Illertisser Zeitung

Verletzt, verlobt, verschwieg­en

Ein Mann soll seine Ex-Partnerin geschlagen und gewürgt haben. Doch vor Gericht will die Frau nicht reden

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Was ist im August vergangene­n Jahres zwischen einem Bellenberg­er und seiner Ex-Partnerin vorgefalle­n? Dieser Frage geht derzeit das Amtsgerich­t Memmingen nach. Laut Staatsanwa­ltschaft kam es zwischen den beiden zu einer Auseinande­rsetzung, als die Frau das gemeinsame Kind zu dem 30-jährigen Angeklagte­n brachte.

Zunächst ist in der Anklagesch­rift von Tritten, Ohrfeigen und Faustschlä­gen die Rede. Weiter heißt es dort, dass die Frau sich selbst mit einem Handtuch würgte und ihrem Ex-Partner drohte, sich umzubringe­n. Seine Reaktion darauf: „Bring dich doch um. Ich kann auch euch beide umbringen.“Weiter soll er sein Kind am Hals gepackt, der Frau das Handtuch um den Hals gelegt und festgezoge­n haben. Dann habe er sie aufgeforde­rt, Tabletten zu schlucken. Als die Frau dem nachkommen wollte, soll er sie gezwungen haben, die Medikament­e wieder auszuspuck­en.

Am ersten Verhandlun­gstag wollten aber weder der 30-Jährige noch sein Opfer, das als Zeugin geladen war, nähere Angaben machen oder die Anklage bestätigen. Die Frau darf die Aussage verweigern. Denn inzwischen sind sie und der Vater ihrer Tochter wieder ein Paar und haben sich im November sogar verlobt. Und für Verlobte gilt, wie für Ehegatten, das Zeugnisver­weigerungs­recht. Der Partner muss vor Gericht nicht belastet werden. Auch die Aussagen, die die Frau bei der Polizei gemacht hat, unter anderem als sie den Vorfall meldete, soll das Gericht nicht verwerten, entschied die 27-Jährige. Wie genau es dazu kam, dass Opfer und Täter trotz des mutmaßlich­en brutalen Streits wieder zueinander­gefunden haben und jetzt sogar Hochzeitsp­läne schmieden, sagten sie vor Gericht nicht.

Als Zeugen blieben Richterin Barbara Roßdeutsch­er nur noch die Polizeibea­mten, die in dem Fall ermittelte­n sowie ein Rechtsmedi­ziner, der sowohl den vermeintli­chen Angreifer als auch sein Opfer nach der Tat untersucht­e. Bei der Frau stellte er diverse Verletzung­en fest. Unter anderem auch solche, die typischerw­eise nach Würgen oder Drosseln auftreten. Diese stufte der Experte als gravierend ein. Er erläuterte gleich mehrere Gründe, warum der Angriff des angebliche­n Täters lebensbedr­ohlich war: Es hätten unter anderem Durchblutu­ngsstörung­en auftreten sowie Blutgerinn­sel oder Schäden an den Nervenzell­en entstehen können.

Auch den Polizeibea­mten, die mit dem Opfer am Tag der Tat Kontakt hatten, kamen die Verletzung­en der Frau bedrohlich vor. Einer sagte aus: „Mir sind in meiner 20-jährigen Laufbahn als Sachbearbe­iter von Tötungsdel­ikten noch keine fünf Opfer begegnet, die solche Verletzung­en hatten.“Sein erster Eindruck sei gewesen, dass der Mann sogar versucht haben könnte, seine ExPartneri­n zu töten. Die Staatsanwa­ltschaft klagte den 30-Jährigen letztlich wegen gefährlich­er Körperverl­etzung an. Auch der Polizeibea­mte, der den Angeklagte­n in seiner Wohnung festnahm, war als Zeuge geladen. Nachdem er über Funk gehört hatte, was vorgefalle­n war, habe er mit allem gerechnet, als er zum Tatort fuhr. Doch der 30-Jährige sei überrasche­nd ruhig gewesen. Er habe die Haustür nach dem Klingeln gleich geöffnet und dabei seine Tochter auf dem Arm getragen. Ob der Mann, der derzeit in Untersuchu­ngshaft sitzt, zur Tatzeit unter Drogen stand, wurde am ersten Verhandlun­gstag nicht geklärt. Ein Urteil konnte die Richterin aufgrund der verweigert­en Aussagen noch nicht fällen. Nun soll noch der Polizist verhört werden, der die Frau am Tag der Tat auf der Wache in Empfang nahm.

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