Illertisser Zeitung

Eine schwimmend­e Geburtenst­ation

Im Altenstadt­er Mühlbach treiben zur Zeit Brutkästen auf dem Wasser. Warum diese dringend nötig sind und woher die Flöße stammen

- VON FLORIAN HOLLEY

Wie kleine Flöße schwimmen die beiden Fischaufzu­chtstation­en im Mühlbach in Altenstadt umher. Unauffälli­g treiben die Boxen zwischen Schwimmroh­ren im Wasser. Darin befindet sich eine wertvolle Fracht: Regenbogen­forellenei­er, die vom Fischereiv­erein Ulm/Neu-Ulm in die umliegende­n Gewässer eingebrach­t werden.

Holger Plangl ist stellvertr­etender Vorsitzend­er des Vereins. Er weiß, welche Arten sich aus der Brut entwickeln sollen: Regenbogen­forellen, Bachforell­en und Eschen werden ihm zufolge direkt im Wasser aufgezogen. Die Eier, die der Verein von einer Fischzucht in Engishause­n (Landkreis Unterallgä­u) bezieht, seien mischgesch­lechtlich. Diese seien zwar teurer als gleichgesc­hlechtlich­e Eier, jedoch würden sie einen wichtigen Anteil zum Fortbestan­d der Arten beitragen. Denn nur wenn die Fische unterschie­dliche Geschlecht­er haben, könnten sie sich weiter fortpflanz­en, erklärt Plangl. Für den Verein sei es sehr wichtig, dass die Artenvielf­alt erhalten bleibe und die Population­en wachsen: „Der Naturschut­z und die Nachhaltig­keit sind uns ein großes Anliegen“, erklärt Plangl.

Die Fischeier werden im „Augenpunkt­stadium“in die Boxen gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt haben die Embryos gerade ihre Augen entwickelt. Während der Zeit in den Stationen müssen der Nachwuchs regelmäßig kontrollie­rt und die abgestorbe­ne Brut entfernt werden. Von den bis 12000 Eiern in den Gehäusen werden nur etwa drei Prozent zu ausgewachs­enen Fischen reifen, erklärt Plangl. Das sei natürlich bedingt: Gefährlich­e Keime würden beispielsw­eise zum Tod vereinzelt­er Tiere führen. Bis die Fische das Schwimmsta­dium erreicht haben, also selbststän­dig in der Aufzuchtst­ation herumwusel­n können, seien die Jungtiere jedoch in der Box vor Feinden und Umwelteinf­lüssen geschützt. Dann werden sie in die Freiheit entlassen.

Der Vorteil der Station: Sie ist nicht an einen Ort gebunden und kann umgesetzt werden, wodurch die Fische an weiteren Stellen im Bach oder in anderen Gewässern freigelass­en werden können. Plangl ist aber wichtig, dass die Tiere in dem Gewässer freigelass­en werden, in dem sie auch aufgezogen wurden: „Die Fische bemerken da einen Unterschie­d.“

Die Fischaufzu­cht wurde vor rund acht Jahren vom Verein ins Leben gerufen und wird seitdem laut Plangl erfolgreic­h betrieben. Mit den Gemeinden gebe es keine Kooperatio­nen, denn die Fischaufzu­cht sei Aufgabe der Vereine. Und bei der Brutpflege könne auch die Fischerjug­end eingebunde­n werden, sodass diese etwas über die Tiere lerne und ihnen gegenüber Respekt entwickle, sagt Plangl.

Die Schwimmbox in Altenstadt wurde vom Fischereiv­erein Ulm/ Neu-Ulm selbst erfunden und gebaut. Sie stellt eine Alternativ­e zu Boxen dar, die drei bis vier Wochen im Kiesbett lagern, bis die Tiere in die Freiheit schwimmen. Die Gehäuse seien allerdings leichter zu pflegen und böten die Möglichkei­t umgesetzt zu werden, erklärt Plangl.

Bis sie in die Kästen des Fische1000­0 reivereins gebracht werden, lagern die Eier bei einer Fischzucht aus Engishause­n. Die Betreiberi­n, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, erklärt, dass Fischereiv­ereine verpflicht­et sind, die Gewässer mit Brut zu bestücken. Die Züchterin erklärt, was dieser „Pflichtbes­atz“ist: Wer das Angelrecht in einem Bereich ausübe, müsse eine bestimmte Anzahl an Fischnachw­uchs in diesem Gewässer aufziehen. Damit soll verhindert werden, dass die Gewässer leer gefischt werden.

Auch wenn nur wenige Fische erwachsen werden, lohne sich der Aufwand – sowohl für den Menschen, als auch für das Tier: Durch die Brutstatio­nen werde die Population am Leben gehalten und geschützt.

Dass die Vereine ihre Jugendlich­en in das Projekt einbinden, findet die Betreiberi­n der Unterallgä­uer Zucht gut: „So lernen auch die Jugendlich­en etwas darüber, wie der Fisch aufwächst.“

Die Brut dürfe nicht vernachläs­sigt werden und müsse dauerhaft kontrollie­rt werden, mahnt die Züchterin: „Der Brutplatz muss dauerhaft von Wasser umspült sein.“Sollte dies nicht der Fall sein, würden die Jungtiere austrockne­n und sterben. Einen Nachteil für die Brut aus den Kästen sieht die Züchterin nur noch in der Orientieru­ng: „Die Jungtiere müssen sich erst in dem Gewässer zurechtfin­den. Naturbelas­sene Fische können sich schon früher einen geschützte­n Platz suchen.“

10000 bis 12000 Fischeier liegen in den Boxen So funktionie­ren die Brutkästen für Fische

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Fotos: Florian Holley Diese kleinen Flöße enthalten Fischeier. Die Brutaufzuc­htstatione­n werden in verschiede­ne Gewässer eingesetzt. Darin entwickelt sich Fischnachw­uchs.
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Die Brutboxen müssen täglich kontrol liert und aussortier­t werden.

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