Hier staut es sich am längsten
Zum zweiten Mal in Folge wird München Stau-Hauptstadt Deutschlands. Woran das liegt, wer Spitzenreiter in der Region ist und warum die Verkehrsprobleme sehr viel Geld kosten
Wer es eilig hat und mit dem Auto unterwegs ist, hat in München oftmals ein Problem: Berufsverkehr, Ampeln, Baustellen und Unfälle machen dem Zeitplan gerne einen Strich durch die Rechnung. 51 Stunden lang steckten Autofahrer im vergangenen Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt im Stau. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Verkehrsdatenanbieters Inrix Research hervor. Damit ist München zum zweiten Mal in Folge deutsche StauHauptstadt. Vor zwei Jahren musste sich noch Stuttgart mit diesem Titel schmücken. Die Schwaben-Metropole landete bei der Stau-Rangliste 2017 gemeinsam mit Hamburg und Berlin (jeweils 44 Staustunden) hinter München.
In den beiden größten deutschen Städten verzeichnete der Datenanbieter den dramatischsten Anstieg: In Hamburg hatte die Zahl der im Stau verbrachten Stunden im Vorjahr noch bei 39, in Berlin bei 38 Stunden gelegen. Auch im ohnehin schon staugeplagten München standen Autofahrer durchschnittlich vier Stunden länger still als noch 2016. Die Studienmacher erklären diesen Anstieg unter anderem mit der relativ hohen Anzahl von Bau- stellen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Die meiste Wartezeit mussten Autofahrer in München auf dem Mittleren Ring im Westen der Stadt und der A99 im Nordosten in Kauf nehmen.
In der Studie wurde der Verkehr in 1360 Städten in 38 Ländern analysiert. Die Ergebnisse zeigen: Deutsche Autofahrer haben es verhältnismäßig gut. Im weltweiten Vergleich landete München auf Rang 35. Die staureichste Stadt der Welt ist Los Angeles. Hier steckten die Menschen im vergangenen Jahr insgesamt 102 Stunden lang im Verkehr fest. Unter den 38 untersuchten Ländern landete Deutschland mit durchschnittlich 30 Staustunden auf Rang zwölf – Rekordhalter ist Thailand mit 56 Stunden. Die drei Städte aus dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitung, die Inrix Research unter die Lupe nahm, belegen in der Rangliste der 73 staureichsten Städte Deutschlands eher hintere Plätze. Am schlechtesten schneidet Ingolstadt auf Platz 42 ab, es folgen Augsburg (55) und Ulm (57).
Neben den reinen Stauzeiten berechneten die Macher der Studie auch die volkswirtschaftlichen Folgen, die die Verkehrsbehinderungen auslösen. Hierfür wurden nach Angaben von Inrix Faktoren wie verschwendete Arbeitszeit, verbrauchter zusätzlicher Kraftstoff, Emissionen der Fahrzeuge oder steigende Kosten für Speditionen herangezogen. „Staus kosten die Deutschen über 80 Milliarden Euro pro Jahr, bedrohen das Wirtschaftswachstum und beeinträchtigen die Lebensqualität“, erklärt Graham Cookson, Chef-Volkswirt bei Inrix, in einer Mitteilung des Unternehmens. In der Stau-Hauptstadt München blieben insgesamt 2,9 Milliarden Euro sozusagen auf der Strecke, fast 3000 Euro pro Autofahrer.
„Das Verkehrsaufkommen nimmt stetig zu, und um künftige negative Folgen auf die Wirtschaft zu verhindern und die Mobilitätsherausforderungen zu meistern, müssen wir in intelligente Verkehrssysteme investieren“, rät Cookson. Ein Verkehrsexperte der Universität Duisburg-Essen sieht das ähnlich. „Es zeigt sich deutlich, dass die zunehmenden sanierungsbedingten Baumaßnahmen partiell zwar Verbesserungen mit sich bringen, insgesamt die Stauproblematik kurzbis mittelfristig jedoch verschärfen. Daher müssen sich die Städte auch für alternative Mobilitätslösungen öffnen“, sagt Professor Michael Schreckenberg.
Eine gute Nachricht für staugeplagte Münchner zum Schluss: Laut der aktuellen Studie haben Autofahrer in der Landeshauptstadt in 84 Prozent der Fahrzeit freie Fahrt.
Die Studie auf einen Blick