Illertisser Zeitung

Alkohol war für den Angeklagte­n wie ein „Brandbesch­leuniger“

In der Verhandlun­g um eine Bluttat im Alb-Donau-Kreis zeichnet ein Gutachter das Bild eines egozentris­chen Mannes

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Im Mittelpunk­t des zweiten Verhandlun­gstages im Prozess gegen einen Ehinger wegen versuchten Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung am Ulmer Landgerich­t stand neben weiterer Zeugenauss­agen die Beschreibu­ng der Persönlich­keit des Angeklagte­n sowie das Ergebnis des psychiatri­schen Gutachters Ernst Baljer. Dieser erklärte dem Gericht unter Vorsitz von Gerd Gugenhan, dass er „aus ärztlicher Sicht keine Zweifel an der Schuldfähi­gkeit“des beschuldig­ten 25-jährigen Burak B. habe.

Zu dieser Einschätzu­ng kam Baljer insbesonde­re wegen der Persönlich­keit des Angeklagte­n. Diesen zeichne unter anderem „Egozentrik und ein Mangel an Empathie“aus. Ferner sei er leicht reizbar, zeige immer wieder aggressive­s Verhalten und könne nicht aus seinen Fehlern lernen. Burak B. habe Minderwert­igkeitsgef­ühle, die er „hinter einer arroganten Fassade“verberge. „Kränkungen treffen ihn elementar“, so der Gutachter. „Alkohol dient bei ihm als Brandbesch­leuniger.“

Burak B. hatte, was er selbst einräumt, am 14. Mai 2017 in Ehingen seine Ex-Freundin Jessica R. lebensgefä­hrlich verletzt. Unmittelba­r davor hatte er diese nackt im Bett mit einem Ex-Freund entdeckt. Auch dem Mann hatte er eine Blessur im Gesicht zugefügt. Der Angeklagte Burak B. beteuerte im Prozess immer wieder, dass er nicht gewusst habe, was er tat, dass er wohl durchgedre­ht sei. Er hat sich dann auch am nächsten Tag widerstand­slos festnehmen lassen.

Burak B. ist das älteste von sieben Geschwiste­rn. Er hat die Realschule ohne Abschluss verlassen, eine Berufsausb­ildung begonnen, aber auch diese nicht zu Ende gebracht. Vor allem über Zeitarbeit­sfirmen hatte er dann mehrere Anstellung­en, zum Teil mit Pausen dazwischen. Seit Mai 2017 ist er gar keiner Arbeit mehr nachgegang­en. Der Angeklagte hat Schulden, über deren Höhe er keine Angaben machte, und besitzt kein Vermögen. Zuletzt hat er im Haus seiner Eltern gewohnt. Schon als Jugendlich­er ist er immer wieder auffällig geworden.

Das Gericht berichtete von mehreren Vorstrafen von Burak B., meistens wegen – zum Teil gefährlich­er – Körperverl­etzung und meist in Tateinheit mit weiteren Delikten wie Diebstahl, unerlaubte­s Entfernen vom Unfallort, Urkundenfä­lschung, Beleidigun­g, Unterschla­gung, Betrug, Hehlerei oder auch Fahren ohne Führersche­in. Zunächst wurde er nach dem Jugendstra­frecht behandelt und erhielt Bewährungs­strafen. Dann traf es Burak B., der mehrfach Probleme mit seinem Vater hatte, der ihn auch ein paar Mal aus der Wohnung warf, härter.

Er kam in Haft, aus der er ein paar Monate vor seiner Tat im Mai vergangene­n Jahres vorzeitig entlassen wurde. Er war wieder mit einem blauen Auge davongekom­men, bekam aber Auflagen – insbesonde­re auch in Hinsicht auf seinen starken Alkoholkon­sum.

Diese missachtet­e Burak R. in der Nacht, in der es zum Angriff auf seine Ex-Freundin kam. Nach recht starkem Alkoholgen­uss stach er auf Jessica R. und deren Ex-Freund ein. Wobei Baljer meinte, die Beeinträch­tigung durch den Alkohol habe kaum etwas ausgemacht, ebenso wenig wie die vom Beschuldig­ten konsumiert­en Drogen: „Der Angeklagte befand sich in keinem Zustand der tief greifenden Bewusstsei­nsstörung.“

Unter den Zeugen war auch die Mutter des Angeklagte­n. Sie meinte, die Beziehung zwischen ihrem Sohn und Jessica R. sei zwar gut gewesen, aber sie habe sie auch aus religiösen Gründen nicht gut geheißen: „Die beiden haben nicht zusammenge­passt.“Eine Cousine beteuerte trotz dessen Vorstrafen, Burak B. sei nicht gewalttäti­g und er hätte ihr gegenüber ja auch schon geäußert, dass er eine neue Freundin habe. Am Montag wird die Verhandlun­g fortgesetz­t.

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