Eine schwimmende Geburtenstation
Im Altenstadter Mühlbach treiben zur Zeit Brutkästen auf dem Wasser. Warum diese dringend nötig sind und woher die Flöße stammen
Wie kleine Flöße schwimmen die beiden Fischaufzuchtstationen im Mühlbach in Altenstadt umher. Unauffällig treiben die Boxen zwischen Schwimmrohren im Wasser. Darin befindet sich eine wertvolle Fracht: Regenbogenforelleneier, die vom Fischereiverein Ulm/Neu-Ulm in die umliegenden Gewässer eingebracht werden.
Holger Plangl ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Er weiß, welche Arten sich aus der Brut entwickeln sollen: Regenbogenforellen, Bachforellen und Eschen werden ihm zufolge direkt im Wasser aufgezogen. Die Eier, die der Verein von einer Fischzucht in Engishausen (Landkreis Unterallgäu) bezieht, seien mischgeschlechtlich. Diese seien zwar teurer als gleichgeschlechtliche Eier, jedoch würden sie einen wichtigen Anteil zum Fortbestand der Arten beitragen. Denn nur wenn die Fische unterschiedliche Geschlechter haben, könnten sie sich weiter fortpflanzen, erklärt Plangl. Für den Verein sei es sehr wichtig, dass die Artenvielfalt erhalten bleibe und die Populationen wachsen: „Der Naturschutz und die Nachhaltigkeit sind uns ein großes Anliegen“, erklärt Plangl.
Die Fischeier werden im „Augenpunktstadium“in die Boxen gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt haben die Embryos gerade ihre Augen entwickelt. Während der Zeit in den Stationen müssen der Nachwuchs regelmäßig kontrolliert und die abgestorbene Brut entfernt werden. Von den bis 12000 Eiern in den Gehäusen werden nur etwa drei Prozent zu ausgewachsenen Fischen reifen, erklärt Plangl. Das sei natürlich bedingt: Gefährliche Keime würden beispielsweise zum Tod vereinzelter Tiere führen. Bis die Fische das Schwimmstadium erreicht haben, also selbstständig in der Aufzuchtstation herumwuseln können, seien die Jungtiere jedoch in der Box vor Feinden und Umwelteinflüssen geschützt. Dann werden sie in die Freiheit entlassen.
Der Vorteil der Station: Sie ist nicht an einen Ort gebunden und kann umgesetzt werden, wodurch die Fische an weiteren Stellen im Bach oder in anderen Gewässern freigelassen werden können. Plangl ist aber wichtig, dass die Tiere in dem Gewässer freigelassen werden, in dem sie auch aufgezogen wurden: „Die Fische bemerken da einen Unterschied.“
Die Fischaufzucht wurde vor rund acht Jahren vom Verein ins Leben gerufen und wird seitdem laut Plangl erfolgreich betrieben. Mit den Gemeinden gebe es keine Kooperationen, denn die Fischaufzucht sei Aufgabe der Vereine. Und bei der Brutpflege könne auch die Fischerjugend eingebunden werden, sodass diese etwas über die Tiere lerne und ihnen gegenüber Respekt entwickle, sagt Plangl.
Die Schwimmbox in Altenstadt wurde vom Fischereiverein Ulm/ Neu-Ulm selbst erfunden und gebaut. Sie stellt eine Alternative zu Boxen dar, die drei bis vier Wochen im Kiesbett lagern, bis die Tiere in die Freiheit schwimmen. Die Gehäuse seien allerdings leichter zu pflegen und böten die Möglichkeit umgesetzt zu werden, erklärt Plangl.
Bis sie in die Kästen des Fische10000 reivereins gebracht werden, lagern die Eier bei einer Fischzucht aus Engishausen. Die Betreiberin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, erklärt, dass Fischereivereine verpflichtet sind, die Gewässer mit Brut zu bestücken. Die Züchterin erklärt, was dieser „Pflichtbesatz“ist: Wer das Angelrecht in einem Bereich ausübe, müsse eine bestimmte Anzahl an Fischnachwuchs in diesem Gewässer aufziehen. Damit soll verhindert werden, dass die Gewässer leer gefischt werden.
Auch wenn nur wenige Fische erwachsen werden, lohne sich der Aufwand – sowohl für den Menschen, als auch für das Tier: Durch die Brutstationen werde die Population am Leben gehalten und geschützt.
Dass die Vereine ihre Jugendlichen in das Projekt einbinden, findet die Betreiberin der Unterallgäuer Zucht gut: „So lernen auch die Jugendlichen etwas darüber, wie der Fisch aufwächst.“
Die Brut dürfe nicht vernachlässigt werden und müsse dauerhaft kontrolliert werden, mahnt die Züchterin: „Der Brutplatz muss dauerhaft von Wasser umspült sein.“Sollte dies nicht der Fall sein, würden die Jungtiere austrocknen und sterben. Einen Nachteil für die Brut aus den Kästen sieht die Züchterin nur noch in der Orientierung: „Die Jungtiere müssen sich erst in dem Gewässer zurechtfinden. Naturbelassene Fische können sich schon früher einen geschützten Platz suchen.“
10000 bis 12000 Fischeier liegen in den Boxen So funktionieren die Brutkästen für Fische