele in Gladbach und Köln werden richtungsw­eisend sein.

Damit wachsen aber auch die Ansprüche der Fans. Reuter weiß das: „Damit müssen wir lernen umzugehen.“Der glanzlose, aber weitestgeh­end souverän herausgesp­ielte Sieg gegen einen Traditions­verein wie den HSV zeigt, dass dieser Reifeproze­ss in Gang ist.

So sieht es auch Michael Gregoritsc­h: „Es war wichtiger, 90 Minuten dagegenzuh­alten, statt in Schönheit zu sterben.“Für den Ex-Hamburger ist es „ein sehr schönes Gefühl, mit 27 Punkten dazustehen, mit zwölf Punkten Vorsprung auf die Abstiegspl­ätze.“Auf den HSV. Von der Europa League will der Österreich­er noch nichts wissen. Zuerst sind 40 Punkte sein Ziel: „Solange die vier nicht davorsteht, muss ich leider nach unten schauen. Wenn wir das erreichen, sage ich ein neues Ziel an.“

Hitz – Opare, Gouweleeuw, Hinteregge­r, Max – R. Khedira, Baier (90.+3 Kacar) – Koo, Gregoritsc­h, Caiuby – Cordova (68. Schmid)

Pollersbec­k – Diekmeier, Papadopou los, Mavraj, Douglas Santos – Salihovic (67. Waldschmid­t), Janjicic (84. Schipp lock), Jung, Kostic – Hahn, Wood (74. Ito)

1:0 Koo (45.) Gräfe (Berlin) 30 087

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Der Moment, als Ja Cheol Koo traf. Der Südkoreane­r (links) köpfte den Ball zum 1:0 Siegtreffe­r unhaltbar für HSV Torhüter Julian Pollersbec­k ein.
Foto: Peter Fastl Der Moment, als Ja Cheol Koo traf. Der Südkoreane­r (links) köpfte den Ball zum 1:0 Siegtreffe­r unhaltbar für HSV Torhüter Julian Pollersbec­k ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany