Ich bin ein Star – und bin bald raus
Wie viele ihrer Artgenossen haben es die Vögel in der Region schwer: Sie finden immer weniger Futter und Höhlen zum Brüten. Dabei könnte den Tieren leicht geholfen werden
Er hat dunkle Federn und ist dafür bekannt, dass er andere Vögel imitiert: Der Star ist der Vogel des Jahres 2018. Doch sein Lebensraum ist bedroht. Auch bei uns im Landkreis wird es für die Tiere immer schwerer: Noch gebe es zwar viele Stare in der Region. „Aber der Trend geht klar nach unten“, sagt Wolfgang Gaus von der Schutzgemeinschaft für den Neu-Ulmer Lebensraum. Ein Grund dafür sei das Sterben der Insekten.
Denn die fressen die Vögel am liebsten. Wenn sie keine Nahrung mehr finden, müssen sie in andere Regionen ausweichen. Dieses Problem hätten aber nicht nur Stare, sondern auch viele andere Vogelarten, wie Schwalben und Spatzen. „Die Nahrungsgrundlage ist deutlich schlechter als früher“, sagt Biologe Gaus. Der Grund für das Nahrungsproblem sei klar: Pestizide und Spritzmittel, die in der Landwirtschaft verwendet werden, um Insekten und Wildkräuter zu vernichten. Diese nehmen den Vögeln damit auch die Lebensgrundlage.
Das sagt auch Ralf Schreiber vom hiesigen Landesbund für Vogelschutz. Aber nicht nur die Land- wirtschaft stehe in der Verantwortung. Im Gegenteil: „Es ist ja klar, dass Landwirte auch an betriebswirtschaftliche Aspekte denken müssen“, so Schreiber. Allerdings müsse sich die Politik und die Gesellschaft „auf die Hinterbeine stellen“und endlich auf die Probleme aufmerksam werden. Den Landwirtschaftsbehörden wirft Schreiber mangelnde Aufklärungsbereitschaft vor: „Diskutiert wird viel, aber gemacht wird wenig“, sagt er. In seinen Augen müssten die Behörden mehr Aufklärung bei den Landwirten betreiben. So sei es wichtig, dass ausreichend Grün- und Brachflächen vorhanden seien, damit die Tiere auf Nahrungssuche gehen können.
Neben dem mangelnden Futterangebot ist vor allem der Lebensraum der Vögel bedroht. Denn Stare hätten es immer schwerer, Höhlen zum Brüten zu finden. „Vor allem abseits von Siedlungsräumen ist die Situation schwierig“, sagt der Experte. Denn es gebe nur noch wenige Streuobstwiesen, die als Lebensraum dienen könnten. „Das ist in Baden-Württemberg wesentlich besser“, findet er. Generell seien alte Bäume ein wichtiger Rückzugsort für Stare. „Man darf nicht jeden alten Baum entsorgen“, sagt Schreiber. Bekannte und bei anderen Tieren beliebte Biotope wie um den Plessenteich bei Gerlenhofen oder das Obenhausener Ried gehören nicht zu den bevorzugten Lebensräumen des Stars. Dort fänden sich eher andere Arten, sagt Gaus.
Aber was kann die Situation für die Stare verbessern? Im öffentlichen Raum stünden vor allem Kommunen in der Verantwortung. „Man sollte öffentliche Grünbereiche wieder verwildern lassen“, sagt Gaus. Das würde den Insekten helfen.
Im Landratsamt Neu-Ulm kennt man noch mehr Möglichkeiten: Fachberater Rudolf Siehler gibt Tipps: „Wichtig ist, dass man den Garten vielfältig gestaltet.“Viele Bürger in der Region würden aber weder Bäume noch Sträucher anpflanzen. Das erschwere die Nahrungssuche für die meisten Vogelarten enorm. Denn eine artenreiche Bepflanzung sei eben wichtig, damit sich Insekten niederlassen, die dann als Nahrungsquelle dienen könnten. Deshalb solle man möglichst Bäume, Hecken und unterschiedliche Blumenarten anpflanzen. „Ein Teich wertet den Garten für die Insekten noch zusätzlich auf“, sagt Gartenexperte Siehler.
Wer zudem noch Brutkästen aufstelle, hilft den Vögeln besonders. „Viele haben bereits solche Kästen“, sagt Gaus. Wer selbst noch einen aufstellen will, müsse laut Siehler vor allem zwei Dinge beachten: „Das Einflugloch sollte fünf Zentimeter groß sein und die Grundfläche sollte mindestens 20 Quadratzentimeter betragen.“Alles andere wäre den Staren zu klein. „Dann bringt der Kasten auch nicht viel.“
Der Vogel des Jahres im Kurzporträt