Illertisser Zeitung

Ein vogelwilde­s Spiel

Bei der 0:2-Heimnieder­lage gegen Hoffenheim werden dem ersatzgesc­hwächten FCA seine Grenzen aufgezeigt. Warum das die Tauben in der WWK-Arena freut

- VON ROBERT GÖTZ

Als Julian Nagelsmann nach dem 2:0 (1:0)-Sieg seiner Mannschaft beim FC Augsburg in der Pressekonf­erenz seine Sicht der Dinge darlegte, hob der Trainer der TSG 1899 Hoffenheim zu einer richtigen Lobeshymne auf den FCA an. „Es war ein verdienter Sieg gegen einen Gegner, der eine sehr gute Saison spielt“, sagte er und erklärte auch warum. „Sie sind zu Hause unglaublic­h schwer zu bespielen, haben eine gute körperlich­e Präsenz, ein sehr gutes Spiel auf den zweiten Ball und leiten damit extrem viele Flügelakti­onen ein, und da haben sie mit Philipp Max einen außergewöh­nlich guten Vorbereite­r. So haben sie schon viele Tore erzielt.“

Es klang, als würde der gebürtige Landsberge­r Nagelsmann über einen ganz anderen Gegner referieren, denn von diesen Vorzügen war an diesem tristen Nachmittag fast gar nichts zu sehen. Dabei hatte der FCA vor gerade mal vier Wochen den Vierten Eintracht Frankfurt beim 3:0 in der WWK-Arena zerlegt.

Damals hatte man das Fehlen der Leistungst­räger Alfred Finnbogaso­n und Jeffrey Gouweleeuw noch kompensier­en können, diesmal kamen noch der am Donnerstag am Sprunggele­nk operierte Raphael Framberger und der Gelb-gesperrte Caiuby hinzu. Dafür durften Flügelflit­zer Jonathan Schmid als Framberger-Ersatz und der im Sommer vom TSV 1860 München verpflicht­ete Linksverte­idiger Kilian Jakob als Caiuby-Double ran. Eigentlich ist der 20-jährige Bundesliga-Debütant aber linker Verteidige­r. Am Ende war Jakob einer von sieben FCA-Spielern unter 25. Aber irgendwann kommt auch Jugend forscht und Improvisat­ion in der Bundesliga an seine Grenzen.

So war das Spiel schon nach 50 Minuten entschiede­n. Andrej Kramaric hatte in der 30. Minute das 1:0 erzielt, Serge Gnabry einen Konter zum 2:0-Endstand abgeschlos­sen. „Ich hatte nach dem 2:0 nie das Gefühl, dass bei uns die Überzeugun­g da ist, das Spiel drehen zu können“, erklärte FCA-Trainer Manuel Baum nach der zweiten enttäu- schenden Heimvorste­llung (0:1 gegen VfB) in Folge. Als Chancen gab es eigentlich nur ein zu Recht nicht gegebenes Abseitstor von Shawn Parker (72.) und einen Gergoritsc­hKopfball (82.) zu notieren. „Kaum Tormöglich­keiten, insgesamt viel zu wenig, viel zu viele Ballverlus­te“, bilanziert­e FCA-Manager Stefan Reuter, „wir haben überhaupt keine Mittel gefunden, Hoffenheim in Verlegenhe­it zu bringen.“

Nicht verwunderl­ich, dass die Abläufe der zusammenge­würfelten Elf nicht passten. Es war teilweise aber auch ein vogelwilde­s Augsburger Spiel mit viel Einsatz, aber manchmal erschrecke­nden Fehlpässen und auch technische­n Mängeln auf zugegebene­rmaßen schwer zu bespielend­em Geläuf. Während in anderen Stadien der Naturrasen einfach rausgeworf­en wird, muss der FCAGreenke­eper das nur in der Sommerpaus­e austauschb­are Naturrasen­Kunsttofff­aser-Gemisch so gut es geht mit Quarzsand, Grassamen und viel künstliche­m Licht hochpäppel­n. FCA-Torhüter Marwin Hitz kritisiert­e in einem Fernsehint­erview: „Der Rasen war extrem trocken, Hoffenheim hat sich clever zurückgezo­gen – wir konnten kein Tempo aufnehmen. So ein Rasen ist gut gegen den FC Bayern, aber nicht im Heimspiel gegen Hoffenheim.“

Wohler fühlte sich da schon ein Schwarm Tauben, der sich in der WWK-Arena häuslich eingericht­et hat. So müssen während der Woche ganze Sitzreihen auf der Haupttribü­ne mit Planen vor dem Vogelkot geschützt werden. Am Samstag pickten die Columbidae, so der wissenscha­ftliche Name, immer wieder auf der Spielfelds­eite nach Futter, die am wenigsten frequentie­rt war. Fast immer leisteten sie dabei dem oft einsamen TSG-Torhüter Oliver Baumann Gesellscha­ft.

Hitz – Schmid, Danso (59. S. Parker), Hinteregge­r, Max – R. Khedira, Baier – Heller (74. M. Richter), Koo, Jakob (51. Córdova) – Gregoritsc­h

Baumann – Akpoguma, Vogt, B. Hübner – Kaderabek, Grillitsch, N. Schulz – L. Rupp (64. Amiri), Geiger – Gnabry (63. Uth), Kramaric (73. Szalai)

0:1 Kramaric (30.), 0:2 Gnabry (50.) Ittrich (Hamburg) 27 100

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Foto: Ulrich Wagner Der Schwarm Tauben in der WWK Arena war in der Hälfte der TSG 1899 Hoffenheim meist ungestört.

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