Für Illerberg darf’s etwas mehr sein
Die Stadt will die Sanierung der Pfarrkirche mit rund 197 000 Euro bezuschussen – und weicht damit von ihren Richtlinien ab. Im Hauptausschuss löst das Diskussionen aus
Baut ein Verein eine neue Sportanlage oder will die Jugendarbeit stärken, erhält er dafür in vielen Fällen Zuschüsse von der Kommune. Auch in Vöhringen wird das seit Jahren so gehandhabt. Um alle Organisationen gleich zu behandeln, hat sich die Stadt sogenannte Vereinsförderrichtlinien gesetzt. Sie regeln, wie viel Geld pro Projekt zugeschossen wird. Im Falle Vöhringens heißt das: Die Stadt übernimmt zehn Prozent der tatsächlich angefallenen Kosten – höchstens aber 50000 Euro. So weit, so gut. Wären da nicht die Ausnahmen, die, wie eine Redensart besagt, die Regel bestätigen. Und genau diese sorgten im Hauptausschuss des Stadtrats nun für hitzige Diskussionen.
Auslöser der Debatte waren zwei Anträge, die die evangelische Kirchengemeinde Vöhringen und die katholische Kirchenstiftung Illerberg eingereicht hatten. In beiden Kirchengemeinden stehen, wie berichtet, Sanierungen an. In Vöhringen soll die Martin-Luther-Kirche samt Außenanlage für voraussichtlich 240 000 Euro renoviert werden. In Illerberg fallen die Maßnahmen weitaus umfangreicher aus: Dort soll die St.-Martinskirche für bislang veranschlagte knapp 1,97 Millionen Euro generalsaniert werden. In beiden Fällen baten die Vertreter um einen wohlwollend ausfallenden Zuschuss – und um eine Abweichung von der ansonsten geltenden Förderrichtlinie. Denn eine Ausnahme hatte die Kommune zuletzt auch bei der Sanierung der Marienkirche gemacht. Die Kosten für die Instandsetzung des „Wahrzeichens der Stadt“wurden mit 25 Prozent bezuschusst.
Dass die Stadt angesichts der anstehenden Haushaltsberatungen seiner Meinung nach „nichts zu verschenken hat“, sagte SPD-Stadtrat Volker Barth gleich zu Beginn der Diskussion. Bei der Förderung von Organisationen – worunter in Vöhringen auch die Kirchen fallen – handele es sich um eine freiwillige Leistung der Kommune. Anstatt bei jedem Antrag erneut über mögliche Ausnahmen zu diskutieren, sollte sich der Stadtrat doch besser Gedanken machen, „ob Richtlinien und Deckelung nicht generell überholt werden müssen“. Als „völlig absurd“und „nicht in Ordnung“bezeichnete Barth allerdings die Fördersumme, die der Hauptausschuss für die Instandsetzung der Illerberger Kirche festsetzte.
Wie gegen die vier Stimmen der SPD-Fraktion beschlossen wurde, soll die Kirchensanierung mit insgesamt zehn Prozent der Gesamtkosten bezuschusst werden, also mit rund 197 000 Euro. Der Zuschuss soll über einen Zeitraum von fünf Jahren fließen. Das sei laut Bürgermeister Karl Janson (FWG) im Hinblick auf die städtischen Finanzen „noch vertretbar“. Dass die Stadt in diesem Fall von der festgelegten 50000-EuroDeckelung abweiche, könne mit der kulturhistorischen Bedeutung der Kirche begründet werden.
Die in den Jahren 1690 bis 1692 gebaute Pfarrkirche St. Martin sei zweifelsfrei eines der wichtigsten Baudenkmäler in der Region, so Janson. Vor allem die Stadträte Johann Gutter (CSU) und Angelika Böck (CSU) – die beide in Illerberg aufgewachsen sind – setzten sich für einen Zuschuss im sechsstelligen Bereich ein. „Würde man die Fördersumme auf 50 000 Euro begren- zen, wären das gerade mal 2,5 Prozent der Gesamtkosten“, sagte Gutter. Eine Deckelung sei in diesem Fall „nicht logisch“. Was Volker Barth zu der Aussage verleitete, dass der Begriff „Kirchturmpolitik“in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung bekomme. Über einen Zuschuss von knapp 200 000 Euro zu entscheiden, ohne den Haushalt der Stadt zu kennen, nannte der SPD-Stadtrat „absurd“. Erst in den kommenden Wochen sollen die Beratungen zum diesjährigen Finanzplan Vöhringens starten. Wie Bürgermeister Janson aber bereits zu erkennen gab, werde die Stadt heuer „ihre Pflichtaufgaben ohne Kreditaufnahme nur ganz schwer leisten können“. „Ich glaube, ich bin im falschen Film“, kommentierte Barth.
Den Antrag von Brigitte Endriß (SPD), die Diskussion um die Zuschüsse für die Illerberger Kirchensanierung in eine Sitzung des Stadtrats zu verlegen, lehnte die Mehrheit der Ausschussmitglieder ab. Der Zuschuss in Höhe von rund 197 000 Euro wurde somit bewilligt.
Ebenfalls bewilligt wurde die städtische Förderung für die Sanierung der evangelischen Martin-LutherKirche. Diese soll gemäß der Richtlinie bei zehn Prozent der veranschlagten Kosten liegen – also bei 24000 Euro. Einen Antrag von Angelika Böck, den Zuschuss auf 30 000 Euro zu erhöhen, lehnte der Ausschuss mit acht zu fünf Stimmen ab.