Alkohol war für den Angeklagten wie ein „Brandbeschleuniger“
In der Verhandlung um eine Bluttat im Alb-Donau-Kreis zeichnet ein Gutachter das Bild eines egozentrischen Mannes
Im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstages im Prozess gegen einen Ehinger wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung am Ulmer Landgericht stand neben weiterer Zeugenaussagen die Beschreibung der Persönlichkeit des Angeklagten sowie das Ergebnis des psychiatrischen Gutachters Ernst Baljer. Dieser erklärte dem Gericht unter Vorsitz von Gerd Gugenhan, dass er „aus ärztlicher Sicht keine Zweifel an der Schuldfähigkeit“des beschuldigten 25-jährigen Burak B. habe.
Zu dieser Einschätzung kam Baljer insbesondere wegen der Persönlichkeit des Angeklagten. Diesen zeichne unter anderem „Egozentrik und ein Mangel an Empathie“aus. Ferner sei er leicht reizbar, zeige immer wieder aggressives Verhalten und könne nicht aus seinen Fehlern lernen. Burak B. habe Minderwertigkeitsgefühle, die er „hinter einer arroganten Fassade“verberge. „Kränkungen treffen ihn elementar“, so der Gutachter. „Alkohol dient bei ihm als Brandbeschleuniger.“
Burak B. hatte, was er selbst einräumt, am 14. Mai 2017 in Ehingen seine Ex-Freundin Jessica R. lebensgefährlich verletzt. Unmittelbar davor hatte er diese nackt im Bett mit einem Ex-Freund entdeckt. Auch dem Mann hatte er eine Blessur im Gesicht zugefügt. Der Angeklagte Burak B. beteuerte im Prozess immer wieder, dass er nicht gewusst habe, was er tat, dass er wohl durchgedreht sei. Er hat sich dann auch am nächsten Tag widerstandslos festnehmen lassen.
Burak B. ist das älteste von sieben Geschwistern. Er hat die Realschule ohne Abschluss verlassen, eine Berufsausbildung begonnen, aber auch diese nicht zu Ende gebracht. Vor allem über Zeitarbeitsfirmen hatte er dann mehrere Anstellungen, zum Teil mit Pausen dazwischen. Seit Mai 2017 ist er gar keiner Arbeit mehr nachgegangen. Der Angeklagte hat Schulden, über deren Höhe er keine Angaben machte, und besitzt kein Vermögen. Zuletzt hat er im Haus seiner Eltern gewohnt. Schon als Jugendlicher ist er immer wieder auffällig geworden.
Das Gericht berichtete von mehreren Vorstrafen von Burak B., meistens wegen – zum Teil gefährlicher – Körperverletzung und meist in Tateinheit mit weiteren Delikten wie Diebstahl, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Urkundenfälschung, Beleidigung, Unterschlagung, Betrug, Hehlerei oder auch Fahren ohne Führerschein. Zunächst wurde er nach dem Jugendstrafrecht behandelt und erhielt Bewährungsstrafen. Dann traf es Burak B., der mehrfach Probleme mit seinem Vater hatte, der ihn auch ein paar Mal aus der Wohnung warf, härter.
Er kam in Haft, aus der er ein paar Monate vor seiner Tat im Mai vergangenen Jahres vorzeitig entlassen wurde. Er war wieder mit einem blauen Auge davongekommen, bekam aber Auflagen – insbesondere auch in Hinsicht auf seinen starken Alkoholkonsum.
Diese missachtete Burak R. in der Nacht, in der es zum Angriff auf seine Ex-Freundin kam. Nach recht starkem Alkoholgenuss stach er auf Jessica R. und deren Ex-Freund ein. Wobei Baljer meinte, die Beeinträchtigung durch den Alkohol habe kaum etwas ausgemacht, ebenso wenig wie die vom Beschuldigten konsumierten Drogen: „Der Angeklagte befand sich in keinem Zustand der tief greifenden Bewusstseinsstörung.“
Unter den Zeugen war auch die Mutter des Angeklagten. Sie meinte, die Beziehung zwischen ihrem Sohn und Jessica R. sei zwar gut gewesen, aber sie habe sie auch aus religiösen Gründen nicht gut geheißen: „Die beiden haben nicht zusammengepasst.“Eine Cousine beteuerte trotz dessen Vorstrafen, Burak B. sei nicht gewalttätig und er hätte ihr gegenüber ja auch schon geäußert, dass er eine neue Freundin habe. Am Montag wird die Verhandlung fortgesetzt.