Blutrache am Baggersee: Anklage
Hintergrund der Tat war eine Familienfehde
Die Staatsanwaltschaft Ulm hat dieser Tage gegen einen 46 Jahre alten Mann aus Göppingen Anklage zur Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ulm wegen Mordes erhoben.
Ende Mai des vergangenen Jahres wurde in einem Erbacher Anglersee die Leiche eines 19 Jahre alten und aus Nordrhein-Westfalen stammenden Mannes gefunden. Die Ermittlungen ergaben nach Angaben der Staatsanwaltschaft, dass er mit einer Vielzahl wuchtig geführter Schläge gegen den Kopf, mutmaßlich mit einem Hammer, getötet wurde. Der Angeschuldigte soll die Tat mit einem bislang noch nicht gefassten Mittäter gemeinschaftlich ausgeführt haben.
Dabei geht die Anklagebehörde nach sehr umfangreichen Ermittlungen, die auch in Südosteuropa geführt wurden, davon aus, dass es sich bei dem Mord um die Fortführung einer Blutrache handelt, die ihren Ursprung in einem im Jahr 2000 in Albanien begangenen Tötungsdelikt hat.
Das 19-jährige Tatopfer war ein Neffe des damaligen Täters. Der nicht vorbestrafte Angeschuldigte bestreitet die Tat, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt. Er befindet sich seit Ende Juni 2017 in Untersuchungshaft.
Insbesondere im Norden Albaniens herrscht das Gewohnheitsrecht Kanun. Seit dem 15. Jahrhundert wurde der Kanun mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. Demnach sehen sich Opfer von Gewalt im Recht, sich nach dem Prinzip „Wunde für Wunde“zu rächen. Die Tötung von Blutsverwandten wird durch die Familie des Opfers gerächt. Eine Gewaltspirale entsteht, die sich oft jahrzehntelang dreht.
Eine Art Krieg der Clans hat nach Angaben der albanischen Nichtregierungsorganisation NRC (Komitee der Nationalen Aussöhnung) seit 1990 knapp 10 000 Albanern das Leben gekostet.
Zeugen hatten die Leiche an einem Montagabend Ende Mai des vergangenen Jahres in einem Anglersee bei Erbach entdeckt. Noch in derselben Nacht wurde sie aus dem Gewässer direkt neben einem Gewerbegebiet östlich von Erbach geborgen.
Kriminalpolizei richtete Sonderkommission „See“ein
Die Polizei ging bereits damals davon aus, dass die Leiche schon einige Zeit im Wasser gelegen hat, bevor sie entdeckt wurde. Die Kriminalpolizei richtete daraufhin die Sonderkommission „See“ein.
Offenbar hatte ein Angler die Leiche am Haken, ohne es zu merken. Denn ein Angelhaken wurde bei der Obduktion an der Leiche gefunden. Es handelte sich um einen Blinker, wie er für die Jagd auf Raubfische verwendet wird, beispielsweise auf Fische wie Hecht, Forelle und Zander.