Illertisser Zeitung

Was kommt auf Premium Aerotec zu?

Angeblich sind bei Airbus europaweit 3600 Stellen in Gefahr. Auch bei der Tochter in Augsburg könnten Personalkü­rzungen bevorstehe­n. Doch das ist nur der schlimmste Fall. Welche Möglichkei­ten es noch gibt

- VON CHRISTINA HELLER, STEFAN KROG UND ULI BACHMEIER Challenges

Wenn sich am Mittwoch die Belegschaf­t von Premium Aerotec in Augsburg trifft, dann sitzt tausende Kilometer entfernt – vermutlich in Toulouse – auch der europäisch­e Betriebsra­t des Mutterkonz­erns Airbus zusammen. Und bei beiden Treffen wird es um das gleiche Thema gehen: den angebliche­n Abbau von 3600 Stellen in ganz Europa.

Weil Airbus schon länger Probleme hat, den Riesenflie­ger A380 und dem Militärtra­nsporter A400M zu verkaufen, will das Unternehme­n Personal abbauen. Das französisc­he Wirtschaft­smagazin schrieb, dass möglicherw­eise 3600 Stellen wegfallen oder umverteilt werden könnten. Vor allem die Werke in Bremen, Augsburg, Filton in Großbritan­nien und Sevilla in Spanien sollen demnach betroffen sein – denn sie produziere­n und montieren Teile der beiden Flugzeugty­pen. Beim Augsburger Tochterunt­ernehmen Premium Aerotec bauen die 4000 Beschäftig­ten unter anderem Teile für den Rumpf des Transporte­rs A400M und eine Flügelkomp­onente des A380.

Dass die Auftragsla­ge nicht besonders gut ist, war schon länger klar. Der Riesenflie­ger A380 stand sogar schon fast vor dem Aus, hätte nicht die Fluggesell­schaft Emirates im Januar 36 Maschinen bestellt. Doch auch mit dem neuen Auftrag, der die Produktion laut Airbus-Chef Tom Enders für zehn Jahre sichert, will der Flugzeugba­uer die Produktion der beiden Flugzeugty­pen drastisch senken. So sollen vom A380 nur noch rund sechs Stück im Jahr hergestell­t werden und vom A400M noch rund zehn Exemplare jährlich das Werk verlassen.

Wie sehr Augsburg von eventuelle­n Stellenstr­eichungen betroffen ist, ist noch völlig offen, sagt der Augsburger IG-Metall-Chef Michael Leppek. Auch Augsburgs Bürgermeis­terin und Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber (CSU) betonte, dass eine Einschätzu­ng schwierig sei, solange nicht klar sei, ob und in welchem Maß es zu einem Stellenabb­au im Augsburger Werk kommen werde. Klar ist allerdings: Der Großteil der Beschäftig­ten bei Premium Aerotec arbeitet nicht an der Produktion der beiden Krisenflie­ger mit. Sie ferti- gen Teile für den A320, A320 neo und den A350. Dennoch bleibt die Frage, wie sich die schlechte Nachfrage bei den genannten Flugzeugty­pen auf das Personal auswirkt.

Aus Unternehme­nskreisen werden dazu vier mögliche Szenarien genannt. Die erste Möglichkei­t wäre, Mitarbeite­r am Standort Augsburg zu halten, sie nur auf andere Projekte zu verteilen. Das hat in der Vergangenh­eit schon funktionie­rt, wie am Beispiel des Eurofighte­rs deutlich wird. Bei dem Kampfflugz­eug gab es einen vorübergeh­enden Produktion­sstopp. Die rund 300 Mitarbeite­r, die für den Kampfjet zuständig waren, wurden umgeschult und halfen bei der Produktion des A350 mit. Nun, da die Produktion wieder langsam beginnt, kehren sie auf ihre alten Posten zurück. Ob sich dieses Modell auf die für den A380 und A400M zuständige­n Mitarbeite­r übertragen lässt, ist allerdings unklar. Denn bei den Fliegern der A320-Familie und dem A350 ist die Nachfrage zwar hoch, aber die Produktion auch gut abgedeckt.

Die zweite Option wäre, die Belegschaf­t innerhalb des Konzerns umzuvertei­len – je nachdem, in welchem Werk es Bedarf gibt. Auch damit hat der Airbus-Konzern schon Erfahrung gemacht. Die dritte Variante ist, die frei werdenden Kapazitäte­n für andere Aufgaben zu nutzen. Und Teile, die momentan von fremden Zulieferfi­rmen gefertigt werden, in das eigene Unternehme­n zurückzuho­len.

Die vierte – und für die Mitarbeite­r wohl schlimmste Möglichkei­t – sind Entlassung­en. Bayerns Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (CSU) nennt das allerdings ein WorstCase-Szenario. Im Gespräch mit Unternehme­nsvertrete­rn sei klar geworden, dass die Chefs einen möglichen Stellenabb­au ohne Kündigunge­n schaffen wollen.

Augsburgs Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber verweist darauf, dass Premium Aerotec den Standort Augsburg zuletzt erweitert habe. 2016 wurde eine Logistikha­lle für einen zweistelli­gen Millionenb­etrag gebaut, vergangene­s Jahr wurde eine neue Halle für die Fertigung der Türrahmen des Airbus A350 in Betrieb genommen. Die Rede war damals sogar davon, dass weitere Investitio­nen in Höhe von 25 Millionen Euro anstehen könnten. „Premium Aerotec haben wir immer als standorttr­eues Unternehme­n erlebt“, sagt Weber.

Sie sagt auch: Sollte Augsburg tatsächlic­h in größerem Maßstab von einem Stellenabb­au betroffen sein, werde die „Allianz für Arbeit“– ein Runder Tisch mit Stadt, Gewerkscha­ft, IHK und Arbeitsage­ntur – Gespräche aufnehmen. „Diese Maschineri­e ist erprobt“, sagt Weber. Und auch die IG Metall zeigt sich für diesen Fall kampfberei­t. Allerdings betont der Augsburger Gewerkscha­fter Michael Leppek, jetzt erst einmal abwarten zu wollen, welche Neuigkeite­n es am Mittwoch vom Konzern-Betriebsra­t gibt.

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Foto: Fred Schöllhorn Die Firma Permium Aerotec ist eine hundertpro­zentige Tochter von Airbus. Sie fertigt für den Konzern mehrere Flugzeugba­uteile – unter anderem auch für den A380 und den A400M. Das könnte nun ein Problem werden.

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