Illertisser Zeitung

„In der Opposition wäre die Neuaufstel­lung einfacher“

Hilde Mattheis ist politisch im linken Flügel der SPD zu Hause und kämpfte erbittert gegen eine Große Koalition. Weshalb die Politikeri­n aus Ulm dennoch nicht von einer Enttäuschu­ng sprechen möchte

- Interview: Bernhard Junginger

Frau Mattheis, Sie haben in den vergangene­n Wochen in Ihrer Partei mit aller Kraft für eine Ablehnung des Koalitions­vertrags geworben. Wie geht es Ihnen mit dem Ausgang des Mitglieder­entscheids?

Enttäuschu­ng ist in dem Zusammenha­ng nicht das richtige Wort, meine ich. Es war eine demokratis­che Abstimmung, bei der nicht die Mehrheit mit Nein gestimmt hat. Das Ergebnis zeigt aber, dass immerhin ein Drittel der SPDMitglie­der eine Große Koalition ablehnt. Das ist keine Zahl, die man so einfach wegwischen kann.

Zwei Drittel sind doch eine klare Mehrheit ...

Im Vergleich zu 2013 ist die Zustimmung zu einer Koalition mit der Union deutlich gesunken. Die GroKo-Gegner sind alles andere als eine kleine Minderheit.

Werden Sie die künftige Regierung nun unterstütz­en oder gegen sie vorgehen? Sie könnten ja etwa bei der bevorstehe­nden Kanzlerwah­l gegen Angela Merkel stimmen ...

Der Ausgang des Mitglieder­entscheids ist so zu akzeptiere­n. Und rein inhaltlich ist im Koalitions­vertrag aus SPD-Sicht durchaus Gutes enthalten. Viel wichtiger ist es, dass die SPD jetzt ihren dringend notwendige­n Erneuerung­sprozess einleitet und wir diesen gemeinsam angehen.

Wie stellen Sie sich diesen Prozess denn vor?

Wir müssen den Menschen endlich wieder klarmachen, für was wir stehen. Dass wir einen hohen ökologisch­en und friedenspo­litischen Anspruch haben. Vor allem aber, dass wir die Partei der sozialen Gerechtigk­eit sind, die für eine bessere Umverteilu­ng des Wohlstands sorgt.

Wie weit nach links müsste die SPD aus Ihrer Sicht rücken?

Die SPD muss sich ganz klar als linke Volksparte­i verorten. Für die Bevölkerun­g war unser linkes Profil nicht mehr erkennbar, das hat ja zu unserem schlechten Wahlergebn­is geführt. Eine weitere GroKo droht das Rechts-Links-Schema weiter zu verwischen, die Unterschei­dbarkeit wird ja immer geringer. In der Opposition wäre die Neuaufstel­lung deutlich einfacher gewesen.

Kann die SPD nicht auch aus einer Regierung gestärkt hervorgehe­n?

Aus der Erfahrung der Vergangenh­eit wird das sehr schwierig werden. Daher ist es umso wichtiger, die Basis mitzunehme­n, einzubinde­n, zu Wort kommen zu lassen. Dazu müssen sich unsere Strukturen ändern. Unsere Mitglieder brauchen mehr Möglichkei­ten, sich zu beteiligen, mitzumache­n und mitzuentsc­heiden.

War der Mitglieder­entscheid denn keine solche Möglichkei­t?

Doch. Und ich bin sehr stolz darauf, dass 78 Prozent der SPD-Mitglieder ihre Stimme abgegeben haben.

Die SPD hat über Personalfr­agen in letzter Zeit viel gestritten. Stimmt die Mannschaft an der Spitze? Sollte etwa Kevin Kühnert Minister werden?

In der Führungsri­ege müssen sich jedenfalls künftig auch Leute wiederfind­en, die zu dem Drittel der Parteimitg­lieder gehören, die gegen eine GroKo sind.

Hilde Mattheis aus Ulm sitzt seit 2002 für die SPD im Bundes tag. Sie ist Vorsitzend­e des innerparte­ili chen Forums Demokratis­che Linke 21. Wie Juso Chef Kevin Kühnert kämpfte sie erbittert gegen eine Große Koalition.

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Foto: dpa SPD Politikeri­n Hilde Mattheis stimmte gegen die GroKo.

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