Kinderpornos: Sammler zeigt Reue vor Gericht
Weil er ein einschlägiges Video verteilt hat, musste sich ein Mann nun verantworten. Er bekam einen „Schuss vor den Bug“
So etwas wie eine Verzweiflungstat sei es gewesen, eine Idee aus einer Depression heraus – nicht aber eine sexuell motivierte Straftat: So versuchte ein 32-jähriger Mann aus dem Raum Illertissen zu erklären, warum er im Mai 2016 ein Video auf eine Plattform im Internet geladen hatte. Der Film zeigte Kinder und Jugendliche bei sexuellen Handlungen, auch mit Erwachsenen. Die Inhalte waren nicht nur ekelerregend, sondern auch justiziabel: Deshalb musste sich der Mann nun wegen der Verbreitung kinderpornografischer Schriften vor dem Amtsgericht in Neu-Ulm verantworten. Und auch wegen des Besitzes: Polizisten hatten die Wohnung des Mannes durchsucht und 77 Dateien mit ähnlichen Inhalten gefunden.
In dem Prozess ging es auch darum, was da zu sehen war. Und das ließ den Anwesenden den Atem stocken: „Da bleiben sogar mir die Worte weg“, stellte Richterin Gabriele Buck fest, die schon mehrere solcher Fälle verhandelt hat. In der Anklageschrift war einmal die Rede von einem Kleinkind, dann von einem Hund und auch von einem gefesselten Mädchen. Mehrere Minuten brauchte die Staatsanwältin, um die Liste an strafbaren Inhalten im Detail vorzutragen. Eine quälende Zeit für die Zuhörer im Saal. Und offenkundig auch für den Angeklagten, der zusammengesunken da saß, das Gesicht hinter seinen Fäusten versteckt. Über seinen Anwalt Heiko Weber räumte er die Taten ein.
Wie es dazu gekommen sei, könne er sich heute nicht mehr erklären, hieß es in der Erklärung. Er habe die Inhalte weder interessant gefunden noch besitzen wollen. Der Mann habe damals an einer schweren Depression gelitten und seine Freizeit ausschließlich beim Surfen im Internet verbrachte. Sein Mandant sei nicht pädophil, so Weber. In dem Sammeln der verbotenen Inhalte habe er wohl einen „Kick“gesucht. Der Mann habe sich keine Gedanken darüber gemacht, welches Leid hinter solchen Filmen steckt, hieß es weiter. Er schäme sich heute dafür und werde so etwas nie wieder tun.
Die Augen seien dem Mann spätestens geöffnet worden, als Kriminalbeamte eines Tages morgens um 6 Uhr an seiner Wohnungstür klingelten. „Da ist jeder überrascht“, sagte ein Polizist, der bei der Durchsuchung dabei gewesen und nun als Zeuge geladen war. Auf die Schliche gekommen waren dem Kinderporno-Sammler die Ermittler des baden-württembergischen Landeskriminalamts. Sie hatten den Weg des einschlägigen Videos über eine Art digitalen Fingerabdruck zurückverfolgt. Der Ertappte habe sich gegenüber der Polizei überaus kooperativ verhalten: „Es war der Angenehmste, mit dem wir bisher zu tun hatten“, sagte der Fahnder.
Das, seine juristisch betrachtet weiße Weste, und die Tatsache, dass sich der 32-Jährige gleich danach selbst um eine Therapie bemüht hat, führte letztlich wohl dazu, dass er sinngemäß mit einem blauen Auge davon kam. Sprich: mit einer Haftstrafe von neun Monaten zur Bewährung. Damit folgte Richterin
Richterin Buck: „Ich merke mir jedes Gesicht“
Buck dem Antrag der Staatsanwältin. Verteidiger Weber hatte ein Maximum von sechs Monaten für angemessen erachtet. Die Richterin verhängte zudem eine Geldauflage: 2000 Euro muss der Mann an den Kinderschutzbund zahlen, 1500 Euro an den Verein für krebskranke Kinder. Es sei eine Strafe „am unteren Rand“des Möglichen, machte Buck klar. „Ein Schuss vor den Bug.“Dieser müsse für den Angeklagten, der monatlich 1500 Euro verdient, aber spürbar sein. Solche Filme setzen einen Missbrauch von Kindern voraus: „Sich so etwas reinzuziehen, ist die unterste Schiene“, sagte Buck. Das sei eine schwere Straftat und dürfe nicht toleriert werden. Die Richterin sprach dem Mann ins Gewissen: „Wehe, wenn ich Sie mit so etwas noch einmal im Gerichtssaal habe.“Sie merke sich jedes Gesicht, so Buck.
Der Mann, der sich kaum traute, der Richterin in die Augen zu sehen, erwiderte kleinlaut: „Es tut mir unheimlich leid.“