Bei Finanzen heißt es: viele Pflichten, wenig Kür
Die Stadt Vöhringen muss in diesem Jahr rund 3,6 Millionen Euro neue Schulden machen. Dabei lässt das Budget wenig Spielraum für Neues. Die Stadträte fordern deshalb mehr Unterstützung von Bund und Land
Es war eine unaufgeregte Sitzung ohne Diskussionen: Einstimmig hat der Vöhringer Stadtrat seinen Finanzplan für das Jahr 2018 verabschiedet. Ein Thema zog sich dabei durch die Wortbeiträge aller Fraktionen: Von dem Milliardenüberschuss, den der Bund im vergangenen Jahr erzielte, sei in der Kommune nichts zu spüren. Um die geplanten Projekte umsetzen zu können, muss die Stadt voraussichtlich einen Kredit in Höhe von rund 3,6 Millionen Euro aufnehmen. Dabei wünschten sich die Stadträte in einigen Bereichen mehr Unterstützung von Bund und Land.
Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau. Um Wohnraum für einkommensschwache Familien zu schaffen, baut die Stadt an der Schützstraße in Illerberg, wie berichtet, ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 18 Wohnungen. Zwar rechnet sie dabei mit Unterstützung aus dem „Wohnungspakt Bayern“, einem Maßnahmenpaket des Innenministeriums, ein Großteil der Kosten trägt allerdings die Stadt. 1 Million Euro sind im diesjährigen Haushalt vorgesehen. Im Jahr 2019 sind weitere 1,6 Millionen Euro für Sozialwohnungen eingeplant.
Dass die Finanzen der Stadt „wenig Spielraum für Neues“ließen, „weil sie zum großen Teil für das Bestehende benötigt werden“, sagte deshalb Peter Kelichhaus als Vorsitzender der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG). Seit vielen Jahren gehöre dazu etwa der Unterhalt der Kindertagesstätten. „Man hat das Gefühl, jedes Jahr mindestens ein neues Milliönchen für eine neue Gruppe ausgeben zu müssen“, so Kelichhaus. Der Gesetzgeber habe für die Betreuung von Kindern im Vorschulalter Vorgaben gemacht – etwa den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige –, aber die Finanzierung den Gegebenheiten nicht angepasst. Bei den „finanziellen Verpflichtungen“, die den Kommunen aufgebürdet würden, bleibe für den „kreativen Teil der Selbstverwaltung nur noch wenig Spielraum“, so Kelichhaus.
Für den Unterhalt ihrer Kindertagesstätten und Kindergärten rechnet die Stadt in diesem Jahr mit Ausgaben von rund 400 000 Euro. Hinzu kommen unter anderem Baumaßnahmen in den Kitas St. Michael (insgesamt 950 000 Euro) und der „Rappelkiste“(1,5 Millionen Euro), die zum Teil in diesem Jahr finanziert werden müssen.
„Ganz nach sozialdemokratischem Geschmack“seien laut Ludwig Daikeler (SPD) die Investitionen in Betreuung, Bildung und sozialen Woh- nungsbau. Vöhringen habe über die vergangenen Jahre hinweg seine „Hausaufgaben gemacht“– und unter anderem durch Investitionen in Gewerbegebiete den Grundstein für neue Arbeitsplätze gelegt. Auch wenn er es nicht gerne tue, so Daikeler, müsse er beim Thema Zuschuss für die Sanierung der Illerberger St.Martin-Kirche noch einmal den „Finger in die Wunde“legen. „Kredite aufzunehmen, Kindergartengebühren zu erhöhen und dann noch Geld zu verschenken, passt nicht zusammen und schmerzt uns sehr“, sagte Daikeler stellvertretend für seine Fraktionskollegen. Wie berichtet, wird die Stadt die Sanierung mit insgesamt rund 197000 Euro bezuschussen – aufgeteilt auf fünf Jahre. Die SPD könne der Haushaltsstelle, die Kirchensanierung betrifft, deshalb nicht zustimmen.
Dass der Finanzplan der Stadt einen „guten Ausgleich zwischen Pflichtaufgaben und Investitionen in die Zukunft“darstelle, sagte Michael Neher, Vorsitzender der CSU-Fraktion. Als Beispiel nannte Neher die „gelungene Nachverdichtung“, bei der frei stehende Flächen innerhalb bereits bestehender Bebauung genutzt werden. Es seien viele Bauvorhaben entstanden, die auf dem Wohnungsmarkt zu einer Entspannung geführt hätten – auch wenn der Bedarf noch nicht vollständig gedeckt sei. Als „äußerst positiv“bezeichnete Neher die Entwicklung in Illerberg, wo unter anderem der Ortskern und das ehemalige Bräuhaus neu gestaltet werden. Eine ähnliche Entwicklung wünsche sich die CSU auch für Illerzell. „Dranbleiben“müsse die Stadt vor allem an der Ausweisung neuen Baulands im Vöhringer Ortsteil.
Bürgermeister Karl Janson (FWG) unterstrich, dass bei allen Projekten, die die Stadt aufgrund ihrer knappen Finanzen verschieben musste, keine Abstriche bei den sogenannten freiwilligen Leistungen gemacht worden seien. So könnten etwa die Vereine weiterhin mit Zuschüssen rechnen. Viel Geld investiere die Stadt außerdem in die Sicherheit der Bürger. Für die Feuerwehr wird eine neue Drehleiter andie ● ● ● geschafft. Außerdem wird das Gerätehaus der Einsatzkräfte umgebaut. Das Rote Kreuz bekommt im gleichen Zug eine neue Halle.
Insgesamt, so Janson, müsse man durchaus von einem „angespannten Haushalt“sprechen. Auch für die Zukunft sei der finanzielle Spielraum der Stadt „nicht allzu großzügig bemessen“. Das langfristige Ziel müsse es sein, die Pro-KopfVerschuldung der Kommune wieder abzubauen. Zum Ende des Jahres wird diese nach derzeitigem Stand bei rund 680 Euro je Einwohner liegen. Bei allen anstehenden Projekten sollten die Stadträte „die Finanzierbarkeit weiter im Auge behalten“. Dabei sei klar, dass nicht alle Wünsche von Bürgern erfüllt werden könnten.
Nicht alle Wünsche können erfüllt werden