Aus für Quellsanierung: Hang könnte rutschen
Kettershauser Gemeinderat will stattdessen an der Errichtung eines zweiten Tiefbrunnens festhalten
Der Beschluss des Gemeinderates Kettershausen für die Errichtung eines zweiten Tiefbrunnens wird nicht aufgehoben. „Wir arbeiten in diese Richtung weiter“, sagte Bürgermeisterin Susanne Schewetzky. Zuvor hatten Peter Burghard und Armin Hagemeister vom Ingenieurbüro Kling Consult dem Gremium die Ergebnisse ihrer Untersuchungen und ihre Planung vorgestellt. Diese waren, was eine Quellsanierung betrifft, überraschend wie eindeutig zugleich: „Insbesondere aus geotechnischer Sicht stellt die Neuerschließung der Quellfassungen Bebenhausen ein sehr hohes Risiko dar und kann somit nicht empfohlen werden“, sagte Burghard. Der Geologe machte damit auf eine mögliche Gefahr aufmerksam, die den Räten so bislang nicht bekannt war. ● Nach seinen geologischen Untersuchungen liegt die Quelle bei Bebenhausen im Bereich eines großflächigen, historischen Rutschungsgebietes. Die Ursache dafür liege in einem übersteilen Hang, der durch Erosion der Günz entstanden ist. Eine Flut hatte dort einst vermutlich die Bachstufe der Günz weggeschwemmt, wodurch die Hangstütze wegfiel und das Bachbett breiter wurde. Irgendwann reagierte der Hang darauf: Er rutschte in Richtung Bachlauf. Das Bachbett wurde wieder kleiner und das Hangmaterial bildete eine neue Bachstufe. Mächtige Erdmassen von 160000 Kubik seien dabei wohl bewegt worden, führte Burghard aus.
Sogenannter Sichelwuchs, etwa an Böschungen, beweise, dass sich der Hang immer noch geringfügig bewegt. Da derzeit aber keine zusätzlichen Abrisserscheinungen am oberen Hang zu erkennen seien, könne der Zustand als weitgehend stabil eingestuft werden, so Burghard. „Umfangreiche Veränderungen des Istzustandes wie Rodungen, Erdarbeiten sowie die Veränderungen des Grundwasserspiegels können zur Reaktivierung von Rutschungen führen“, warnte der Geologe aber.
Sollten die Quellen erschlossen werden, wären aber genau solche großflächigen Rodungen erforderlich. Auch umfangreiche Erdarbeiten würden zur vollständigen Erschließung der Grundwassersäule anfallen. Bereits bei den Bauarbeiten – aber vielleicht auch erst Jahre später – könnte der Hang dadurch wieder ins Rutschen kommen, erklärte Burghard. ● Dieses Gefahrenpotenzial ließ keine Diskussion zugunsten der Quellen mehr aufkommen. Die Gemeinderäte Marianne Rugel und Clemens Winter stellten lediglich die Frage, wieso in dem jahrelangen Prozedere – mit Untersuchungen, Machbarkeitsstudien und Probebohrungen – bislang nie auf das Rutschgebiet hingewiesen worden sei. Als „zu unsicher“wertete die Bürgermeisterin die Variante Quellerschließung, denn der Hang könne auch danach abrutschen. Ihr widersprach niemand.
Ein zweiter Tiefbrunnen soll nun etwa 250 Meter nordwestlich des jetzigen Brunnens gebaut werden. Bis zu 100 Meter tief soll dafür gebohrt werden. Das berichtete Hagemeister vom Ingenieurbüro. Der Brunnen sei dabei als zweites Standbein für die gemeindliche Wasserversorgung gedacht. Die Gesamtfördermenge an Wasser werde nicht erhöht. Wie bisher auch, müsse das Tiefenwasser belüftet und enteist werden. Für diese Aufarbeitung könne die Infrastruktur des jetzigen Brunnes genutzt werden. Bei dem Tiefenwasser handelt es sich laut Hagemeister um „altes Wasser“, das vor mindestens 60 Jahren entstanden ist. Nach Antragsstellung, Genehmigung und Ausschreibung könnten die Bohrarbeiten im vierten Quartal dieses Jahres beginnen. ● Anfang 2017 hatte sich der Kettershauser Gemeinderat auf einen weiteren Tiefbrunnen als zweites Standbein für die gemeindliche Wasserversorgung festgelegt. Nachdem der Ausbau der Wasserversorgung die Gemeinde bis dahin sechs Jahre lang beschäftigt hatte, sollte hier endlich eine Entscheidung fallen, was mit mehrheitlichem Beschluss dann auch geschah. Ausschlaggebende Kriterien für die Entscheidung waren vor allem die Versorgungssicherheit, auch längerfristig und an hohen Verbrauchstagen, sowie die niedrigeren Kosten von damals bezifferten 466 500 Euro gegenüber einer alternativen Quellsanierung mit 659 700 Euro.
Nachdem einige Bürger gegen den Tiefbrunnen-Beschluss Einwände erhoben und in einer Unterschriftenaktion die Sanierung der Quellen in Bebenhausen als zweites Standbein für die Wasserversorgung befürwortet hatten, beschloss der Rat, neben dem Vorentwurf für den Bau des Tiefbrunnens auch einen Entwurf für die Quellsanierung anfertigen zu lassen. Im Laufe des vergangenen Jahres wechselte die Gemeinde dann zu dem Ingenieurbüro Kling Consult, was erneut zu Zeitverzögerungen, aber letztlich auch zu den neuen Erkenntnissen führte.