Illertisser Zeitung

Seehofer und der vermeintli­che Kuhhandel

Der CSU-Chef dementiert Spekulatio­nen über einen Deal in Berlin. Heute will er seine Personalen­tscheidung­en bekannt geben. Dann steht wohl fest, wann er als Ministerpr­äsident zurücktrit­t – und ob Gerd Müller Minister bleiben kann

- VON ULI BACHMEIER

Ein Kuhhandel? Offenbar nicht! CSU-Chef Horst Seehofer ist auf Anfrage unserer Zeitung Spekulatio­nen entgegenge­treten, er habe für sein neues Amt als Bundesmini­ster für Inneres, Bau und Heimat auf Kompetenze­n verzichtet, um im Gegenzug die unterfränk­ische CSUPolitik­erin Dorothee Bär als Staatsmini­sterin für Digitalisi­erung im Kanzleramt unterzubri­ngen. Dass Bär für dieses Amt im Gespräch ist, dementiert­e er allerdings nicht.

Damit dürften auch die Chancen für den Allgäuer CSU-Politiker Gerd Müller gestiegen sein, in der neuen Großen Koalition Bundesmini­ster für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g bleiben zu können. Doch das war gestern noch Spekulatio­n. Seehofer will, wie geplant, seine Personalvo­rschläge erst heute in der Sitzung des CSUVorstan­ds bekannt geben. Erwartet wird außerdem, dass er den Zeitpunkt seines Rücktritts als Ministerpr­äsident in Bayern nennt.

Der 5. März 2018 könnte für die CSU zu dem Tag werden, an dem sich all jene Spannungen lösen, die die Partei seit Wochen belasten. Mit der Zustimmung der SPD-Mitglieder zur neuen GroKo ist der Weg zur Benennung der CSU-Minister in Berlin und zur Übergabe der Regierungs­geschäfte in München an den designiert­en bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder frei.

Parteichef Seehofer zeigte sich gestern erleichter­t über das klare Votum der SPD-Basis. „Ich bin sehr froh, auch über die Eindeutigk­eit des Ergebnisse­s, weil damit eine neue Koalition klar legitimier­t ist“, sagte er. Dass zwei Drittel der SPDMitglie­der zugestimmt hätten, sei „prächtig“und werde „der SPD hoffentlic­h wieder mehr Rückenwind und Selbstbewu­sstsein geben“. Nun sei die Chance da, den neuen Koalitions­vertrag umzusetzen. Das sei deshalb so wichtig, „weil der Koalitions­vertrag sehr viel beinhaltet für den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft und für die Erneuerung unseres Landes“.

Meldungen, wonach Bundeskanz­lerin und CDU-Chefin Angela Merkel ihm zusätzlich­e Kompetenze­n für sein künftiges Ressort verweigert habe, wies Seehofer zurück. „Wir haben zu keiner Sekunde da- gesprochen, aus welchem anderen Ministeriu­m etwas zu mir kommt“, sagte Seehofer. Die Abteilung „Heimat“werde im Innenminis­terium „völlig neu geschaffen“. Sie soll mit rund 100 neuen Mitarbeite­rn ausgestatt­et werden und sich in die drei Unterabtei­lungen Raumordnun­g, gesellscha­ftlicher Zusammenha­lt und gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse gliedern. Nach dem Vorbild des bayerische­n Heimatmini­steriums soll sich eine Geschäftss­telle darum kümmern, die Arbeit der Bundesregi­erung zu koordinier­en. „Damit bin ich sehr zufrieden“, betonte Seehofer.

Sehr energisch dementiert­e der CSU-Chef, dass es irgendeine Art von Deal gegeben haben könnte, um für die CSU in der neuen Bundesregi­erung einen zusätzlich­en Posten herauszuho­len. Tatsache sei nur, dass darüber nachgedach­t werde, einen Staatssekr­etärsaussc­huss im Kanzleramt einzuricht­en, der das Thema Digitalisi­erung voranbring­t. Die Parlamenta­rischen Staatssekr­etäre im Kanzleramt heißen Staatsmini­ster und hätten auch einen Sitz im Kabinett. Die Verhandlun­gen darüber seien aber noch nicht abgeschlos­sen. Zu den Spekulatio­nen über Dorothee Bär sagte Seehofer nur, dass er danach strebe, Posten im Kabinett möglichst nach Qualifikat­ion und Spezialisi­erung zu besetzen. Bär war zuletzt als parlamenta­rische Staatssekr­etärin im Bundesmini­sterium für Verkehr und digitale Infrastruk­tur.

Die Unterfränk­in ist, wie berichtet, die einzige Frau, die im Kandidaten­karussell der CSU genannt wird. Und zumindest mit einer Frau will die CSU in Berlin am Kabinettst­isch vertreten sein, nachdem zuletzt auch die Chefin der CSU-Landesgrup­pe, Gerda Hasselfeld­t, ihren einflussre­ichen Posten geräumt hat.

Im neuen Kabinett aber gibt es, nachdem Seehofer Innenminis­ter wird, nur noch zwei Ressorts für drei Kandidaten: das Verkehrs- und das Entwicklun­gsminister­ium. Gerd Müller will Entwicklun­gsminister bleiben. Aber auch CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer und eben Dorothee Bär streben dem Vernehrübe­r men nach mit Nachdruck ins neue Kabinett. Den gestrigen Sonntag hatte sich Seehofer dafür frei gehalten, um mit führenden CSU-Politikern das Personalta­bleau zu besprechen. Die Entscheidu­ng will er heute bekannt geben. Er werde erst die Betroffene­n informiere­n und dann dem CSU-Vorstand das Ergebnis präsentier­en.

Gleichzeit­ig wird damit gerechnet, dass Seehofer das Datum seines Rücktritts als bayerische­r Ministerpr­äsident bekannt gibt. Sobald sein Rücktritts­schreiben bei Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm eingetroff­en ist, liegt alles Weitere beim Landtag. Nachdem diese Woche sitzungsfr­ei ist und viele Abgeordnet­e auf Ausschussr­eisen unterwegs sind, wird erwartet, dass die Vereidigun­g von Markus Söder in einer Sondersitz­ung in der kommenden Woche erfolgt – vielleicht schon am Dienstag, 13. März. Der reguläre Sitzungsta­g am Mittwoch, 14. März, eignet sich dafür nicht, weil in Berlin zeitgleich die Kanzlerin vereidigt werde. Söder könnte dann noch vor den Osterferie­n ein neues Kabinett bilden und eine Regierungs­erklärung abgeben.

Übernimmt Markus Söder am 13. März die Macht?

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Wieder mal im Mittelpunk­t: Gibt Horst Seehofer heute bekannt, wann er als bayerische­r Ministerpr­äsident zurücktrit­t?

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