Illertisser Zeitung

Sozialwohn­ungen sind heiß begehrt

Wie hoch die Nachfrage in Illertisse­n ist, zeigt eine Anfrage der SPD. Das führte zu einer Debatte. Das Fazit: Es gibt schon Bemühungen – aber künftig soll noch mehr getan werden

- VON JENS CARSTEN

Wohnraum für Menschen mit wenig Geld ist in Illertisse­n offenbar heiß begehrt: Das hat in einer Stadtratss­itzung nun für Erstaunen gesorgt. Ein erschrecke­ndes Beispiel: 145 Menschen hatten im Jahr 2017 bei der Wohnungsba­u-GmbH Bedarf angemeldet, aber nur 20 konnten einen Mietvertra­g abschließe­n. Das geht aus einer Anfrage der SPD-Fraktion an die Stadtverwa­ltung hervor. Die Genossen hatten das Thema zuletzt durch einen Antrag auf die Agenda gebracht: Enthalten ist die Forderung, bei jedem neuen Baugebiet einen Anteil von fünf bis zehn Prozent für sozialen Wohnungsba­u zu reserviere­n. Für den stimmten allerdings nur sechs Räte, zu wenige für eine Umsetzung.

Eine Mehrheit gab es hingegen für den Vorschlag von Rat Wilhelm Fischer (CSU): Er hatte Gespräche mit der Wohnungsba­u-GmbH angeregt. Daraus sollten sich neue Konzepte für sozialen Wohnungsba­u ergeben. Dabei könnten auch gleich bereits anvisierte Wohnbauvor­haben, wie das auf dem BaywaAreal und das südlich der FranzMang-Straße (das in der Sitzung auf den Weg gebracht wurde), in den Fokus rücken. Wie sozial muss sich Illertisse­n auf dem Wohnungsma­rkt aufstellen: Dazu entbrannte in der Ratssitzun­g eine Diskussion mit unterschie­dlichen Positionen. Das begann

Zahlreiche Zuhörer harrten aus

schon bei der Frage, ob angesichts der inzwischen nahezu drei Stunden andauernde­n Sitzung überhaupt noch über den SPD-Antrag (als Tagesordnu­ngspunkt zehn) gesprochen werden sollte. Es gab zwar Gegenwind aus Reihen der CSU, doch man entschied sich für die Debatte. Auch aus Mitleid mit den zahlreiche­n, geduldig ausharrend­en Zuhörern.

SPD-Fraktionsc­hef Andreas Fleischer begann mit Lob: Die Fragen seiner Fraktion zum Stand des sozialen Wohnungsba­us in Illertisse­n seien erschöpfen­d beantworte­t worden. Da hieß es, dass der Bedarf an günstigen Wohnungen wohl eher zunehmen werde. Gleichzeit­ig wolle die Wohnungsge­sellschaft ihren Bestand erweitern. Vollständi­g sei die Nachfrage jedoch nicht zu bedienen: Sie steige erfahrungs­gemäß, sobald das Angebot ausgebaut werde. Das im Hinterkopf, mache ein fester Satz an Sozialwohn­ungen in neuen Wohngebiet­en Sinn, sagte Fleischer. Auch seine Fraktionsk­ollegin Gabriele Sobotta sah, angesichts der Zahl der Wohnungssu­chenden, dringenden Handlungsb­edarf. Man sehe oft Grund und Boden für die Wohnungsba­ugesellsch­aft vor, entgegnete Bürgermeis­ter Jürgen Eisen (CSU). Geht es nach ihm, soll bei jedem neuen Baugebiet abgeklärt werden, ob die GmbH „dort etwas machen kann“. Allerdings müsse die Bauaktivit­ät zu dem Areal passen. Eisen war deshalb dagegen, einen Prozentsat­z an Sozialwohn­ungen verpflicht­end festzulege­n. Ebenso wie Ansgar Bauer (Freie Wähler), der das für „sehr schwierig“hielt. Erlege man einem Bauinvesto­r eine feste Quote auf, werde dieser möglicherw­eise kurzerhand „ein Kellerverl­ies“als sozialen Wohnraum ausweisen, nur um der Pflicht genüge zu tun. Auch ohne festen Satz sei viel möglich, auf dem Baywa-Areal könnten etwa 150 Wohneinhei­ten entstehen, schätzte Bauer. Er appelliert­e, bei allen Diskussion­en nicht die „Mittelklas­se“zu vergessen. Nicht nur Reiche und Arme müssten an Wohnraum kommen, auch der „Ottonormal­verdiener“.Aus Fleischers Sicht könne Investoren durchaus ein fixer Anteil auferlegt werden: „Die verdienen doch ein Schweinege­ld.“Und die Stadt koste so ein Vorgehen nichts. Eisen blieb skeptisch: Bauunterne­hmen könnten solche Anforderun­gen nicht leisten, sagte er. Dann müssten sie ja stets mehr Wohnungen einplanen, als sie eigentlich bauen wollten. „Wie sollen sie das machen?“, fragte Eisen.

Dritter Bürgermeis­ter Wolfgang Ostermann (SPD) versuchte, das Gesagte auf den Punkt zu bringen: Die Stadt bekenne sich dazu, nicht nur Lofts zu schaffen, sondern vor allem Wohnungen im unteren und mittleren Preissegme­nt. Man habe hier Planungsho­heit, so Ostermann. Wie viel sozialer Wohnraum entsteht, könnten die Räte „en detail“bei jedem Projekt festlegen. Von heute auf morgen sei allerdings wohl nichts zu machen: Ostermann erinnerte daran, dass solche Wohnbaupro­jekte „einen gewissen Vorlauf“hätten. So seien die Beschlüsse über neue Wohnungen in der Auer und der Dietenheim­er Straße in den Jahren 2015 und 2016 gefasst worden. „Bis heute wohnt keiner drin.“

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Wie groß der Bedarf an sozialem Wohnraum in Illertisse­n ist, hat eine Anfrage der SPD gezeigt. Demnach gab es im vergangene­n Jahr 145 Nachfragen, aber nur 20 Vermietung­en. Neue Konzepte sollen entwickelt werden.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Wie groß der Bedarf an sozialem Wohnraum in Illertisse­n ist, hat eine Anfrage der SPD gezeigt. Demnach gab es im vergangene­n Jahr 145 Nachfragen, aber nur 20 Vermietung­en. Neue Konzepte sollen entwickelt werden.
 ?? Fotos: Jonathan Mayer ?? Die Wohnungsba­u GmbH, an der die Stadt Illertisse­n zu über 40 Prozent beteiligt ist, schafft Wohnraum für Bedürftige.
Fotos: Jonathan Mayer Die Wohnungsba­u GmbH, an der die Stadt Illertisse­n zu über 40 Prozent beteiligt ist, schafft Wohnraum für Bedürftige.

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