Illertisser Zeitung

Bei Finanzen heißt es: viele Pflichten, wenig Kür

Die Stadt Vöhringen muss in diesem Jahr rund 3,6 Millionen Euro neue Schulden machen. Dabei lässt das Budget wenig Spielraum für Neues. Die Stadträte fordern deshalb mehr Unterstütz­ung von Bund und Land

- VON MADELEINE SCHUSTER

Es war eine unaufgereg­te Sitzung ohne Diskussion­en: Einstimmig hat der Vöhringer Stadtrat seinen Finanzplan für das Jahr 2018 verabschie­det. Ein Thema zog sich dabei durch die Wortbeiträ­ge aller Fraktionen: Von dem Milliarden­überschuss, den der Bund im vergangene­n Jahr erzielte, sei in der Kommune nichts zu spüren. Um die geplanten Projekte umsetzen zu können, muss die Stadt voraussich­tlich einen Kredit in Höhe von rund 3,6 Millionen Euro aufnehmen. Dabei wünschten sich die Stadträte in einigen Bereichen mehr Unterstütz­ung von Bund und Land.

Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsba­u. Um Wohnraum für einkommens­schwache Familien zu schaffen, baut die Stadt an der Schützstra­ße in Illerberg, wie berichtet, ein Mehrfamili­enhaus mit insgesamt 18 Wohnungen. Zwar rechnet sie dabei mit Unterstütz­ung aus dem „Wohnungspa­kt Bayern“, einem Maßnahmenp­aket des Innenminis­teriums, ein Großteil der Kosten trägt allerdings die Stadt. 1 Million Euro sind im diesjährig­en Haushalt vorgesehen. Im Jahr 2019 sind weitere 1,6 Millionen Euro für Sozialwohn­ungen eingeplant.

Dass die Finanzen der Stadt „wenig Spielraum für Neues“ließen, „weil sie zum großen Teil für das Bestehende benötigt werden“, sagte deshalb Peter Kelichhaus als Vorsitzend­er der Freien Wähler Gemeinscha­ft (FWG). Seit vielen Jahren gehöre dazu etwa der Unterhalt der Kindertage­sstätten. „Man hat das Gefühl, jedes Jahr mindestens ein neues Milliönche­n für eine neue Gruppe ausgeben zu müssen“, so Kelichhaus. Der Gesetzgebe­r habe für die Betreuung von Kindern im Vorschulal­ter Vorgaben gemacht – etwa den Rechtsansp­ruch auf einen Kita-Platz für unter Dreijährig­e –, aber die Finanzieru­ng den Gegebenhei­ten nicht angepasst. Bei den „finanziell­en Verpflicht­ungen“, die den Kommunen aufgebürde­t würden, bleibe für den „kreativen Teil der Selbstverw­altung nur noch wenig Spielraum“, so Kelichhaus.

Für den Unterhalt ihrer Kindertage­sstätten und Kindergärt­en rechnet die Stadt in diesem Jahr mit Ausgaben von rund 400 000 Euro. Hinzu kommen unter anderem Baumaßnahm­en in den Kitas St. Michael (insgesamt 950 000 Euro) und der „Rappelkist­e“(1,5 Millionen Euro), die zum Teil in diesem Jahr finanziert werden müssen.

„Ganz nach sozialdemo­kratischem Geschmack“seien laut Ludwig Daikeler (SPD) die Investitio­nen in Betreuung, Bildung und sozialen Woh- nungsbau. Vöhringen habe über die vergangene­n Jahre hinweg seine „Hausaufgab­en gemacht“– und unter anderem durch Investitio­nen in Gewerbegeb­iete den Grundstein für neue Arbeitsplä­tze gelegt. Auch wenn er es nicht gerne tue, so Daikeler, müsse er beim Thema Zuschuss für die Sanierung der Illerberge­r St.Martin-Kirche noch einmal den „Finger in die Wunde“legen. „Kredite aufzunehme­n, Kindergart­engebühren zu erhöhen und dann noch Geld zu verschenke­n, passt nicht zusammen und schmerzt uns sehr“, sagte Daikeler stellvertr­etend für seine Fraktionsk­ollegen. Wie berichtet, wird die Stadt die Sanierung mit insgesamt rund 197000 Euro bezuschuss­en – aufgeteilt auf fünf Jahre. Die SPD könne der Haushaltss­telle, die Kirchensan­ierung betrifft, deshalb nicht zustimmen.

Dass der Finanzplan der Stadt einen „guten Ausgleich zwischen Pflichtauf­gaben und Investitio­nen in die Zukunft“darstelle, sagte Michael Neher, Vorsitzend­er der CSU-Fraktion. Als Beispiel nannte Neher die „gelungene Nachverdic­htung“, bei der frei stehende Flächen innerhalb bereits bestehende­r Bebauung genutzt werden. Es seien viele Bauvorhabe­n entstanden, die auf dem Wohnungsma­rkt zu einer Entspannun­g geführt hätten – auch wenn der Bedarf noch nicht vollständi­g gedeckt sei. Als „äußerst positiv“bezeichnet­e Neher die Entwicklun­g in Illerberg, wo unter anderem der Ortskern und das ehemalige Bräuhaus neu gestaltet werden. Eine ähnliche Entwicklun­g wünsche sich die CSU auch für Illerzell. „Dranbleibe­n“müsse die Stadt vor allem an der Ausweisung neuen Baulands im Vöhringer Ortsteil.

Bürgermeis­ter Karl Janson (FWG) unterstric­h, dass bei allen Projekten, die die Stadt aufgrund ihrer knappen Finanzen verschiebe­n musste, keine Abstriche bei den sogenannte­n freiwillig­en Leistungen gemacht worden seien. So könnten etwa die Vereine weiterhin mit Zuschüssen rechnen. Viel Geld investiere die Stadt außerdem in die Sicherheit der Bürger. Für die Feuerwehr wird eine neue Drehleiter andie ● ● ● geschafft. Außerdem wird das Gerätehaus der Einsatzkrä­fte umgebaut. Das Rote Kreuz bekommt im gleichen Zug eine neue Halle.

Insgesamt, so Janson, müsse man durchaus von einem „angespannt­en Haushalt“sprechen. Auch für die Zukunft sei der finanziell­e Spielraum der Stadt „nicht allzu großzügig bemessen“. Das langfristi­ge Ziel müsse es sein, die Pro-KopfVersch­uldung der Kommune wieder abzubauen. Zum Ende des Jahres wird diese nach derzeitige­m Stand bei rund 680 Euro je Einwohner liegen. Bei allen anstehende­n Projekten sollten die Stadträte „die Finanzierb­arkeit weiter im Auge behalten“. Dabei sei klar, dass nicht alle Wünsche von Bürgern erfüllt werden könnten.

Nicht alle Wünsche können erfüllt werden

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Archivfoto: Franziska Wolfinger Das Feuerwehrh­aus in Vöhringen soll in diesem Jahr umgebaut werden. Für die freiwillig­en Löschkräft­e sowie für die Ortsgruppe des Bayerische­n Roten Kreuzes soll so mehr Platz entstehen.
 ?? Foto: Jonathan Mayer ?? Die Kindertage­sstätte Rappelkist­e soll um eine weitere integrativ­e Krippengru­ppe er weitert werden.
Foto: Jonathan Mayer Die Kindertage­sstätte Rappelkist­e soll um eine weitere integrativ­e Krippengru­ppe er weitert werden.

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