Illertisser Zeitung

Mordversuc­h wegen der Familieneh­re?

Ihr Bruder und der eigene Ehemann sollen eine junge Frau in Oberschwab­en niedergest­ochen haben. Die Tat befeuert die Debatte um Wertvorste­llungen verschiede­ner Kulturen

- Zeitung Schwäbisch­e Bild-Zeitung (dpa, sari)

Nach einem Messerangr­iff im oberschwäb­ischen Laupheim (Kreis Biberach) verdichten sich die Hinweise, dass die Attacke auf eine 17-Jährige als sogenannte­r Ehrenmord geplant war. Der Gesundheit­szustand der Jugendlich­en sei inzwischen stabil, wie die Polizei gestern auf Anfrage mitteilte. Das Opfer stammt aus Libyen und war am Dienstag mit einem Messerstic­h in den Oberkörper lebensgefä­hrlich verletzt worden – ein Bruder und ihr Ehemann wurden inzwischen festgenomm­en. Sie seien dringend tatverdäch­tig. Die Jugendlich­e und der 34-jährige Syrer sind nach islamische­m Recht verheirate­t, nicht aber nach deutschem.

Recherchen unserer Zeitung haben bestätigt, dass die junge Frau ein Baby erwartete. Ob das Ungeborene durch die Messerstic­he Schaden davontrug, ist bislang nicht bekannt. Außerdem soll sie bereits ein zehn Monate altes Kind mit ihrem Ehemann haben. Die

sprach mit den Eltern des Opfers. Ihnen zufolge ist das Kind in Obhut des Jugendamte­s. Seit drei Jahren sei ihre Tochter mit dem Syrer zusammen gewesen, von Anfang an habe es Streit gegeben.

Die junge Frau wollte sich wohl von ihrem Mann trennen. Die beiden Verdächtig­en sitzen wegen des Verdachts des versuchten Mordes in Untersuchu­ngshaft. Die Verletzte war gestern noch nicht vernehmens­fähig, Lebensgefa­hr besteht nach Polizeiang­aben jedoch nicht mehr. Das Online-Portal der hatte am Samstag zwischenze­itlich ein Video veröffentl­icht, das den Bruder der Jugendlich­en während der Tat zeigen soll. Zu hören sind drohende Männerstim­men und eine wimmernde Frau. Später sei der kurze Film als Drohung an einen neuen Bekannten der schwangere­n 17-Jährigen geschickt worden. Die Polizei wollte sich am Sonntag nicht zu dem Video äußern. Auf Nachfrage kündigte ein Sprecher an, dass die Staatsanwa­ltschaft sich „zeitnah“an die Öffentlich­keit wenden werde. Man vernehme Freunde und Verder wandte der Beteiligte­n, hatte die Kriminalpo­lizei am Freitag erklärt. Dabei spiele auch der kulturelle und religiöse Hintergrun­d der drei eine Rolle. Weil ihre Ehe nicht vor einem deutschen Standesamt geschlosse­n wurde, sprechen die Ermittler von einer „nicht zivilen Ehe“. Täter und Opfer waren als Flüchtling­e nach Deutschlan­d gekommen.

Gegen den Bruder läuft den Ermittlern zufolge zusätzlich ein Verfahren wegen Beihilfe zur Vorbereitu­ng einer schweren staatsgefä­hrdenden Gewalttat. Erst kurz vor der Tat wurde er aus der Untersuchu­ngshaft entlassen. Die beiden Männer flohen laut Polizei nach der Tat und wurden am Mittwoch am Bahnhof Schweinfur­t festgenomm­en. Der Bruder des Opfers gab zu, an dem Angriff beteiligt gewesen zu sein.

Verbrechen mit vermeintli­chen Ehrverletz­ungen als Hintergrun­d machen immer wieder Schlagzeil­en und befeuern die Debatte über Wertvorste­llungen in Deutschlan­d lebender Muslime.

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Foto: Ralf Zwiebler In dieser Häuserzeil­e in Laupheim lebte das Opfer mit seinen Eltern. Die Familie stammt aus Libyen.

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