Illertisser Zeitung

Pläne für Kreismusik­schule vorerst vom Tisch

Nicht zuletzt weil es aus Reihen der CSU heftigen Gegenwind gab, liegt die Idee nun auf Eis – sehr zum Bedauern des Allgäu-Schwäbisch­en-Musikbunde­s, der nun die Bürgermeis­ter in der Pflicht sieht

- VON SANDRA BAUMBERGER (mit az)

Bei zahlreiche­n Jahreskonz­erten im vergangene­n Jahr hat Rudolf Jackel vom Bezirk 10 des Allgäu-Schwäbisch­en-Musikbunde­s (ASM) und zugleich Kreisrat der CSU für eine Kreismusik­schule geworben. Es sei ein großes Anliegen des ASM, dass auch Kinder und Jugendlich­e in den Dörfern die Möglichkei­t hätten, ein Instrument zu erlernen, hatte er zuletzt im Dezember in Rammingen gesagt. Jetzt steht fest: Die Idee eines Musikunter­richts von Profis für alle liegt vorerst auf Eis. Und das hat nicht zuletzt auch mit der CSU zu tun.

In einer Pressemitt­eilung der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g (KPV) der CSU heißt es: „Entschiede­n sprechen sich die CSU-Kommunalpo­litiker gegen die Errichtung einer Kreismusik­schule – wie vom Landrat angeregt – aus.“Laut dem Vorsitzend­en der KPV, Ettringens Bürgermeis­ter und Kreisrat Robert Sturm, sei in der Fraktion über das Thema diskutiert worden. „Wir wollen mehrheitli­ch kein bestehende­s Ausbildung­ssystem stören, das wir nicht gefährden sollten, wo es funktionie­rt“, sagt Sturm. Er selbst stehe einer Ausbildung­sverbesser­ung in den musikalisc­hen Bereichen, „die eine Mangelausb­ildung zeigen“, offen gegenüber. „Dies könnte nach meinem Dafürhalte­n derzeit auch im Rahmen des bestehende­n Systems ergänzt und bezuschuss­t werden. Der Schwerpunk­t sollte auf der Blasmusiks­eite sein.“In Sturms Augen wäre es sinnvoller, die beiden ASM Bezirke Mindelheim und Memmingen stärker zu unterstütz­en. Schließlic­h komme das Geld hier unmittelba­r der Jugendarbe­it und dem Ehrenamt zugute.

Daneben geht es Sturm auch um die Kosten: Er rechnet damit, dass der Landkreis eine Kreismusik­schule jährlich mit mindestens 300 000 Euro unterstütz­en müsste. Dies müssten die Kommunen über die Kreisumlag­e finanziere­n und zusätzlich einen Eigenantei­l übernehmen. Insgesamt sei von einem finanziell­en Aufwand von rund 500 000 Euro pro Jahr auszugehen – mit steigender Tendenz. „Viel Geld, mit dem an der Stelle der ehrenamtli­chen Ausbildung viel getan werden kann“, sagt Sturm. Sollten die bestehende­n Musikschul­en in Babenhause­n, Mindelheim, Bad Wörishofen und Türkheim wie beabsichti­gt erhalten bleiben, befürchtet er, dass zwei konkurrier­ende Systeme entstehen könnten. Tenor der Beratungen sei gewesen, dass der CSU-Kommunalpo­litik die musikalisc­he Aus-, Fort- und Weiterbild­ung sehr am Herzen liege „und zwar unter dem Motto Ehrenamt vor Hauptamtli­chkeit“, heißt es in der Pressemitt­eilung.

Für Sturms Fraktionsk­ollegen Otto Göppel, Rathausche­f in Babenhause­n und Sprecher der Unterallgä­uer Bürgermeis­ter, Landrat HansJoachi­m Weirather und die Vertreter des ASM kam diese offenbar aus heiterem Himmel. Zwar ist das Projekt gerade in Info-Veranstalt­ungen des Bayerische­n Gemeindeta­gs intern vorgestell­t und diskutiert worden, offiziell Thema war es in jüngster Zeit aber nicht. Die Idee entstand schon vor rund zwei Jahren. Damals hatten sie Unterallgä­uer Musiker an Weirather herangetra­gen, der zunächst wissen wollte, was die Bürgermeis­ter im Unterallgä­u davon halten. „Letztendli­ch muss man festhalten, dass es hierzu kontrovers­e Meinungen gibt und die Zeit für diese Idee noch nicht reif zu sein scheint“, sagt Göppel auf Nachfrage unserer Zeitung.

Nachdem die KPV sich klar gegen die Kreismusik­schule ausgesproc­hen hat, ist auch für Weirather das Thema vorerst vom Tisch. „Ich bedauere diese Entwicklun­g sehr“, sagt er. Aktuell sei es jedoch nicht zielführen­d, das Thema weiterzuve­rfolgen. „Zudem ist mir die Idee zu wertvoll, um sie zum Gegenstand einer politische­n Auseinande­rsetzung zu machen. Wir könnten das nur in einem breiten Konsens in Angriff nehmen.“

Ziel war es laut Weirather, mit der Kreismusik­schule einen flächendec­kenden Musikunter­richt anzubieten und gleichwert­ige Bedingunge­n für Kinder aus größeren und kleineren Gemeinden zu schaffen. Denn während die einen oft über eine eigene Musikschul­e verfügen, können sich die anderen eine solche kaum leisten. Kinder und Eltern müssen in diesem Fall zu weiter entfernten Musikschul­en fahren – und dort in der Regel mehr für den Unterricht bezahlen als die einheimisc­hen Schüler. „An einer Kreismusik­schule hätte man profession­elle Musiklehre­r anstellen können, die auch in kleinen Gemeinden einen breit gefächerte­n Unterricht anbieten“, sagt der Landrat.

Hintergrun­d der Idee war auch, dass immer mehr Blaskapell­en Schwierigk­eiten haben, Nachwuchs zu finden. „Die Schule hätte hier womöglich Abhilfe schaffen können“, glaubt Weirather, der die Schule nicht als Konkurrenz zu bestehende­n Angeboten sieht. Schließlic­h sollten sie als eigenständ­ige Einrichtun­gen erhalten bleiben und wie die Kreismusik­schule vom Landkreis finanziell unterstütz­t werden. Auch seitens der Musikschul­en schien es diesbezügl­ich keine Befürchtun­gen zu geben. Magnus Blank von der Irmgard-Seefried-Singund Musikschul­e Bad Wörishofen hatte jedenfalls in der Vergangenh­eit intensiv für eine Kreismusik­schule geworben. „Außerdem hätte uns eine Kreismusik­schule auch als zertifizie­rte Bildungsre­gion gut zu Gesicht gestanden“, sagt Weirather weiter. „Denn zu einer umfassende­n Bildung gehört auch die musische Bildung.“

Auch Andreas Schuster, Vorsitzend­er des ASM-Bezirks 10 Mindelheim, bedauert, dass die Pläne nun vorerst auf Eis gelegt werden. „Ich finde das sehr, sehr schade“, sagt er. Er hätte in der Schule eine Chance für eine „gerechtere, gleichwert­igere und flächendec­kende kulturelle Entwicklun­g“des Landkreise­s gesehen – zumal in Zeiten, in denen die Zahl der Jugendlich­en in den Musikverei­nen stark rückläufig sei. „Der Ball liegt jetzt bei den Bürgermeis­tern, dass sie die Jugendarbe­it ihrer Vereine zukunftsor­ientiert unterstütz­en“, so Schuster.

Dem schließt sich Markus Weiß, stellvertr­etender Vorsitzend­er im ASM-Bezirk 6 Memmingen, an: „Wir hoffen, dass die Unterstütz­ung der kulturelle­n Vereine bei der Jugendarbe­it durch die Gemeinden fortgeführ­t und wo nötig verstärkt wird.“Eine rechtlich abgesicher­te Ausbildung­smöglichke­it sei Grundvorau­ssetzung für den Fortbestan­d der Musikverei­ne und den Erhalt der kulturelle­n Tradition und Vielfalt im Landkreis.

Kein bestehende­s Ausbildung­ssystem stören Kreismusik­schule hätte gut zur Bildungsre­gion gepasst

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Archivfoto: Jordan Die Idee einer Kreismusik­schule im Unterallgä­u ist umstritten – nun ist das Thema vorerst vom Tisch.

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