„Die Natur zu zerstören, wäre ein großer Fehler“
Bei Wanderungen durch das Bellenberger Ried äußert Wolfgang Schewetzky seine Bedenken zu der geplanten Ersatzstrecke zum Ziegelwerk. Rund 50 Bürger sind mit dabei – und diskutieren vor allem über Alternativen
Die Debatte um den vom Gemeinderat mehrheitlich beschlossenen Ersatzweg zum Ziegelwerk in Bellenberg nimmt Fahrt auf. Wie berichtet, hat Wolfgang Schewetzky, früherer Gemeinderat und besorgter Naturfreund, am Samstag zwei Ortsbegehungen für die geplante Alternativstrecke initiiert – und dabei viel Zulauf erhalten. Die Ersatzroute soll ab dem Autobahnparkplatz Reudelberger Forst-West über gemeindliche Feldwege durchs Ried führen und im Nordosten in die Ziegelei münden.
Zusammengerechnet waren gut 50 Interessierte zum Treffpunkt an der Abbiegung nach Thal gekommen. Schewetzky, der in der Nachbarschaft wohnt, fiel es nicht schwer, den Bürgern die dortigen Besonderheiten in der Tier- und Pflanzenwelt zu erklären: angefangen von Raubvögeln wie dem Milan, der an Feldrändern brütenden Goldammer, dem in Dornhecken brütenden Neuntöter bis zu Bienenstöcken der Imker und diversen Baum- und Strauchgruppen. Die geplante Verrohrung des Grabens würde das entstandene Ökosystem zerstören, der Lärm und Schmutz der Transportfahrzeuge die Tiere vertreiben, so Schewetzky. Er stellte Gedankenspiele an: Etwa, dass die auf 5,5 Meter verbreiterte Asphaltstraße bei Begegnungen der vielleicht 2,50 Meter breiten Laster kaum ausreiche und die Randstreifen beschädigt würden. Ein weiteres Rechenexempel lautete: Wenn täg- lich – wie in Aussicht gestellt – 800 Transporte beispielsweise auf 14 Stunden verteilt unterwegs seien, würde pro Minute ein Fahrzeug passieren, so Schewetzky. Dass nach der für drei Jahre veranschlagten Maßnahme – denn dann sollen die Erdarbeiten für den Voralbtunnel abgeschlossen sein – die Eingriffe in die Natur zurückgebaut werden, zogen die Anwesenden in Zweifel. Sie befürchteten vielmehr eine weitere industrielle Nutzung der einmal geschaffenen Infrastruktur.
Ihre favorisierte Lösung ist die Trasse entlang der Autobahn mit einer Sichtschutzflechtwand, damit zurückkehrende Laster den Autobahnverkehr nicht irritierten. Alternativ dazu könnte der Lehm direkt an der Baustelle zwischengelagert und nach und nach auf öffentlichen Straßen nach Bellenberg transportiert werden. Hubert Schwehr, der in Bellenberg an der Staatsstraße 2031 wohnt, sagte dazu: „60 Jahre lebe ich mit dem Durchgangsverkehr, der sich noch verdichtet, wenn die Autobahn aufgrund von Unfällen gesperrt ist. Dann können wir auch noch drei Jahre lang die Lehmtransporte ertragen. Nur deswegen die Natur unwiederbringlich zu zerstören, wäre ein großer Fehler.“
Laut Wolfgang Schewetzky gebe es deutschlandweit bislang zwei private Autobahnausfahrten für Firmen, das Ziegelwerk Wiest wäre dann die dritte. Der Naturfreund glaubt, dass Michael Angerer von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Neu-Ulm die Argumente der besorgten Bürger sehr ernst nimmt. Daher will er die Chancen einer Bürgerinitiative ausloten und ist auf der Suche nach moralischer wie logistischer Unterstützung.
Da das Vorhaben erst Anfang Januar öffentlich bekannt wurde, gehe es ihm wie anderen Anwesenden viel zu schnell. Denn Eile wäre insofern tatsächlich geboten, da nur bis Ende Februar die für den Ausbau der Feldwege nötigen Baumfällungen vorgenommen werden dürfen. Schewetzky betonte, dass er dem Ziegelwerk die Lehmzufuhr nicht nehmen wolle, nur die massiven Eingriffe in die Natur, einem Naherholungsgebiet für jedermann, missbillige er. In diesem Sinne hält er den Kostenaufwand für den anzufertigenden Sichtschutz, den es nur in Absprache mit der Autobahndirektion gebe, für gerechtfertigt und als beste Lösung.