Illertisser Zeitung

Osterberge­r versteiger­t Rares für Bares

Heinz Wucher war Besitzer eines besonderen Rings: Darauf prangt das Siegel des österreich­ischen Kaisers. Morgen wird das Schmuckstü­ck im Fernsehen zu sehen sein

- VON CLAUDIA BADER

Funkelnde Kränze aus großen und kleinen Diamanten zieren den Ring des Osterberge­rs Heinz Wucher. Das Besondere: In deren Mitte prangt das Siegel des österreich­ischen Kaisers Franz Josef. Wucher hat das imposante Schmuckstü­ck einst von seinem Vater geerbt. Aber da die Ringscheib­e einen Durchmesse­r von rund 3,5 Zentimeter­n misst und am Finger geradezu wuchtig wirkt, hat der Osterberge­r das Erbstück nie getragen – und jetzt sogar „Bares für Rares“dafür bekommen. Gemeint ist damit die gleichnami­ge ZDF-Trödelshow. Dort konnte Wucher den Ring erfolgreic­h versteiger­n.

In der Fernsehsen­dung können Teilnehmer den Wert ihrer Erbstücke oder Flohmarktf­unde von Experten schätzen lassen – und diese verkaufen. Nicht immer handelt es sich bei den mitgebrach­ten Stücken um echte Antiquität­en. Im Fall des Osterberge­rs schon.

Die noch vorhandene Quittung belegt, dass Heinz Wuchers Vater

Ein Ehrenring für Jungdoktor­en

Alois, der in Eisenburg lebte, den Ring im Jahr 1976 vom bekannten Automobilr­ennfahrer Klaus Fritzinger gekauft hatte. „Der damalige Preis von 16000 Mark beweist, dass das Schmuckstü­ck meinem Vater sehr viel bedeutet haben muss. Er hat es aber nur selten getragen und die meiste Zeit im Tresor aufbewahrt“, sagt der 69-Jährige. Als sein Vater im Jahr 1979 starb, vererbte er das Schmuckstü­ck seinem einzigen Sohn. „Ich habe es nur ab und zu aus der Schatulle geholt, um es Freunden zu zeigen“, sagt der Osterberge­r.

Als mitfiebern­der Zuschauer der im ZDF ausgestrah­lten Trödelshow „Bares für Rares“ist ihm im Januar vergangene­n Jahres die Idee gekommen, sich mit Fotos des Erbstücks für die Sendung zu bewerben. „Schon kurze Zeit später habe ich die Antwort bekommen, dass die Versteiger­ung meines Rings im Rahmen einer Sondersend­ung präsentier­t werden soll“, berichtet Wucher. Zwei Monate später sei ein Fernsehtea­m nach Osterberg gekommen, um die Rarität zu begutachte­n und seinen Besitzer zu interviewe­n.

Mittlerwei­le hatte Heinz Wucher im Internet recherchie­rt und herausgefu­nden, dass das Schmuckstü­ck ein Ehrenring ist, den der österreich­ische Kaiser Franz Josef einst Jungdoktor­en als besondere Auszeichnu­ng verliehen hatte. Den reinen Materialwe­rt des aus Gelb- und Weißgold gefertigte­n sowie mit Diamanten im Altschliff besetzten Rings hat ein Experte auf knapp 3000 Euro geschätzt. Wucher ist daraufhin mit einem Wunscherlö­s von 3000 bis 5000 Euro im Oktober mit seiner Frau Inge zu den Fernsehauf­nahmen für „Bares für Rares“nach Pulheim bei Köln gefahren. „Allein der hinter solchen Sendungen steckende technische und personelle Aufwand, das Treffen mit Moderator Horst Lichter und seinem Team sowie einigen Antiquität­enhändlern waren sehr beeindruck­end“, erzählt Wucher. Vor laufender Kaauch mera habe Schmuckexp­ertin Dr. Heide Rezepa-Zabel den Wert des Rings auf 8000 bis 10 000 Euro geschätzt. Als langjährig­er Zuschauer der Sendung wusste Wucher, dass der Schätzbetr­ag oft über dem Angebot der Antiquität­enhändler liegt. Als der Erlös des Erbstücks im Laufe der Auktion von 80 Euro auf stolze 5600 Euro hochgestei­gert wurde, war die Freude beim Osterberge­r Ehepaar riesengroß.

Seit Jahren fehlt den Deutschen etwas: der Schnee. Die weiße Weihnacht mutiert immer mehr zum Volksmytho­s und die Kindergart­enkinder wissen schon kaum mehr, wie ein Schneemann gebaut wird – geschweige denn, wie einer aussieht. Und wer Skifahren will, muss wegen des Mangels an weißen Flocken in eines der Nachbarlän­der fahren, wo es mithilfe von Schneekano­nen noch so etwas wie eine geschlosse­ne Schneedeck­e gibt. Um an den Ort der kalten Sehnsucht zu gelangen, werden in vielen Haushalten nach Weihnachte­n Koffer und Rucksäcke gepackt, fein säuberlich natürlich – typisch deutsch eben. Sind alle parat, geht es ab in Richtung Österreich, Italien oder Schweiz.

Aber die Realität sieht dann doch etwas anders aus: Schon Monate im Voraus muss eines der vielverspr­echenden und oft unbezahlba­ren Hotelzimme­r gebucht, der Hund bei der Oma vorübergeh­end abgegeben und die Ski nach Jahren mal wieder gewachst werden. Wenn die Familie vollbepack­t mit Koffern, Taschen und nicht zu vergessen, dem Proviant, – typisch deutsch eben – loszieht und die paar Millimeter Winterwund­erland von den Autoscheib­en kratzt, beginnt auch schon der Stress auf den Straßen: Statt nach wenigen Stunden Fahrtzeit gut erholt am FünfSterne-Hotel anzukommen, verwandeln sich bereits die ersten Meter auf den Autobahnen in einen Aggression­swühltisch für FluchWilli­ge. Denn warten ist angesagt – wie beim Berliner Flughafen BER oder der Bahn – böse Zungen behaupten: typisch deutsch eben.

Haben die Familienmi­tglieder die erste Geduldspro­be bestanden, geht es weiter in Richtung Skiparadie­s. Erschöpft am überfüllte­n Touristeno­rt angelangt, gehen die Familienan­gehörigen meist bald schlafen – denn jeder möchte am nächsten Tag der Erste sein, der sich in die Skischuhe zwängt und eine Gondel reserviert. Typisch deutsch eben. Sobald die Familie wieder daheim ist, beginnt die Suche nach einer Bleibe fürs nächste Jahr. Schließlic­h will der Deutsche 2019 der Erste sein, der die Möglichkei­t hat, ein paar Schneefloc­ken zu sehen. Typisch deutsch eben.

 ?? Foto: Sammlung Wucher ?? Mit zwei funkelnden Kränzen aus großen und kleinen Diamanten um das Siegel des österreich­ischen Kaisers Franz Josef ist der Ring, den Heinz Wucher von seinem Vater geerbt hatte, ein imposanter Blickfang.
Foto: Sammlung Wucher Mit zwei funkelnden Kränzen aus großen und kleinen Diamanten um das Siegel des österreich­ischen Kaisers Franz Josef ist der Ring, den Heinz Wucher von seinem Vater geerbt hatte, ein imposanter Blickfang.
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Foto: Bader Der Ring prangt auch auf dem Deckblatt eines Familienka­lenders.

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